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Wohnungseigentümergemeinschaft als Mit­un­ter­neh­mer­schaft durch Block­heiz­kraft­werk

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 20.9.2018 IV R 6/16
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Streitfrage:
Ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die gemeinsam ein Block­heizkraftwerk betreibt, eine steuerliche Mit­un­ter­neh­mer­schaft?

WEG wird zur Mitunternehmer­schaft

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann beim Betrieb eines Block­heiz­kraftwerks (BHKW) durch die Lieferung von Strom an einen au­ßen­ste­hen­den Ab­neh­mer eine gewerbliche Mitunternehmerschaft i. S. des § 15 Abs. 2 Nr. 1 EStG tätig. Die vorherige Gründung einer ge­mein­sa­men GbR ist nicht notwendig, denn die WEG ist bereits selbst teil­rechts­fähig.

Teileinspeisung in das Netz eines Versorgers

Im vom BFH entschiedenen Fall war eine Wohnanlage errichtet worden, zu der ein BHKW gehörte, mit dem der eigene Wärmeenergiebedarf gedeckt werden soll­te. Der außerdem erzeugte und nicht von den Wohnungseigentümern ver­brauch­te Strom wurde gegen Erhalt einer Vergütung in das Netz eines En­er­gie­ver­sor­gers eingespeist.

Es liegen Mit­un­ter­neh­mer­ini­ti­ati­ve und -risiko vor

Dass eine Mitunternehmerschaft vorliegt, ergibt sich aus den allgemeinen Re­geln zur Mitunternehmerinitative und zum Mitunternehmerrisiko:

Die Mitunternehmerinitative (Teilhabe an Entscheidungen der Mit­un­ter­neh­mers­chaft) liegt bei einer WEG vor, denn die Wohnungs­ei­gen­tü­mer haben aufgrund der gesetzlichen Regelung ausreichende Stimm- (§ 23 WoEigG) und Kontrollrechte (z. B. § 24 Abs. 6, § 28 Abs. 4 WoEigG).
Das Mitunternehmerrisiko (Teilhabe am Miss-/Erfolg der Mit­un­ter­neh­mer­schaft) liegt, anknüpfend an die Regelungen über die Bruch­teils­ge­mein­schaft (§ 743 Abs. 1 BGB), nach § 16 Abs. 1 WoEigG eben­falls vor, denn die Wohnungseigentümer sind anteilig am Gewinn und Ver­lust der Woh­nungs­eigentümergemeinschaft beteiligt.

Praxishinweise

Der BFH hat sich leider nicht zur Frage der Abschreibung des BHKW ge­äu­ßert. Grundsätzlich ist das BHKW ein Gebäudebestandteil und mit die­sem abzuschreiben1; bei Eigennutzung der Wohnung entfällt eine AfA. Wird nun jedoch die WEG als Mitunternehmerschaft gesehen, müssen teile des BHKW in der Mitunternehmerschaft als AfA abzugsfähig sein. U. E. ist eine Aufteilung analog zur Umsatzsteuer vorzunehmen (siehe nach­folgend). Dies ist jedoch gegenwärtig ungeklärt.

Unklar weiterhin: Abschreibung

Bei einer Gemeinschaft gilt die Durchsäuerung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht, sodass die gewerbliche Tätigkeit im Rahmen des BHKW nicht auf die sonstigen Einkünfte (z. B. Vermietung eines Gemeinschafters) abfärbt. Es gilt das Trennungsprinzip.
Die im Streitfall erfolgte Aufteilung der Vorsteuer nach dem Verhältnis der auf dem Datenblatt angegebenen Strom- und Wärmemengen in kWh ver­stößt gegen § 15 Abs. 4 UStG. Denn bei gebotener wirtschaftlicher Zu­ord­nung der Umsätze ist die Aufteilung nach dem Verhältnis der im Streit­jahr be­ste­hen­den Marktpreise für Strom und Wärme vorzunehmen2. Ent­schei­dend hierfür ist, dass sich die erzeugten Produkte Wärme und Strom er­heb­lich voneinander unterscheiden. 
Die WEG ist auch Unternehmerin i. S. der Umsatzsteuer. Werden Leis­tun­gen an die WEG erbracht, ist damit ein Vorsteuerabzug nur mög­lich, wenn die Rechnung an die WEG (und nicht eine einzelne Person) ad­res­siert ist.
Damit ist die WEG auch zur Abgabe einer Umsatzsteuer-, ggf. Ge­wer­be­steu­er­er­klä­rung und einer einheitlichen und gesonderten Gewinn­fest­stel­lung ver­pflich­tet. Ein Mitglied der WEG kann dabei für diese die Erklärung anfertigen. Dies stellt keinen Verstoß gegen § 2 StBerG dar, denn ein Gesellschaftsmitglied erbringt sodann keine fremde steu­er­li­che Leistung, sondern erfüllt als Mitglied nur seine Eigenpflichten.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]BerP 2016 S. 66.
  2.  ]BFH, Urteil v. 16.11.2016 V R 1/15, BFH/NV 2017 S. 413.