§ 8c KStG ist in Teilen verfassungswidrig
Die Vorschrift des § 8c KStG ist in Teilen verfassungswidrig. Betroffen von der Entscheidung des BVerfG1 ist insbesondere der anteilige Wegfall nicht genutzter Verluste einer Kapitalgesellschaft, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile an dieser Kapitalgesellschaft übertragen werden.
Liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt oder nicht
Nach Auffassung des BVerfG bindet der allgemeine Gleichheitssatz den Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und damit an eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Davon weicht insbesondere § 8c Satz 1 KStG (bzw. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) ab, wenn diese Norm die Bestimmung der steuerpflichtigen Einkünfte einer Kapitalgesellschaft ‑ insbesondere die Nutzung von Verlusten - davon abhängig macht, ob ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt oder nicht. Insbesondere das Ziel der Bekämpfung von legalen, jedoch unerwünschten Steuergestaltungen, unter anderem des Handels mit vortragsfähigen Verlusten (sog. Mantelkauf) wurde vom BVerfG als sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht geltend gelassen. Denn die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Umfang zwischen 25 % und 50 % indiziere für sich genommen keine missbräuchliche Gestaltung, weil es für die Übertragung einer derartigen Beteiligung an einer Verlustgesellschaft - auch wirtschaftlich sinnvolle - vielfältige Gründe geben könne. Diese würden nicht regelmäßig darin bestehen, die Verluste für ein anderes Unternehmen des neuen Anteilseigners nutzbar zu machen.
Gesetzgeber kann verfassungswidrigen Zustand rückwirkend beseitigen
Das BVerfG hat die Regelung in § 8c Satz 1 KStG a. F. (bzw. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG n. F.) noch nicht für nichtig erklärt, sondern vorerst nur die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festgestellt. Zugleich räumt es dem Gesetzgeber die Möglichkeit ein, den verfassungswidrigen Zustand rückwirkend zum Zeitpunkt der erstmaligen Einführung dieser Norm zum 1.1.2008 zu beseitigen. Sollte der Gesetzgeber dieser Verpflichtung aber bis zum 31.12.2018 nicht nachkommen, tritt rückwirkend Nichtigkeit ein und zwar ab dem 1.1.2008. Anders als in Entscheidungen der Vergangenheit, in denen das BVerfG häufig noch die Anwendung der als unvereinbar erklärten Regelung zumindest für einen Übergangszeitraum zugelassen hat, ist die Vorgabe der rückwirkenden Gesetzesänderung bemerkenswert. Ggf. hat das BVerfG seine Lehren aus seiner Entscheidung zur Erbschaftsteuer2 gezogen, bei der der Gesetzgeber die Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands innerhalb der vom BVerfG vorgegebenen Frist nicht nachgekommen ist.
Macht der Gesetzgeber von der Reformmöglichkeit Gebrauch, hat er den Verlustuntergang auf die Missbrauchsfälle zu beschränken. Hierzu müssen u. E. dem § 8c KStG auf Missbräuche abzielende Tatbestandsvoraussetzungen hinzuzugefügt werden. Wie diese der Gesetzgeber ausgestalten wird, bleibt abzuwarten.
Neuregelung für alle bestandskräftigen Bescheide
Eine etwaige Neuregelung käme für alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide zur Anwendung. Diese Fälle wären folglich hinsichtlich des Verlustuntergangs neu zu beurteilen. Nach unserer Auffassung ist zu erwarten, dass in zahlreichen Fällen, in denen die bisherige Regelung einen teilweisen (oder vollständigen) Verlustuntergang ausgelöst hat, rückwirkend kein Verlustuntergang mehr vorliegen wird.