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Verfassungsmäßigkeit des Alterseinkünftegesetzes

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Besteuerung der gesetzlichen Alterseinkünfte

Bis 31.12.2004 erfolgte die Besteuerung der gesetzlichen Alterseinkünfte lediglich mit dem Ertragsanteil (§ 22 Satz 1 Nr. 1 EStG a. F.), während Beamtenpensionen - auch heute noch - nach Abzug des Versorgungsfreibetrags als Versorgungs­bezüge voll steuer­pflichtig sind (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das BVerfG1 hat diese ungleiche Besteuerung als Verstoß gegen den Gleichheits­grundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG angesehen und den Gesetzgeber zu einer verfassungskonformen Neuregelung aufgefordert.

Übergangsregelung

Aufgrund der systematischen Neuausrichtung der Alterseinkünftebesteuerung (Vollbesteuerung ab 2040) ist zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine Übergangsregelung für Altfälle vor 2005 erforderlich.

BVerfG: Alterseinkünftegesetz ist verfassungsmäßig

Das BVerfG hat nun in drei Beschlüssen2 das Alterseinkünftegesetz für verfassungsmäßig erklärt und die jeweiligen Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Insbesondere ist keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung im Hinblick auf die - beschränkte - Abzugs­fähig­keit der Altersvorsorgeaufwendungen in der Ansparphase vor 2005 und die nachgelagerte Besteuerung bei Auszahlung, kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, sowie kein Verstoß gegen die Vertrauensschutzregelung oder das Rückwirkungsverbot gegeben.

Keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung

Das BVerfG betont ausdrücklich, dass die deutlich höhere Besteuerung der Alterseinkünfte ab dem 1.1.2005 keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung darstellt, obwohl die bis 2004 geleisteten Beiträge nur in geringem Umfang als Sonderausgaben abzugsfähig waren. Nach der Be­schluss­begründung sind die Besteuerung einerseits und der vorherige Abzug der Vorsorgeaufwendungen auch in der Übergangsphase in nicht zu beanstandender Weise aufeinander abgestimmt, da unter Zugrundelegung der statistischen Lebenserwartung insgesamt gesehen die teilweise bei Auszahlung nicht der Besteuerung unterliegenden Leistungen, die Summe der in der Ansparphase geleisteten Rentenversicherungsbeiträge übersteigen.

Das BVerfG stellt zudem klar, dass es sich bei der Besteuerung ab 2005 um eine Übergangs­regelung handelt, für die dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht. Insbesondere darf sich dieser für die Übergangszeit einfacher, praktikabler und gesamtwirt­schaftlich tragfähiger Lösungen bedienen. Bei der Gegenüberstellung der Beitragszahlungen in der Ansparphase mit dem nicht steuerbaren Rentenzufluss nach dem Nominalwertprinzip bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Übergang zur nachgelagerten Besteuerung

Der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung stellt ferner auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Da die Rentenanwartschaften sowohl von ehemaligen Arbeitnehmern, als auch von ehemaligen Selbstständigen in der aktiven Phase unter vergleichbaren Bedingungen aus nicht versteuertem Einkommen gebildet werden können, besteht zwischen diesen beiden Personengruppen keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

Abgrenzung zu privaten Renten- oder Lebensversicherungen

Die Abgrenzung hingegen zu den Leistungen aus privaten Renten- oder Lebensversicherungen und deren Ertragsanteilsbesteuerung ist, aufgrund deren „vorgelagerten“ Besteuerung in der Aufbauphase eindeutig gegeben. Diese sachlich gerechtfertigte Differenzierung bewegt sich innerhalb des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraums.

Die sofortige Anhebung der ehemaligen Ertragsanteilsbesteuerung auf den Besteuerungsanteil i. H. von 50 % stellt auch keinen Verstoß gegen die rechtstaatlichen Grundsätze des Vertrauens­schutzes und des Rückwirkungsverbots dar. Da die belastenden Rechtsfolgen erst nach der Verkündung eintreten, liegt eine unechte Rückwirkung vor. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortgeltung der früheren Rechtslage ist nicht gegeben, weil bereits seit dem Beschluss des BVerfG vom 26.3.19803 die Angreifbarkeit der Ertragsanteilsbesteuerung erkennbar war.    

Eines der Urteile4 stellt zudem klar, dass die Anwendung der Öffnungsklausel bei Freiberufler-Rentnern nur bezüglich der den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung über­steigenden Beiträge und nicht insgesamt mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG besteuert werden können.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BVerfG, Urteil v. 6.3.2002 2 BvL 17/99, BStBl 2002 II S. 618.
  2.  ]BVerfG, Nichtannahmebeschlüsse v. 29.9.2015 2 BvR 2683/11, juris; v. 30.9.2015 2 BvR 1066/10, juris; v. 30.9.2015 2 BvR 1961/10, juris.
  3.  ]BVerfG, Beschluss v. 26.3.1980 1 BvR 121/76, 1 BvR 122/76, BStBl 1980 II S. 545.
  4.  ]BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 29.9.2015 2 BvR 2683/11, juris.

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