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Entnahme einer Wohnung ist keine Anschaf­fung beim an­schaf­fungs­nahen Aufwand

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 3.5.2022 IX R 7/21
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Streitfrage:
Führt die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Be­triebs­ver­mö­gen in das Privatvermögen zu einer Anschaffung im Sinne des an­schaf­fungs­­nahen Auf­wands?

Tatbestands­merk­ma­le des an­schaf­fungs­nahen Auf­wands

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG liegt ein anschaffungsnaher Aufwand vor, wenn die folgenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:

Instandhaltungs- und/oder Modernisierungsaufwendungen (nach Satz 2 ohne Auf­wen­dun­gen für die Erweiterung und jährlich üblicherweise an­fal­lende Er­hal­tungs­auf­wen­dun­gen),
innerhalb von drei Jahren seit dem Erwerb,
die ohne USt 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.

Entnahme ist keine An­schaf­fung

Nach Ansicht des BFH ist eine Entnahme einer Wohnung aus dem Be­triebs­vermögen keine Anschaf­fung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG. Der Be­griff der „Anschaffung“ ist im Einkommensteuerrecht gesetzlich nicht definiert. Eine Anschaffung ist jedenfalls dann anzuneh­men, wenn ein Wirtschaftsgut im Austausch mit einer Gegenleistung - also ent­gelt­lich - erworben wird. Bei der Ent­nahme eines Wirt­schaftsguts aus dem Be­triebs­ver­mö­gen in das Pri­vat­vermögen fehlt indes die Gegenleistung. Außerdem fehlt es an einem Rechts­trägerwechsel.

BFH wider­spricht der Vor­instanz

Die Vorinstanz1 war noch der Auffassung, dass die Entnahme einen an­schaf­fungs­ähnlichen Vor­gang darstellt und deshalb anschaffungsnahe Auf­wen­dun­gen auch dann entstehen, wenn die nach der Entnahme getätigten Auf­wen­dun­gen 15 % des Entnahme­werts übersteigen. Dem hat der BFH wider­sprochen.

Praxishinweise

Im Gegensatz dazu, ist bei den privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG gesetzlich geregelt, dass eine Überführung eines Wirt­schafts­guts aus dem Be­triebs­vermögen in das Privat­vermögen des Steuer­pflich­ti­gen durch Ent­nah­me oder Be­triebs­auf­ga­be einer Anschaffung gleich­ge­stellt ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 EStG). Das heißt im Zeitpunkt der Entnahme be­ginnt ein neuer Zehn-Jahres-Zeitraum.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind anschaffungsnahe Aufwendungen er­trag­steuer­rechtlich wie Anschaffungskosten/Herstellungskosten zu be­han­deln. Die­se Vorschrift ist für den Mieter nicht anwendbar, weil diese nach dem Wort­laut nur für den Erwerber gilt2.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]FG Köln, Urteil v. 25.2.2021 11 K 2686/18, EFG 2021 S. 1902.
  2.  ]BFH, Urteil v. 21.2.1978 VIII R 148/73, BStBl 1978 II S. 345.