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Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz

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Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung

Spätestens mit der Veröffentlichung der sog. Panama Papers im April 2016 entwickelte sich eine öffentliche Diskussion über die Steuerumgehung mittels der Gründung und Nutzung von - meist im Ausland angesiedelten - Domizilgesellschaften.

Mit dem sog. Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz1 verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, die Steuerumgehung mittels Briefkastenfirmen und Domizilgesellschaften zu erschweren2.

Der Bundestag hat am 27.4.2017 in 2./3. Lesung den Entwurf eines Steuerumgehungsbe­kämpfungsgesetzes3 mit den vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Änderungen4 angenommen. Nach Zustimmung des Bundesrates am 2.6.2017 erfolgte am 24.6.2017 die Verkündung im BGBl. Die Änderungen gelten grundsätzlich mit sofortiger Wirkung.

Kernpunkt des Gesetzes ist die Schaffung von Transparenz über „beherrschende“ Ge­schäftsbe­ziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Firmen in Drittstaaten.

Die Eckpunkte des Gesetzes sollen im Nachfolgenden aufgezeigt werden. Wir beschränken uns dabei auf die für die Beratungspraxis relevanten Änderungen.

Verfahrensrechtliche Kernpunkte

Die verfahrensrechtlichen Kernpunkte des Gesetzes sind:

Die Gesetzesänderung mit der größten Breitenwirkung ist wohl die Abschaffung des Bankge­heimnisses i. S. des § 30a AO. Dies wird in der Literatur jedoch weitgehend unkritisch be­trachtet5, nicht zuletzt aufgrund der in der jüngsten Vergangenheit regelmäßig erfolgten An­käufe von zahlreichen Bankdaten. Die Abschaffung des § 30a AO war auch notwendig, denn durch die Neu­ein­führung des § 93 Abs. 1a AO erhält die Finanzbehörde das Recht, sog. Sammelauskunfts­er­suchen zu stellen. Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hin­reichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsauf­klärung keinen Erfolg versprechen.
Die bereits bestehende Anzeigepflicht über den Erwerb von Beteiligungen nach § 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO wird verschärft. Die Beteiligungsquote wird auf mindestens 10 % an aus­län­dischen Gesellschaften reduziert. Außerdem umfasst die Vorschrift nunmehr unmittel­bare und mittelbare Beteiligungen. Die Frist für die Erstattung der Anzeige endet nach § 138 Abs. 5 AO nunmehr erst im Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuer- oder Körper­schaft­steuerer­klärung, spätestens jedoch bis zum Ablauf von 14 Monaten nach Ablauf des Be­steuerungszeit­raums.
Des Weiteren muss der Finanzbehörde nach § 138 Abs. 2 Nr. 4 AO angezeigt werden, wenn Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. des § 1 Abs. 2 AStG erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Dritt­staat-Gesellschaft ausüben können, unabhängig davon, ob sie an dem Unternehmen formal beteiligt sind oder nicht. Im Falle einer Verletzung dieser Mitteilungspflicht ist der Anlauf der steuerlichen Festsetzungsfrist insoweit gehemmt.
Neben der Anzeige solcher beherrschender oder bestimmender Einflüsse auf Drittstaat-Ge­sellschaften bestimmt § 147a Abs. 2 AO eine neue Aufbewahrungspflicht: Steuerpflichtige, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschafts­rechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Abs. 3 AO ausüben können, haben die Aufzeichnungen und Unterlagen über diese Beziehung und alle damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben sechs Jahre aufzu­bewahren.

Weitere Regelungen im Gesetz betreffen vor allem Finanzinstitute:

§ 138b AO enthält eine Regelung, welche Finanzinstitute betrifft. Diese müssen unter be­stimmten Voraussetzungen von ihnen hergestellte oder vermittelte Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittlands-Gesellschaften mitteilen.
Kreditinstitute müssen künftig im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO auch das steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers und jedes Verfügungsberechtigten erheben, aufzeichnen (§ 154 Abs. 2a AO) und zum Kontenabrufverfahren für Finanzbehörden bereithalten (§ 93b Abs. 1a AO).

Weitere Änderungen

Wie inzwischen üblich, enthält das Gesetz weitere sonstige Änderungen, die nichts mit dem eigent­lichen Gesetzeszweck zu tun haben. Die Bedeutsamsten sind:

Künftig sind auch Abfindungszahlungen an einen weichenden Erbprätendenten und vergleich­bare Abfindungszahlungen erbschaftsteuerpflichtig (§§ 3 und 9 ErbStG)6.

Der Antrag auf fiktive unbeschränkte Erb- und Schenkungsteuerpflicht gem. § 2 Abs. 3 ErbStG wird gestrichen.

Der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich geltende Freibetrag für beschränkt steuerpflichtige Erwerbe gem. § 16 Abs. 2 ErbStG wird modifiziert und dem für unbeschränkt steuerpflichtige Erwerbe angenähert. Der Freibetrag entspricht der Höhe nach grundsätzlich dem von unbe­schränkt steuerpflichtigen Erwerben. Allerdings erfolgt eine prozentuale Minderung in dem Ver­hältnis, in dem im Gesamterwerb - innerhalb von zehn Jahren von derselben Person - nicht der beschränkten Besteuerung unterliegendes Vermögen vorhanden ist.

In Fällen der beschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht entspricht der besondere Versorgungsfreibetrag der Höhe nach dem für unbeschränkt steuerpflichtige Erwerbe, wenn durch die Staaten, in denen der Erblasser ansässig war oder der Erwerber ansässig ist, Amtshilfe geleistet wird.

Bezüglich des Lohnsteuererhebungsverfahrens ist nun der Wechsel von der Steuerklasse III oder V in die Steuerklasse IV auch auf Antrag nur eines Ehegatten möglich mit der Folge, dass beide Ehegatten in die Steuerklasse IV eingereiht werden (§ 38b Abs. 3 Satz 2 EStG). Der einseitige Wechsel hin zur Steuerklasse III oder V ist jedoch weiterhin nicht möglich. Außerdem werden Ehegatten nach der Eheschließung automatisch in die Steuerklassen IV eingeordnet (§ 39e Abs. 3 EStG); dies war bislang nur eine Übergangsregelung.

Nach § 66 Abs. 3 AO wird das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld bei der zuständigen Behörde eingegangen ist. Bislang betrug die Frist vier Jahre.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BGBl 2017 I S. 1682.
  2.  ]BT-Drucksache 18/12127 v. 26.4.2017, S. 2.
  3.  ]BT-Drucksache 18/11132 v. 13.2.2017.
  4.  ]BT-Drucksache 18/12127 v. 26.4.2017.
  5.  ]Beyer, NWB 2016 S. 3583, Tz. II; Baum, NWB 2016 S. 3440.
  6.  ]Reaktion auf BFH, Urteile v. 4.5.2011 II R 34/09, BStBl 2011 II S. 725 und v. 15.6.2016 II R 24/15, BStBl 2017 II S. 128.

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