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Sofortabzug von Mieterabfindungen als Wer­bungs­kosten bei den Ein­künften aus Ver­mietung und Verpachtung

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 20.9.2022 IX R 29/21
Fundstelle:
DStR 2023 S. 20
Gesetz:
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Problemstellung:
Stellen Abfindungen, die an Mieter zum Zwecke der vorzeitigen Räum­ung eines Objektes gezahlt werden, anschaffungsnahe Her­stel­lungs­kosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar?

Urteilsfall

Im Urteilsfall hat eine GbR eine Immobilie erworben und renoviert. Um die Re­novierungsarbeiten einfacher durchführen zu können, wurde den Mietern eine Mieter­abfindung gezahlt, um sie zum vorzeitigen Auszug aus der Immobilie zu bewegen. Eine Renovierung wäre zwar auch im vermieteten Zustand tech­nisch möglich gewesen, aber deutlich umständlicher. Die Problematik lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen:

Sachverhalt

Eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen wird für 1 Mio. € durch die GbR erworben und anschließend für 500.000 € renoviert. Vom Kaufpreis entfallen 600.000 € auf das Gebäude. Um die bisherigen Mieter zum vorzeitigen Auszug zu motivieren und die Renovierungsarbeiten zu beschleunigen, zahlt die GbR den Mie­tern Abfindungen von insgesamt 30.000 €.

Stellungnahme

Die Gebäudeanschaffungskosten betragen 600.000 €. Die Grenze für die an­schaffungsnahen Herstellungskosten beträgt somit: 600.000 € x 15 % = 90.000 €.

Die Renovierungskosten von 500.000 € übersteigen die Grenze von 90.000 € und sind damit nicht sofort abzugsfähig, sondern nachträgliche Anschaffungs­kosten. Diese Aufwendungen er­höhen die AfA-Bemessungsgrundlage.

Nur bauliche Maß­nah­men an einem Ge­bäude

Nach Ansicht des BFH fallen unter den Begriff der Instandsetzungs- und Mo­der­nisierungsmaßnahmen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG nur bau­liche Maßnahmen, durch die Män­gel oder Schäden an vorhandenen Ein­rich­tungen eines bestehenden Ge­bäu­des oder am Gebäude selbst beseitigt wer­den oder das Gebäude durch Er­neuerung in einen zeitgemäßen Zustand ver­setzt wird.

Der Anwendungsbereich ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Ge­bäudes oder am Gebäude selbst be­schränkt. Die Begrenzung des sach­lichen Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf Aufwendungen für bauliche Maßnahmen ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm. Er­forderlich ist demnach, dass es sich um Aufwendungen für die bauliche Maß­nahme selbst handelt.

Mieterabfindun­gen sind nicht in die Grenze ein­zu­be­ziehen

Nach diesen Grundsätzen zählen die Mieterabfindungen nicht zu den an­schaf­fungsnahen Herstellungskosten. Sie stellen keine Instandsetzungs- oder Mo­der­nisierungsmaßnahmen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar. Deswegen gehören sie nicht zu den baulichen Maßnahmen und sind damit sofort als Werbungskosten ab­zugsfähig.

Fortführung der Stellungnahme

Aus diesem Grundsatz ist die Mieterabfindung von 30.000 € sofort als Wer­bungs­kosten ab­zugsfähig und führt nicht zu an­schaffungsnahen Herstellungskosten.

Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, dass auch Mieterabfindungen in die 15 %-Grenze einzubeziehen sind1.

Praxishinweis

Die Abgrenzung, welche Maßnahmen in die 15 %-Grenze einzubeziehen sind und welche nicht, ist nicht immer einfach. Eine Übersicht, welche Auf­wen­dungen in die Berechnung ein­zu­beziehen sind, gibt folgendes Schaubild:

Einen umfassenden Beitrag zur Abgrenzung finden Sie in BerP 3/2022 S. 190 sowie in Immer aktuell IV/2022 S. 235 ff.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]FG Münster, Urteil vom 12.11.2021 4 K 1941/20 F, EFG 2022 S. 152; vgl. BerP 2/2022 S. 80.

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