Steuerfreiheit bei Fahrschulen
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat in einem AdV-Beschluss1 die Auffassung vertreten, dass Umsätze einer Fahrschule unter Berufung auf das Unionsrecht nach Art. 132 Abs. 1 Buchstabe j MwStSystRL möglicherweise in vollem Umfang von der Umsatzsteuer zu befreien seien - damit auch soweit sie auf die Erlangung der Fahrerlaubnis der Klassen A und B entfällt. Die Finanzverwaltung gewährt gegenwärtig eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG nur für die Führerschein-Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L2.
Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e. V. hat beim BMF hierzu einen Antrag gestellt, entsprechende Einspruchsverfahren Ruhen zu lassen3. Weil die Voraussetzungen einer Zwangsruhe gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO mangels Anhängigkeit eines Verfahrens beim BFH oder EuGH nicht erfüllt sind, wäre dies nur im Wege einer verwaltungsinternen Regelung im Hinblick auf § 363 Abs. 2 Satz 1 AO möglich. Diese bedarf der Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder.
Dem Vernehmen nach erfolgt gegenwärtig ein solcher Abstimmungsprozess auf Ebene der obersten Finanzbehörden der Länder. Bis dieser beendet ist, besteht als einzige Möglichkeit ein individueller Einspruch und ein Antrag auf Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO.
Praxishinweis
Es muss darauf geachtet werden, dass bei entsprechenden Mandanten keine Festsetzungsverjährung eintritt und weiterhin eine Änderungsmöglichkeit besteht, was über § 164 Abs. 2 AO bei der Umsatzsteuer regelmäßig der Fall ist. Sollte Festsetzungsverjährung drohen, ist der Weg eines Einspruchs mit Antrag auf Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 Satz 1 AO geboten.
Es wird empfohlen, die Rechnungsstellungspraxis bei Fahrschulen anzupassen und künftig Rechnungen ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer zu erstellen, sofern vertraglich zwischen den Parteien eine Brutto-Vereinbarung besteht, was bei Fahrschulen regelmäßig der Fall sein wird. Die Finanzverwaltung wird in diesen Fällen von steuerpflichtigen Umsätzen ausgehen. Sollte jedoch in einem Hauptsacheverfahren die Steuerfreiheit der Umsätze entschieden werden, so ergibt sich mangels offen ausgewiesener Umsatzsteuer keine Problematik im Hinblick auf § 14c UStG.
In den meisten Fällen sollte die veränderte Rechnungsstellung unproblematisch sein, da die Kunden ohnehin nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind. Die betroffenen Leistungen wurden i. d. R. für den Privatbereich bezogen.
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- [ ↑ ]Vgl. BerP 2016 S. 219; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 10.11.2015 5 V 5144/15, EFG 2016 S. 320.
- [ ↑ ]Abschn. 4.21.2 Abs. 6 Sätze 2 und 3 UStAE.
- [ ↑ ]BMF, Schreiben v. 29.3.2016 III C 3 -S 7179/07/10012, http://www.fahrlehrerverbaende.de/sixcms/media.php/2448/Antwort%20 vom%20BMF%202016-03-29.pdf (Stand: 29.6.2016).