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Rentenbezugs­be­rechtigung aus der land­wirt­schaf­tlichen Alterskasse

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Gericht / Az:
BVerfG, Beschluss vom 23.5.2018 1 BvR 97/14, 2392/14
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 21 Abs. 1, 2 ALG

Rentenbezugs­be­rechtigung aus der land­wirt­schaft­lichen Alters­kasse

Wir wollen auch auf ein Problem außerhalb des Steuerrechts hinweisen, näm­lich auf die Bezugsberechtigung von Renten aus der landwirtschaftlichen Al­ters­kasse. Hier hat das BVerfG eine bahnbrechende Entscheidung zu Gunsten der Landwirte gefällt. Voraussetzung für den Bezug einer Rente war bisher die Abgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, was durch Über­gabe (gegen Altenteilleistungen), Veräußerung oder auch im Wege der Verpachtung erfolgen konnte (§ 21 Abs. 1, 2 ALG). Sodann konnte auch die Ehefrau be­zugs­berechtigt sein (§ 11 Abs. 2 ALG).

Überschreitung der zu­lässigen Rück­be­haltungs­fläche

Die landwirtschaftliche Alterskasse hat die Rentenbezugsberechtigung des­we­gen abgewiesen, weil der Landwirt nach Überschreitung der Regelarbeits­gren­ze (derzeit 67 Jahre, § 11 Abs. 3 ALG) nicht alle Flächen übergeben und deswegen die zulässige Rückbehaltungsfläche gem. § 21 Abs. 7 ALG (im Streitfall 6 Hektar) überschritten war1. Die gesetzliche Hofübergabeklausel stellt nach der Auffassung des BVerfG eine unzulässige Verkürzung der grund­rechtlichen Freiheiten dar, weil er bei der Nichtabgabe keine Ge­gen­leistung für seine - gesetzlichen - Beiträge erhält. Im Übrigen wird auch gegen den Gleichheitssatz verstoßen, weil ehemalige Arbeitnehmer bei einem Bezug von Regelrenten ein Hinzuerwerb als Arbeitnehmer möglich ist.

Überschreitung der zulässigen Rück­be­haltungsfläche

Im zweiten Verfahren2 war streitig, ob die Ehefrau einen Rentenanspruch hat, obwohl der Ehemann die Regelaltersgrenze erreicht, jedoch den Betrieb nicht abgegeben hat. Die Bezugsberechtigung aus dem eigenen Rentenanspruch kann nicht von einer Entscheidung des Ehemanns abhängig gemacht werden. Dies ist ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 Abs. 2 GG.

Praxishinweise

Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, das ALG zu ändern, wobei er ver­schiedene Möglichkeiten hat, die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen.

Was Sie beachten und tun müssen!

Die zulässige Mindestgröße (wenn diese unterschritten ist, liegt eine un­schädliche Rückbehaltungsfläche vor) hängt vom Wirtschaftswert ab (§ 1 Abs. 5, 6 ALG). Diese ist ggf. bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse zu er­fragen.

Die betroffenen Mandanten sind auf die Entscheidung hinzuweisen. Es wird empfohlen, dass zur Vermeidung von Verjährungen (vier Jahre nach dem Anspruchsjahr) in gleichgelagerten Fällen Anträge auf eine Rente gestellt werden.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Az. 1 BvR 2392/14.
  2.  ]Az. 1 BvR 97/14.

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