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Neues zu § 27 Abs. 19 UStG

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Mit seinem Beschluss vom 17.12.20151 äußerte sich der XI. Senat erstmals zur umstritten Regelung des § 27 Abs. 19 UStG, die vor allem die sog. Bauträgerfälle und § 13b UStG betrifft. Nach Meinung des Senates bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von gem. § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheiden. Fraglich ist in diesem Bereich vor allem, ob die Aushebelung des Vertrauensschutzes i. S. des § 176 Abs. 2 AO, wie es § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG vorsieht, verfassungsrechtlich möglich ist. Dies ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und in der Literatur höchst umstritten. Während einige Finanzgerichte keine Zweifel an der Recht­mäßig­keit haben2, hegen andere Finanzgerichte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Einschränkung3. Der BFH schloss sich letztere Auffassung an und teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Auswirkungen eines nach § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheides können daher durch AdV zumindest vorläufig abgewendet werden.

Ein Hauptverfahren zu dieser Thematik ist inzwischen ebenfalls abgeschlossen4, jedoch wurde Revision zugelassen. Der Eingang der Revision beim BFH wird in den nächsten Tagen erwartet, da die Revisionsfrist erst Mitte Februar abläuft. Darin stellte das Niedersächsische FG klar, dass seiner Ansicht nach § 27 Abs. 19 UStG eine Änderungsmöglichkeit der Steuerfestsetzung beim Leistenden begründet, sofern der Leistungsempfänger als Bauträger und zu Unrecht in Anspruch genommener Steuerschuldner nach § 13b UStG seine gezahlte Umsatzsteuer zurückfordert. Die Übergangsregelung sei als verfahrensrechtliche Sonderregelung zu § 174 Abs. 3 AO zu verstehen. Sie sei verfassungs­konform und würde nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Rückwirkungsverbot verstoßen (keine echte Rückwirkung).

In der Praxis bleibt in Anbetracht der Unsicherheit weiterhin zu empfehlen, eine Abtretung des zivilrechtlichen Anspruchs gegenüber dem Leistungsempfänger an das Finanzamt abzutreten. Die steuerlichen Folgen können hierdurch abgewendet werden.

Nach der Auffassung des Finanzgerichtes ist das Finanzamt zur Annahme der Abtretung verpflichtet. Somit geht das Zahlungs-/Insolvenzrisiko auf das Finanzamt über.


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  1.  ]BFH, Beschluss v. 17.12.2015 XI B 84/15, juris.
  2.  ]FG Nürnberg, Beschluss v. 26.8.2015 2 V 1107/15, EFG 2015 S. 2135; FG Düsseldorf, Beschluss v. 31.8.2015 1 V 1486/15 A(U), EFG 2015 S. 2131; Hessisches FG, Beschluss v. 13.10.2015 1 V 1483/15, juris; Sächsisches FG, Beschluss v. 22.9.2015 4 V 1014/15, juris.
  3.  ]FG Münster, Beschluss v. 12.8.2015 15 V 2153/15 U, EFG 2015 S. 1863; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 3.6.2015 5 V 5026/15, EFG 2015 S. 1490; Niedersächsisches FG, Beschlüsse v. 3.7.2015 16 V 95/15 und v. 20.7.2015 16 V 132/15, 16 V 135/15, juris, Rz. 18.
  4.  ]Niedersächsisches FG, Urteil v. 29.10.2015 5 K 80/15, juris.

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