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Kurze Zeit nach § 11 EStG kann bis zu 12 Tage um­fassen?

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Gericht / Az:
FG München, Gerichtsbescheid vom 7.3.2018 13 K 1029/16 (Rev. ein­gelegt, Az. des BFH: VIII R 10/18)
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 11 EStG
Streitfrage:
Wie viele Tage umfasst der Zeitraum „kurze Zeit“ i. S. des § 11 EStG?

Regelmäßig wieder­kehrende Ein­nah­men bzw. Ausgaben innerhalb kurzer Zeit zum Jahres­wechsel

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen bzw. Ausgaben, die dem Steuer­pflich­ti­gen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Ka­len­der­jahres zufließen, sind nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG dem Jahr der wirtschaftlichen Verursachung zuzurechnen1. Diese Re­gelung gilt bei der Ein­nah­men­über­schuss­rech­nung und bei den Über­schuss­ein­künf­ten.

Kurze Zeit ist nicht gesetzlich definiert

Das Gesetz definiert dabei nicht näher, wie viele Tage „kurze Zeit“ um­fasst. Die langjährige Rechtsprechung des BFH und die Verwaltung gehen aber von einem Zehn-Tages-Zeit­raum aus2.

FG München nimmt entgegen der BFH-Rechtsprechung 12 Tage an

Das FG München ist entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH der An­sicht, dass als „kurze Zeit“ ein Zeitraum von mindestens 12 Tagen anzu­neh­men ist. Im Urteilsfall wurde die Umsatzsteuervorauszahlung erst am 12.1. bezahlt, weil der 10.1. auf einen Sonntag gefallen ist.

Fälligkeit der USt ver­schiebt sich, wenn der 10.1. ein Samstag oder Sonntag ist

Verschiebt sich die Fälligkeit einer nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG am 10.1. fäl­li­gen Umsatzsteuervorauszahlung auf den nächstfolgenden Werktag, liegt der ge­setzliche Fälligkeitstag deswegen außerhalb des Zehn-Tages-Zeit­raums und hat der Unternehmer die Umsatzsteuerzahlung bis zum 12.1. überwiesen, so kann er gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG die Zahlung noch für das „alte” Jahr, zu dem sie auch wirtschaftlich gehört, als Betriebsausgabe abziehen.

Praxishinweise

Das Thüringer FG ist der Ansicht, dass bei Bezahlung der Umsatzsteuer­vor­auszahlung am 8.1., weil der 10.1. auf einen Samstag fällt, die Zahlung nicht im „alten“ Jahr zu erfassen ist, weil die Fälligkeit erst am 12.1. ist und da­mit außerhalb des Zehn-Tages-Zeit­raums3. In einem ähnlichen Urteil hat das Sächsische FG entschieden, dass die Zahlung im „alten“ Jahr zu er­fassen ist4.

Gegen beide Verfahren und auch gegen das Verfahren des FG München wurde Revision eingelegt. Die Az. lauten: VIII R 10/18, X R 44/16 und VIII R 23/17. Diese Problematik entstand nur bei den Jahreswechseln 2014/15 und 2015/16 und ist erst wieder beim Jahreswechsel 2020/21 von Be­deu­tung.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]H 11 EStH „Kurze Zeit“.
  2.  ]BFH, Urteile v. 13.3.1964 VI R 152/63, juris; v. 24.7.1986 IV R 309/84, BStBl 1987 II S. 16; v. 1.8.2017 XI R 48/05, BStBl 2008 II S. 282; H 11 EStH „Kurze Zeit“.
  3.  ]FG Thüringen, Urteil v. 27.1.2016 3 K 791/15, EFG 2016 S. 1425 (Rev. eingelegt, Az. des BFH X R 44/16).
  4.  ]FG Sachen, Urteil v. 30.11. 2016 2 K 1277/16, EFG 2017 S. 227 (Rev. eingelegt, Az. des BFH VIII R 23/17).

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