- Gesetz:
- § 87a AO
- Streitfrage:
-
Welche elektronischen Kommunikationswege mit der Finanzverwaltung sind ab 1.1.2025 zulässig?
Elektronische Kommunikation mit Verwaltung
In der beruflichen Praxis stellt sich die Frage, wie kommuniziere ich mit dem Finanzamt. Schriftlich geht, aber kann ich auch elektronisch mit dem Finanzamt kommunizieren und wenn ja, soll ich dazu mein BeSt - oder als Anwalt mein BeA - zum Einsatz bringen, oder kann ich den Schriftverkehr auch per einfacher Mail mit dem Finanzamt führen, wenn ich die E-Mail Anschrift des Empfängers kenne?
Neue Regelungen im JStG 2024
Schon bisher war dies in § 87a AO geregelt. Die elektronische Kommunikation mit dem Finanzamt wird ab dem 6.12.2024 aber erheblich eingeschränkt.
Nach § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist im Besteuerungsverfahren die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Dabei ist ein elektronisches Dokument zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (§ 87a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 AO).
E-Mail war bisher möglich
Finanzbehörden, die eine E-Mail-Adresse angegeben hatten, signalisieren damit ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente. Damit war es möglich, mit dem Finanzamt via einfacher Mail zu kommunizieren.
ELSTER und Schnittstelle ERiC sollen künftig Standard werden
Allerdings erachtet die Finanzverwaltung den seit Jahren erprobten elektronischen Kommunikationskanal zwischen Steuerpflichtigen oder ihren Bevollmächtigten und den Finanzämtern über das Verfahren ELSTER bzw. die Schnittstelle ERiC als vorzugswürdig. Dieser Kommunikationskanal gewährleistet für den Absender eine schnelle und ressourcenschonende Bearbeitung seines Anliegens und genügt auch den Anforderungen des § 87a Abs. 6 AO, da es den Datenübermittler authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Bei Nutzung des Verfahrens ELSTER bzw. der Schnittstelle ERIC wird durch die automatisierte steuernummerngenaue Zuordnung auf Empfängerseite die zuständige Bearbeiterin bzw. der zuständige Bearbeiter medienbruchfrei erreicht. Dies stellt eine schnellstmögliche Verarbeitung innerhalb der finanzamtsinternen IT-Fachverfahren sicher.
Die Nutzung dieser Verfahren ist bei den mit der Erstellung und Übermittlung von Steuererklärungen beauftragten Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufen vorgegeben, da der Schwerpunkt der elektronischen Kommunikation gegenwärtig in der Übermittlung von elektronischen Steuererklärungen und Steueranmeldungen im Verfahren nach § 87a Abs. 6 AO und künftig vermehrt der Abruf elektronischer Verwaltungsakte im Verfahren nach § 87a Abs. 8 i. V. mit § 122a AO liegt.
ELSTER bzw. ERiC erlauben (etwa in Form des Formulars „Sonstige Nachricht an Finanzamt“) auch den Versand von Anhängen (z. B. elektronischen Schriftsätzen im PDF-Format), wobei gegenwärtig lediglich folgende technische Beschränkungen zu beachten sind:
Auf andere Weise (sei es durch einfache unverschlüsselte E-Mail, durch Übermittlung mit qualifizierter elektronischer Signatur oder von einem besonderen elektronischen Anwalts- oder Steuerberaterpostfach an das besondere elektronische Behördenpostfach) elektronisch übermittelte „sonstige“ Dokumente beeinträchtigen dagegen das steuerliche Massenverfahren erheblich.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Nutzung der besonderen elektronischen Behördenpostfächer ausschließlich für die elektronische Kommunikation in gerichtlichen Verfahren eingeführt wurde und deshalb in den Finanzbehörden nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Verfahren nutzen können und sollen.
Keine Möglichkeit mehr des beA und des beSt
Angesichts der überdurchschnittlich hohen Belastungen der Finanzverwaltung hat die Finanzverwaltung dafür gesorgt, dass im Jahressteuergesetz 2024 die elektronische Übermittlung von Schriftsätzen an Finanzbehörden durch Übermittlung mit qualifizierter elektronischer Signatur oder von einem besonderen elektronischen Anwalts- oder Steuerberaterpostfach an das besondere elektronische Behördenpostfach gesetzlich ausgeschlossen ist. Dies erfolgt durch eine Ergänzung des § 87a Abs. 1 AO.
Kritik aus der Praxis bleibt ungehört
Der Deutsche Anwaltsverein hat diese Regelung erheblich kritisiert und verlangt, dass die Ergänzung rückgängig gemacht werden muss. Die Kritik richtet sich zunächst gegen das Verfahren. Aufgrund der einheitlichen Ablehnung in der Fachöffentlichkeit wurde diese Vorschrift des Referentenentwurfs zum Jahressteuergesetzes 2024 vom 17.5.2024 nicht in den Regierungsentwurf vom 5.6.2024 übernommen. Nunmehr wurde ohne Darlegung eines Grundes und vollkommen überraschend die Vorschrift über den Finanzausschuss des Bundestages wieder eingefügt.
Auch E-Mail künftig nicht mehr möglich
Da die Finanzverwaltung dazu übergegangen ist, keine E-Mail Anschrift ihrer Mitarbeiter und auch kein allgemeines E-Mail Postfach des Finanzamts (mehr) anzugeben, ist die Voraussetzung der Kommunikation via E-Mail vom Wortlaut nicht mehr erfasst. Die Kommunikation via Mail ist nach der Regierungsbegründung des Gesetzes zudem nicht gewünscht. Daher muss davon ausgegangen werden, dass künftig per Mail eingereichte Schriftsätze als formunwirksam behandelt werden.
Kontaktformular bleibt aber erhalten
Im Gegensatz hierzu steht das Kontaktformular der Finanzverwaltung1, das die Kontaktaufnahme via Mail zur Finanzverwaltung ermöglicht. In der Rubrik „Betreff“ gibt es verschiedene Auswahlmöglichkeiten. Hiervon umfasst ist auch die Möglichkeit eines Einspruchs. Wird daher das Kontaktformular verwendet, kann auch in Zukunft dieser Weg zur elektronischen Kommunikation gewählt werden.
Aussagen der Verwaltung bereits getroffen
Das BMF hat ungewohnt schnell ein Anwendungsschreiben zu § 87a AO veröffentlicht2. Darin bestätigt das BMF, dass elektronische Nachrichten und Dokumente nicht mehr mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder über das besondere elektronische Behördenpostfach an Finanzbehörden übermittelt werden dürfen, soweit für deren Übermittlung ein sicheres elektronisches Verfahren der Finanzbehörden zur Verfügung
steht, das den Datenübermittler authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Elektronische Nachrichten und Dokumente, die entgegen § 87a Abs. 1 Satz 2 AO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder über das besondere elektronische Behördenpostfach an eine Finanzbehörde übermittelt wurden, gelten mangels Zugangseröffnung nicht als zugegangen. Sie können insbesondere keine Antrags- oder Einspruchsfrist wahren. Ein nach § 87a Abs. 1 Satz 1 und 2 AO zulässigerweise übermitteltes, für den Empfänger aber nicht bearbeitbares Dokument ist nicht i. S. des § 87a Abs. 1 Satz 3 AO zugegangen und löst somit noch keine Rechtsfolgen (z.B. die Wahrung einer Antrags- oder Rechtsbehelfsfrist oder das Wirksamwerden eines Verwaltungsakts) aus.
Weitere Gesetzesänderungen des Jahressteuergesetzes 2024 stellen wir im Seminar „Veranlagung 2024 Rechtsänderungen 2024/2025“ dar. Das Seminar findet an folgenden Terminen statt:
Praxishinweis
Die Neuregelung des § 87a AO gilt einen Tag nach Verkündung des JStG 2024, somit seit dem 6.12.2024. Bitte beachten Sie dies bei Ihrer elektronischen Kommunikation mit der Finanzverwaltung, vor allem bei fristkritischen Nachrichten wie Einspruchseinlegung. Sie sollten Ihre elektronische Kommunikation mit der Verwaltung in der Praxis auf die ERiC Schnittstelle oder das Kontaktformular (ggf. auch Elster) umstellen. Auch wenn in der Praxis Mails häufig akzeptiert werden, ist damit zu rechnen, dass dies nicht mehr langfristig möglich sein wird. Spätestens wenn die Mailadresse des Mail Postfaches durch die Finanzämter nicht mehr öffentlich bekannt gegeben wird, ist die Kommunikation mittels Mail im Zweifel nicht ratsam.