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Vertrauensschutz bei innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6a Abs. 4 UStG trotz fehlender Gelangensbestätigung?

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Gericht / Az:
BFH, Beschluss vom 29.8.2025 V B 34/25
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 6a Abs. 4 UStG
Streitfrage:
Ist der Vertrauensschutz bei innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6a Abs. 4 UStG trotz fehlender Gelangensbestätigung möglich?

Vertrauensschutz bei igL

Was geschieht in der Praxis, wenn der Lieferant vom Vorliegen einer steuerfreier in­ner­ge­mein­schaft­lichen Export-Lieferung ausgeht, obgleich der materielle Tatbestand (z. B. aufgrund der fehlenden unternehmerischen Verwendung des Gegenstands durch den Leis­tungs­empfängers) nicht vorliegt? In der Praxis hilft als Rettung nur der Ver­trau­ens­schutz­tat­be­stand des § 6a Abs. 4 UStG. Danach ist eine Lieferung, die der Un­ter­neh­mer als steuerfreie in­nergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die Vo­raus­set­zun­gen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, gleichwohl als steuerfrei an­zu­sehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Ab­neh­mers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Be­ach­tung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (bei­spiels­weise der Lieferant eine USt-IdNr. verwendet, obgleich er den Liefergegenstand nicht un­ter­neh­me­risch verwenden will). In diesem Fall schuldet der Abnehmer die ent­gan­ge­ne Steuer.

In der Praxis: Hohe formelle Hürde

Nach Ansicht der Finanzverwaltung1 stellt sich die Frage, ob der Unternehmer die Un­rich­tig­keit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kauf­manns nicht erkennen konnte, erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nach­weis­pflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist. Dies bedeutet in der Praxis: Ohne vollständigen Buch- und Belegnachweis gibt es keinen Vertrauensschutz.

Bleibt es bei hohen formellen Hürden?

Genau wegen diesem Punkt hat der BFH mit dem Besprechungsbeschluss eine Revision zugelassen. In der Revision wird die Rechtsfrage zu klären sein, ob und unter welchen Voraussetzungen Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG zu gewähren oder zu versagen ist, wenn der Abnehmer dem Lieferanten im Abholfall keine Gelangensbestätigung über­mittelt2.

Praxishinweis

Wird in der Praxis der Vertrauensschutz des § 6a Abs. 4 UStG versagt, sollte der Fall bis zur Entscheidung der Revision offen gehalten werden. Das Aktenzeichen der Revision ist gegenwärtig noch nicht bekannt3.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Abschn. 6a.8 Abs. 1 Satz 3 UStAE.
  2.  ]Welcher Teil des Buch- und Beleganachweises i. S. des §§ 17a ff. UStDV ist.
  3.  ]Vorinstanz: Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil v. 13.5.2025 5 K 9/25, n. v.