Reform des Mehrwertsteuersystems
Die Europäische Kommission hat am 4.10.2017 eine weitreichende Reform des Mehrwertsteuersystems vorgeschlagen. Durch die Neuregelung soll das System für Regierungen und Unternehmen gleichermaßen verbessert und modernisiert werden, auch um den Mehrwertsteuerbetrug und Fehler bei der Erhebung einzudämmen. Die Europäische Kommission spricht in Ihrer Pressemitteilung vom 4.10.20171 in diesem Zusammenhang von einem jährlichen Ausfall von rund 50 Mrd. € pro Jahr. Dieser Ausfall könne durch die vorgeschlagene Modernisierung um 80 % verringert werden. Daneben soll durch die Reform auch die Verwaltungsarbeit auf Seiten der Unternehmer erheblich reduziert werden, was wir sehr begrüßen würden.
Grenzüberschreitende Mehrwertsteuerumsätze wie inländische Umsätze
Hauptkernpunkt der Reform ist der Vorschlag, dass spätestens ab dem Jahr 2022 grenzüberschreitende Mehrwertsteuerumsätze wie inländische Umsätze im gemeinsamen Binnenmarkt behandelt werden. Verglichen mit der jetzigen Regelung ist dies eine massive Änderung.
Die Reformpläne basieren vor allem auf vier Säulen2:
Betrugsbekämpfung: Künftig wird auf den grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen Mehrwertsteuer erhoben anstatt der bisherigen Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung (national § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG i. V. mit § 6a UStG).
Zentrale Anlaufstelle: Dank einer zentralen Anlaufstelle soll es für grenzüberschreitend tätige Unternehmen einfacher werden, ihren mehrwertsteuerlichen Pflichten nachzukommen. Hierzu soll in einem Online-Portal die Erklärungsabgabe und der Zahlungsverkehr abgewickelt werden. Die Mitgliedstaaten leiten einander dann die Mehrwertsteuer weiter, wie dies bei elektronischen Dienstleistungen bereits der Fall ist (national § 18h UStG).
Größere Kohärenz: Umstellung auf das „Bestimmungslandprinzip“, bei dem der endgültige Betrag der Mehrwertsteuer stets an den Mitgliedstaat des Endverbrauchers entrichtet wird und dem in diesem Mitgliedstaat geltenden Satz entspricht.
Weniger Bürokratie: Vereinfachung der Vorschriften für die Rechnungslegung, sodass die Verkäufer auch beim grenzüberschreitenden Handel Rechnungen gemäß den Vorschriften ihres eigenen Landes stellen können. Die Unternehmen müssen künftig keine Liste von grenzüberschreitenden Transaktionen („Zusammenfassende Meldung“) für ihre Finanzbehörde mehr erstellen.
„zertifizierter Steuerpflichtiger“
Außerdem soll der Begriff „zertifizierter Steuerpflichtiger“ (national wohl zertifizierter Unternehmer) eingeführt werden. Darunter werden vertrauenswürdige Unternehmen verstanden, die von einfacheren und zeitsparenden Vorschriften profitieren werden.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission wurde inzwischen dem deutschen Bundestag (wie den entsprechenden Kammern der anderen Mitgliedsstaaten ebenfalls) zur Stellungnahme vorgelegt.
Praxishinweis
Weitere Informationen wurden in einem Fragen und Antworten Katalog veröffentlicht3.