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Geplante steuerliche Änderungen durch den Koaltionsvertrag

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Neuer Koalitions­vertrag

Unter der Überschrift „Verantwortung für Deutschland“ präsentierten die Par­tei­en CDU, CSU und SPD Ihren Koalitionsvertrag für die 21. Legis­la­tur­pe­rio­de1. Die Pläne der neuen Koalition sind auf insgesamt 144 Seiten dargelegt. Wenn auch fast alle Vorhaben im Koalitionsvertrag unter einem Fi­nan­zie­rungs­vor­be­halt stehen, lohnt sich schon jetzt ein Blick auf das, was nach den Plänen der Koalitionspartner in den nächsten Jahre kommen soll. Aus steuer­recht­li­cher Sicht sind insbesondere - neben zahlreichen Ent­büro­kra­ti­sie­rungs­versprechen - hervorzuheben:

a) Unternehmensbesteuerung

Die Körperschaftsteuer soll perspektivisch auf 10 % sinken. Allerdings soll mit der Senkung erst zum 1.1.2028 begonnen werden und dies jährlich auch nur jeweils um 1 %2. In Anbetracht dessen, dass zu diesem Zeitpunkt die Legislaturperiode bereits auf ihr Ende zusteuert, ist dies u. E. ein wenig ambitioniertes Ziel. Zumal dabei die Gewerbesteuer vollkommen ignoriert wird, denn diese hat sich in der vergangenen Dekade zu einer echten Mehr­belastung vor allem für Körperschaften entwickelt. Treffend hat dies Broers wie folgt zusammengefasst und dargestellt3. „Im Jahr 2010 erhoben noch 20 % der Gemeinden einen Hebesatz von maximal 300 %, der zu einer no­mi­na­len Steuerbelastung von 26,33 % führt… Zwischenzeitlich4 ist der An­teil der Gemeinden mit einem Hebesatz von maximal 300 % … auf 3,4 % ge­sun­ken. … Spiegelbildlich hat sich hingegen die Zahl der Ge­mein­den ent­wickelt, die einen Hebesatz von 351 % und höher ver­lan­gen. Während 2010 weniger als 25 % der Gemeinden einen solchen Hebe­satz verlangten, sind es im Jahr 2023 bereits 56,3 %.“ Eine Hebe­satz-Steige­rung von 10 % führt rechnerisch zu einer Steuermehrbelastung von ca. 0,35 % je Kör­per­schaft. Das Absenken der Kör­per­schaftsteuer um 1 % ist somit nur dann eine echte Entlastung für Unternehmen, wenn nicht parallel der Hebe­satz der Gemeinde angehoben wird. In Anbetracht der immer wei­ter­wach­sen­den finanziellen Belastungen der Gemeinden muss daran ge­zwei­felt werden. Das Problem ist dabei jedoch: Was nützt eine Kör­per­schaft­steuer­ent­lastung, wenn diese durch eine erhöhte Ge­wer­be­steuer­be­las­tung kon­ter­kariert wird? Hierzu schweigt sich der Koalitionsvertrag leider aus.

KSt künftig zwingend für alle Neugründungen?

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Planung, dass evtl. ab dem Jahr 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Kör­per­schaft­steuer fallen sollen5.
Für Ausrüstungsinvestitionen soll in den Jahren 2025 bis 2027 eine de­gres­sive Abschreibung von 30 % gelten6.

Erneut degressive AfA

Der Umsatzsteuersatz in der Gastronomie soll dauerhaft für Speisen auf 7 % sinken7. Wer jedoch auf einen preiswerteren Restaurantbesuch hofft, wird wohl enttäuscht werden. Dehoga-Chef Michael Schmidt stellte bereits vor­sorg­lich klar, dass es für den Verbraucher im Restaurantbesuch vo­raus­sicht­lich „bei den aktuellen Preisen bleibe“8. Damit wird letztlich nicht der Gast, sondern der Gastwirt von dieser Änderung profitieren - auch wenn die De­ho­ga ihre Forderung nach einem ermäßigten Steuersatz immer damit be­grün­det hat, dass der 19 % Steuersatz „jeden einzelnen Gast und dabei ins­be­son­de­re die vielzitierten Gering- und Normalverdiener sowie Eltern und Schüler, Angestellte und Arbeiter, Patienten und Pflegebedürftige“ be­las­ten würde9. Auch bei Interessensverbänden scheinen Begründungen und Fol­gen nicht immer einer inneren Logik zu folgen.

Gastronomie-USt auf 7 %

Die Optionsbesteuerung nach § 1a KStG soll - erneut - reformiert werden10, ebenso die Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG11.
Zur Förderung der E-Mobilität soll die Kfz-Steuerbefreiung verlängert12 und eine Sonderabschreibung für E-Fahrzeuge eingeführt werden13. Ebenso soll die sog. 0,25 % Methode fortan bei Listenpreisen bis 100.000 € möglich sein14 und eine LKW-Maut-Befreiung für emissionsfreie Lastfahrzeuge ein­ge­führt werden15.

Förderung E-Mobilität

b) Besteuerung natürlicher Personen

Der Tarif der Einkommensteuer soll inkl. Grundfreibetrag angepasst werden, sodass die Wirkung der sog. kalten Progression abgefedert wird16.

Übliche Tarif­an­passungen

Zuschläge für Überstunden über die Vollarbeitszeit hinaus, wobei diese bei „mindestens 34 Stunden, für nicht tariflich festgelegte … von 40 Stunden“17 vorliegt, sollen steuerfrei gestellt werden18.

Steuerfreie Über­stun­den­zuschläge

Das Weiterarbeiten bei Renteneintritt soll dadurch attraktiver gemacht werden, dass ein Gehalt bis 2.000 € monatlich in diesem Fall steuerfrei ge­stellt wird19. Hierbei ist jedoch einschränkend vorgesehen, dass dies nur bei regel-sozialversicherungspflichten Beschäftigungen gelten soll, somit nicht für selbständige Tätigkeiten oder Minijobs20. Ebenso soll diese Re­ge­lung für den vorzeitigen Ruhestand nicht gelten und wird vermutlich aller­dings unter dem Progressionsvorbehalt fallen.

Steuerfreier Hin­zu­verdienst für Rentner

Die sog. Pendlerpauschale soll auf 0,38 € je km erhöht werden21.

Erhöhung Pend­ler­pauschale

Die sog. Riester-Rente soll reformiert werden22. Ähnliches soll für die be­trieb­li­che Altersversorgung geschehen23.
Das Kindergeld soll erhöht und die Schere zwischen der Auswirkung des Kindergelds und des Kinderfreibetrags reduziert werden24.
Die Ehrenamtspauschbeträge sollen erhöht25 und das Ge­mein­nüt­zig­keits­recht reformiert26 werden.

c) Sozialversicherung

Im Bereich der Sozialversicherung werden u. E. viele Reformen notwendig sein, auch wenn der Koalitionsvertrag sich hierbei auffällig bedeckt hält - ge­ra­de weil das Rentenniveau bis 2031 bei 48 % bleiben soll27. Positiv ist je­doch hervorzuheben, dass das Statusfeststellungsverfahren schneller, rechts­sicherer und transparenter erfolgen soll28.

Statusfeststel­lungs­ver­fahren soll reformiert werden

Für Gründer sieht die Koalition vor, dass alle neuen Selbständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind, grün­der­freund­lich in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden29.

Rentenpflicht für Selbständige?

Soweit die Pläne unserer neuen Regierung aus steuerrechtlicher Sicht. Wir werden beobachten, ob und wie diese in der Praxis umgesetzt werden - und Sie im Rahmen von unseren Arbeitsgemeinschaften Beratungspraxis und Immer aktuell auf dem Laufenden halten.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Abrufbar unter: www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf (Stand: 7.5.2025), künftig als „Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD“ bezeichnet.
  2.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1432.
  3.  ]Broers, DB 2025 S. 475, 477.
  4.  ]Gemeint ist aus Sicht des Jahres 2023.
  5.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1438.
  6.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1430.
  7.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1498.
  8.  ]Abrufbar unter: www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/koalitionsvertrag-mehrwertsteuer-gastro-preise-sachsen-anhalt-102.html (Stand: 7.5.2025).
  9.  ]Abrufbar unter: www.dehoga-bundesverband.de/7-einheitlich-auf-essen/ (Stand: 7.5.2025).
  10.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1435.
  11.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1437.
  12.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 206.
  13.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 205.
  14.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 204.
  15.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 214.
  16.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1441 ff.
  17.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 571.
  18.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 569.
  19.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1472.
  20.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1472 ff.
  21.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1484.
  22.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1535 ff.
  23.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 605.
  24.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1443.
  25.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1487.
  26.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 1491 ff.
  27.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 588.
  28.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 467.
  29.  ]Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD, Zeile 632.