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BFH verneint erneut Steuerbelastung bei gleitender Vermögens­über­gabe

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Erneut beschäftigte sich der BFH mit der sog. gleitendenden Vermögensübergabe und der Frage, ob § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG im engen zeitlichen Zusammenhang anzuwenden sind1. Der IV. Senat verteidigt dabei seine restriktive Auffassung2 entgegen der Finanzverwaltung und wendet sich damit explizit gegen den Nichtanwendungserlass3. Das Problem soll anhand eines Beispiels­falls aufgezeigt werden:

Sachverhalt
Vater V überträgt in 01 einen Anteil an seinem Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf seinen Sohn S. Das an die Mitunternehmerschaft durch V verpachtete Grundstück behält V vollständig zurück. Im Jahr 02 überträgt V jenes Grundstück nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf eine andere Personen­ge­sell­schaft (GmbH & Co. KG), an der vermögensmäßig ausschließlich er beteiligt ist.

Stellungnahme
Die unentgeltliche Übertragung eines Teils eine Mitunternehmeranteils erfolgt zwingend nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert, auch wenn Sonder-Betriebsvermögen in diesem Zusammenhang über­quotal zurückbehalten wird. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG ist dies ausdrücklich möglich, jedoch gilt eine fünfjährige Sperrfrist. Diese betrifft jedoch ausschließlich den Vermögensempfänger (hier S). Überträgt daher der Vater das zurück­behaltene Betriebsvermögen beispielsweise anschließend nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in ein anderes Betriebsvermögen, so besteht gesetzlich keine Möglichkeit, die unentgeltliche Übertragung an den Sohn rückgängig zu machen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, wäre eine entsprechende gesetzliche Regelung notwendig.

Praxishinweis

Wird nur ein Anteil an einem Mitunternehmeranteil übertragen, so ist sowohl die unterquotale4 als auch überquotale5 Übertragung von Sonder-Betriebsvermögen unschädlich. Allerdings ist dann die Sperrklausel des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG bei der unterquotalen Übertragung6, bei der überquotalen Übertragung7 die des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG zu beachten.

Gegenwärtig besteht zu dieser Thematik ein Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung8. Es ist daher zu erwarten, dass das BMF auch das Besprechungsurteil nicht anwenden wird. Deswegen ist derzeit von Gestaltungen abzuraten.

Der IV. Senat sieht im Bereich des § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG keinen Anwendungsspielraum für einen sog. Gesamtplan. Die Übertragungen sind stets Zeitpunktbetrachtet zu prüfen. Einzig die expliziten gesetzlichen Sperrfristen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 4 EStG können zu einer rückwirkenden Versagung des Buchwertansatzes führen.

Die Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung gibt es nach der Auffassung des IV. Senats nur im Bereich des § 34 EStG.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 12.5.2016 IV R 12/15, DStR 2016 S. 1518.
  2.  ]BFH, Urteile v. 2.8.2012 IV R 41/11, BFH/NV 2012 S. 2053; v. 9.12.2014 IV R 29/14, BFH/NV 2015 S. 415.
  3.  ]BMF, Schreiben v. 12.9.2013 IV C 6 - S 2241/10/10002, BStBl 2013 I S. 1164.
  4.  ]BMF, Schreiben v. 3.3.2005 IV B 2 - S 2241 - 14/05, BStBl 2005 I S. 458, Rz. 10.
  5.  ]BMF, Schreiben v. 3.3.2005 IV B 2 - S 2241 - 14/05, BStBl 2005 I S. 458, Rz. 16.
  6.  ]BMF, Schreiben v. 3.3.2005 IV B 2 - S 2241 - 14/05, BStBl 2005 I S. 458, Rz. 11.
  7.  ]BMF, Schreiben v. 8.12.2011 IV C 6 - S 2241/10/10002, BStBl 2011 I S. 1279, Rz. 22.
  8.  ]BMF, Schreiben v. 12.9.2013 IV C 6 - S 2241/10/10002, BStBl 2013 I S. 1164, Abschn. II.

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