- Gericht / Az:
- FG Niedersachsen, Urteil vom 14.5.2024 8 K 66/22
- Fundstelle:
- juris
- Gesetz:
- § 19 EStG , R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR
- Streitfrage:
-
Führen Kosten für eine Abschiedsfeier, an welcher größtenteils keine eigenen Arbeitnehmer teilnehmen, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn auf Ebene der verabschiedeten Person?
R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR sieht verschiedene Tatbestände vor, welche nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft und folglich auch nicht als Arbeitslohn gelten. Hierunter fallen auch übliche Sachleistungen, welche anlässlich der Verabschiedung eines Arbeitnehmers vom Arbeitgeber getragen werden, sofern diese nicht die Grenze von 110 € je Teilnehmer überschreiten.
Urteilsfall
Im vorliegenden Urteilsfall fand eine Verabschiedung in den Ruhestand des Vorstandsvorsitzenden eines Geldinstituts statt, wobei das Geldinstitut sämtliche Kosten übernahm. Hierzu waren 300 Gäste aus Politik und Wirtschaft sowie ausgewählte Mitarbeiter eingeladen. Unter den Gästen waren auch acht private Angehörige des ausscheidenden Vorstandsvorsitzenden. Die Lohnsteuer-Außenprüfung unterstellte im vorliegenden Fall Arbeitslohn auf Ebene des ausscheidenden Vorstands in voller Höhe, weil die Kosten mehr als 110 € je Teilnehmer betrugen und keine Betriebsveranstaltung vorlag (da nicht alle Mitarbeiter eingeladen waren).
FG: Gesamtumstände der Kosten und Feierlichkeit sind zu prüfen
Das FG entschied, dass allein das Geldinstitut als Gastgeber auftrat, die Gästeliste bestimmte, die Feierlichkeiten in den eigenen Geschäftsräumen ausrichtete und zudem die Möglichkeit nutzte, den Nachfolger vorzustellen. Aus diesem Grund folgte es der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach zu prüfen ist, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers handelt1. Auch die Begrenzung nach R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR, wonach beim Überschreiten der 110 € Freigrenze automatisch Arbeitslohn vorliegen soll, wurde mit Verweis auf das zitierte BFH Urteil in Frage gestellt und als widersprüchlich und nicht nachvollziehbar beurteilt. Das FG würdigte die Gesamtumstände der Kosten und der Feierlichkeit und kam zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen des Geldinstituts im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgten und demnach nicht zu Arbeitslohn auf Ebene des Vorstandsmitglieds führten.
Kosten für private Geste sind Arbeits-lohn
Lediglich die Kosten für die acht privaten Gäste des ausscheidenden Vorstands sind als Arbeitslohn zu erfassen, können jedoch nach § 37b Abs. 2 EStG pauschal versteuert werden. Aufgrund des überwiegend eigenbetrieblichen Interesses wären zudem der Betriebsausgabenabzug sowie der Vorsteuerabzug zugelassen.
Revision anhängig
Das FG hat die Revision zur Rechtsfortbildung zugelassen. Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VI R 18/24 anhängig.
Praxishinweis
R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR ermöglicht es Arbeitgebern bereits Kosten für Feierlichkeiten anlässlich eines Eintritts, Austritts, Funktionswechsels oder anlässlich eines runden Geburtstags zu übernehmen, welche nicht als Arbeitslohn gelten. Das nun ergangene Urteil des FG würde den Anwendungsbereich der Verwaltungsregelungen nochmals erweitern und sogar eine Überschreitung der Freigrenze von 110 € zulassen, wenn die Gesamtumstände ein eigenbetriebliches Interesse annehmen lassen. Mit Blick auf das anhängige BFH Verfahren sollten entsprechende Sachverhalte in der Praxis offengehalten werden.
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Fußnoten anzeigen ↓
- [ ↑ ]BFH, Urteil v. 28.1.2003 VI R 48/99 BStBl 2003 II S. 724 i. V. mit BFH, Urteil v. 9.8.1996 VI R 88/93 BStBl 1997 II S. 97.