Stand: 27.12.2023
Nachfolgend finden Sie umfassende und aktuelle Informationen zur Grundsteuerreform1. Neben den Bewertungsverfahren werden auch Ausführungen zu Mustereinsprüchen gemacht.
Nach Ergehen der Bescheide stellt sich nicht nur die Problematik der Bescheidprüfung, sondern auch die Frage, ob Einspruch einzulegen ist oder nicht.
Praxishinweis
Beitrag wird stetig aktualisiert
Wir werden den Beitrag auf unserer Homepage (Newsletter-Archiv unter Neufang Online, abrufbar unter https://online.neufang-akademie.de/newsletter) stets aktualisieren. Deswegen steht am Anfang des Beitrags der Tag der Veröffentlichung.
Allgemeine Hinweise zur Grundsteuer
Charakter der Grundsteuer
Gemeindesteuer/ Sollobjektsteuer
Die Grundsteuer ist als Objektsteuer eine Sollertragsteuer, die ihre Rechtfertigung im Äquivalenzprinzip hat; d. h. sie soll ein Ausgleich für die Leistungen des Staats - hier der Gemeinden - sein.
Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer durch die Gemeinden stellt der Art. 106 Abs. 6 GG dar.
Verfassungswidrigkeit der bisherigen Grundsteuererhebung
Übergangsregelung nach den Vorgaben des BVerfG
Das Bundesverfassungsgericht hat am 10.4.20182 - wie bekannt - die Bemessungsgrundlage zur Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Nach dem Urteil hatte der Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis zum 31.12.2019. Die Grundsteuer auf der bisherigen Wertbasis darf letztmals im Jahre 2024 erhoben werden. Die Frist bis Ende 2024 dient dazu, dass die Verwaltung die Werte ermitteln kann und die Gemeinden die Hebesätze anpassen können.
Reaktionen des Bundes
Der Gesetzgeber hat zunächst mit zwei Gesetzen reagiert, nämlich mit dem
Später noch mit dem Grundsteuerreformumsetzungsgesetz (GrStRefUG)5.
Bund wird im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung tätig/Länder können abweichende Regelungen treffen
Die Zustimmung der Länder zu diesem Gesetz war nicht bundesweit gegeben; deswegen wurde folgender Kompromiss gefunden:
Der Bund stand vor dem Hintergrund der zeitlichen Vorgabe unter erheblichem Druck; weswegen der damalige Finanzminister entschieden hat: Die Länder sollen machen, was sie wollen!
Unnötiger Rechts-flickenteppich
Die „Rechtszersplitterung“ und die unterschiedliche Ausgestaltung hinsichtlich der wertbildenden Faktoren ist kritisch zu sehen9 und kein Beitrag zur seit Jahren propagierten Steuerrechtsvereinfachung und zeigt dessen Erosion des Steuerrechts eindrucksvoll auf. Selbiges ist sicherlich ein einmaliger Vorgang im deutschen Steuerrecht. Der Vorgang als solcher - nicht aber die völlig abweichenden Bewertungsverfahren - wird als noch verfassungskonform eingestuft10.
Für den Steuerberater stellen sie ein Problem dar, weil er sich mit mehreren Gesetzen auseinander zu setzen hat. Betroffen sind insbesondere die Steuerberater in der Nähe zu einem oder mehreren Bundesländern mit unterschiedlichen Modellen. Ganz zu schweigen von dem Fall, dass ein Mandant Grundstücke in allen Bundesländern hat.
Keine Verpflichtung zur Mandatsübernahme
Abgabeverpflichtung im digitalen Format
Von Anfang an stand fest, viele Steuerpflichtige sind über die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung zur Ermittlung der Grundsteuerwerte irritiert. Ein Großteil der Verunsicherung ist darauf zurückzuführen, dass die Erklärung im digitalen Format abgegeben werden muss. Viele suchen Hilfe und wenden sich an eine Steuerkanzlei und werden dort - wegen Arbeitsüberlastung - abgewiesen.
Warum keine vorausgefüllte Feststellungserklärung?
Es ist so, die elektronische Anforderung der Feststellungserklärung stößt auf den allergrößten Widerstand in der Bevölkerung, denn das Programm ELSTER ist nicht bedienerfreundlich. Deswegen akzeptieren viele Finanzämter die Abgabe der Erklärung in Papierform. Dieses Chaos wäre vermeidbar gewesen, denn die Finanzverwaltung hat fast alle benötigten Daten; in Baden-Württemberg, wo es ein reines Flächenmodell gibt, über BORIS alle. Aufgrund dessen hätte man erwarten können, dass die Finanzverwaltung eine vorausgefüllte Feststellungserklärung den Grundstückseigentümern zuleitet; die dann zu korrigieren oder zu ergänzen gewesen wäre. Hier hätte „kundenorientierter“ gearbeitet werden müssen. Eine berechtigte Kritik, die zwischenzeitlich auch die Landesfinanzministerien erkannt haben. Daher ist diese Anforderung ein weiterer Beitrag zur Förderung der Staatsverdrossenheit, was wir uns gerade in diesen schwierigen Zeiten nicht leisten können.
Keine Verpflichtung zur Mandatsübernahme
Steuerberater sind grundsätzlich nicht verpflichtet, ein Mandat zu übernehmen (§ 63 StBerG). Der Steuerberater hat einen Auftrag dann abzulehnen, wenn erkennbar der Auftrag nicht fristgerecht erfüllt werden kann11. Gerade die derzeitige Situation in den Kanzleien aufgrund der Belastung mit Corona und der Energiekrise steht der Übernahme eines solchen Massengeschäfts oftmals entgegen. Vielfach wird in der Praxis eine - zulässige - Selektierung entsprechend der Mandantschaftsstruktur vorgenommen.
Praxisproblem: Ländermodelle
Ein Praxisproblem ist allerdings, dass es Mandanten gibt, die in allen oder fast allen Bundesländern Grundbesitz haben. Somit hat sich eine Kanzlei mit dem Bundesmodell, dem modifizierten Bundesmodell im Saarland und Sachsen, sowie mit den Ländermodellen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Hamburg und Sachsen auseinander zu setzen. Ein Zustand, der unerträglich ist!
Grundstücks-/Haus-verwaltungen
Grundstücks- und Hausverwaltungen sind nach § 4 Nr. 4 StBerG befugt, bezüglich der von ihnen verwalteten Objekte zu Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts Hilfe in Steuersachen zu leisten.
Praktische Umsetzung
Die einfachste Lösung sowohl für Mandanten, die es selbst machen wollen, als auch Steuerberater ist die Abgabe der Feststellungserklärung kostenfrei mit dem offenen Programm ELSTER der Finanzverwaltung. Die Schwierigkeit für die Mandanten liegt dabei in der komplizierten Beantragung des ELSTER-Zertifikats.
Die Finanzverwaltung lässt es zu, dass über ein ELSTER-Account die Feststellungserklärungen für Dritte eingegeben werden können, so z. B. Kinder für ihre Eltern.
Natürlich haben alle Softwareunternehmen Schnittstellen geschaffen, so auch DATEV im Programm „GrundsteuerDigital“12. Der Vorteil von ELSTER liegt in der Kostenfreiheit und ist zudem leicht zu bedienen.
Praxishinweis
Auch StB können ein ELSTER-Zertifikat beantragen!
Zudem gibt es noch ein vereinfachtes Erklärungsverfahren für bebaute Grundstücke13. Dieses ist insb. im Bereich der Anwendung des Bundesmodells zu bevorzugen.
Es besteht in begründeten Fällen auch die Möglichkeit, die Erklärungen in Papierform abzugeben. Die entsprechenden Vordrucke sind beim zuständigen Finanzamt erhältlich. Von dieser Möglichkeit haben bisher fast 10 % der Grundstückseigentümer Gebrauch gemacht.
Bundesmodell
Struktur der Wert-ermittlung für die ErbSt
In der Struktur entspricht das Bundesmodell (§§ 218 bis 262 BewG) dem bisherigen Bewertungsrecht und ähnelt damit den Vorschriften zur Ermittlung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer (§§ 157 bis 198 BewG)14. Zusätzlich gibt es einen koordinierten Ländererlass vom 22.6.202215, in welchem die Verwaltungsgrundsätze festgeschrieben sind.
Hauptfeststellung/ Hauptveranlagung
Auf den 1.1.2022 erfolgt eine Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte (§ 221 BewG) und auf den 1.1.2025 eine Hauptveranlagung zur Grundsteuer (§ 16 GrStG). Dies bedingt, dass in diesem Zeitraum sowohl die Einheitswerte auf der Wertbasis 1964, die bis zum 31.12.2024 für Zwecke der Grundsteuer und bei der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG gelten, als auch die Grundsteuerwerte festzustellen sind.
Veränderungen
Die Wertverhältnisse zum 1.1.2022 haben bis zur nächsten Hauptfeststellung (dies ist der 1.1.2029) ihre Gültigkeit (§ 227 BewG); damit haben Veränderungen - insb. fallende Grundstückspreise- keine Auswirkung. Selbiges ist bei einem typisierenden Massenverfahren hinzunehmen, wenn der Rhythmus der Hauptfeststellungen (alle sieben Jahre) eingehalten wird.
Entsprechend dem bisherigen System gibt es ab 2023 Wertfortschreibungen (§ 222 BewG; z. B. bei Bebauungen), Nachfeststellungen (§ 223 BewG) und Aufhebungen (§ 224 BewG) des Grundsteuerwerts. Ab 2026 gibt es dann Neuveranlagungen (§ 17 GrStG), Nachveranlagungen (§ 18 GrStG) und Aufhebungen (§ 20 GrStG) des Steuermessbetrags.
Dies hat folgende praktischen Konsequenzen: Entsteht eine wirtschaftliche Einheit neu, dann erfolgt eine Nachfeststellung (§ 223 BewG) und grundsteuerrechtlich eine Nachveranlagung (§ 18 GrStG) auf den 1.1. des Folgejahres. Verändert sich der Wert, so erfolgt eine Wertfortschreibung (§ 222 BewG) und grundsteuerrechtlich eine Neuveranlagung (§ 17 GrStG). Es gilt aber der Grundsatz, dass die tatsächlichen Verhältnisse (z. B. Grundstücksgröße, Bebauung, Nutzung usw.) zum Feststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich sind (§ 227 BewG).
Grundvermögen
Abstellen auf die Grundstücksart
Die maßgeblichen Vorschriften sind die §§ 243 bis 262 BewG. Die Grundsteuerwerte für das Grundvermögen werden im Bundesmodell auch weiterhin in Abhängigkeit von der Grundstücksart ermittelt.
Unbebaute Grundstücke
Unbebaute Grundstücke
Die Definition der unbebauten Grundstücke enthält § 246 BewG, welcher dem bisherigen Recht entspricht (§ 145 BewG). Maßgeblich ist nach § 247 Abs. 1 BewG der Bodenrichtwert nach § 196 Abs. 1 BauGB.
Ansatz mit dem Bodenrichtwert
Unbebaute Grundstücke werden mit dem Bodenrichtwert angesetzt, welche von einem Gutachterausschuss zum 1.1.2022 ermittelt wurden. Diese können über die Datenbank BORIS ermittelt werden16.
Praxishinweise
Bewertung von bebauten Grundstücken im Ertragswertverfahren
Ertragswertverfahren
Nach § 250 Abs. 2 BewG gilt dieses Verfahren (§§ 252 bis 257 BewG) für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum. Der Wert ermittelt sich aus einem abgezinsten Bodenrichtwert zzgl. eines kapitalisierten Reinertrags (§ 252 BewG)19. Dabei ist bei Ein- und Zweifamilienhäusern die Anlage 36 zum BewG zu beachten.
Ermittlung des Reinertrags
Der kapitalisierte Reinertrag (§ 254 BewG) basiert auf einer typisierend ermittelten Nettokaltmiete, die abhängig ist vom Land, der Gebäudeart, der Wohnfläche und dem Baujahr. Die Anlage 39 zum BewG, welche die Faktoren enthält, wurde durch das GrStRefUG angepasst. Dieser Wert wird gemindert um die Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG; Anlage 40 zum BewG).
Bodenwert
Für den Bodenwert sind die aktuellen Werte maßgeblich (siehe vorstehend; Anlage 36 zum BewG). Die Abzinsung erfolgt nach der Anlage 41 zum BewG entsprechend der Restnutzungsdauer. Darauf wird ein Liegenschaftszinssatz angewendet, der je nach Grundstücksart zwischen 2,5 und 4,5 % beträgt (§ 256 BewG).
Bewertung im Sachwertverfahren
Sachwertverfahren
Nach § 250 Abs. 3 BewG gilt dieses Verfahren (§§ 258 bis 260 BewG) für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke20.
Zur Wertermittlung wird der Bodenwert um den Gebäudesachwert erhöht und darauf eine Wertzahl angewendet (§ 258 BewG).
Problem der Überbewertung
Bei der Bewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer kann nach § 198 BewG der niedrigere gemeine Wert nachgewiesen werden. Eine gleichlautende Vorschrift ist im Siebten Abschnitt der BewG (Grundsteuerwerte) nicht enthalten.
Praxishinweis
Die ersten Bewertungen haben bei zeitnahen Neubau- oder Erwerbsfällen gezeigt, dass der Grundsteuerwert teilweise die Gestehungskosten übersteigt. In diesen Fällen ist ein Einspruchverfahren zwingend geboten. Ein Ausweg wäre eine abweichende Festsetzung des Grundsteuerwerts nach den Grundsätzen des § 163 AO.
Land- und Forstwirtschaft
Typisierendes Ertragswertverfahren
Die besonderen Vorschriften zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes finden sich in den §§ 232 bis 242 BewG. Das bisherige vergleichende Verfahren der Einheitsbewertung mit teilweise betriebsindividuellen Zu- und Abschlägen, wird durch ein typisierendes Ertragswertverfahren abgelöst, welches weitgehend auf Zahlen der bundesweiten Agrarstatistik beruht.
Praxishinweis
Keine Bindungswirkung für die ESt
Die bewertungsrechtliche Behandlung von Flächen als Grundvermögen, hat keine Auswirkung auf die Frage, ob einkommensteuerrechtlich Privatvermögen vorliegt. Ehemals landwirtschaftlich eigengenutzte Flächen (auch durch den Rechtsvorgänger) bleiben so lange Betriebsvermögen, bis sie entnommen werden oder eine Betriebsaufgabe vorliegt21.
Wohnteil/Haus-garten = Grund-vermögen
Wohngebäude oder zu Wohnzwecken genutzte Gebäudeteile, die in der bisherigen Rechtslage im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen als Wohnteile mitbewertet wurden, sind einschließlich der zugehörigen Freiflächen (z. B. Pkw-Stellplätze, Hausgarten) ab dem 1.1.2022 dem Grundvermögen zuzurechnen.
Aufteilung der Hofstelle
Die Aufteilung der Hofstelle erfolgt hierbei grundsätzlich nach der Verkehrsauffassung, wobei die im Grundvermögen zu bewertende Fläche hierbei nicht zusammenhängend sein muss. Bei Betrieben, bei denen eine Abgrenzung nach § 52 Abs. 15 a. F. bzw. § 13 Abs. 5 EStG neu (Hofraumabgrenzung für Konsumgutlösung) vorliegt22, kann auch diese Abgrenzung übernommen werden.
Praxishinweis
Die entsprechenden Unterlagen müssten in der Dauerakte hinterlegt sein. Ggf. ist zum zuständigen Teilbezirk Kontakt aufzunehmen.
Schon jetzt zeichnet sich aber ein Problem ab, dass Flächenveränderungen teilweise nicht berücksichtigt wurden.
Praxishinweis
In der Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung sind die Flächen bezeichnet. Es ist stets zu prüfen, ob die aufgeführten Flächen noch im Eigentum sind.
Steuermesszahl
Reduzierung der Steuermesszahlen
Im Zuge der Reform wurde die Steuermesszahl im Bundesmodell für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) in § 14 GrStG von 6 ‰ auf 0,55 ‰ und für Grundstücke (Grundsteuer B) in § 15 GrStG von 3,5 ‰ auf 0,34 ‰ (bzw. für Wohngrundstücke auf 0,31 ‰) stark reduziert. Die Steuermesszahl ist auf den Grundsteuerwert anzuwenden (§ 13 GrStG).
Ermäßigungen
Gleichzeitig wurden in § 15 GrStG einige neue Ermäßigungen zur Steuermesszahl für Grundstücke eingeführt.
Hinweise zur Umsetzung
Die Formulare zur Grundsteuererklärung können elektronisch abgerufen werden23. Die Abgabe kann über ELSTER erfolgen24. Für Privateigentum ist eine Übermittlung in einem vereinfachten elektronischen Verfahren möglich, was die Eingabe bei der Anwendung des Bundesmodells im Vergleich zu ELSTER erheblich erleichtert25. Zur Grundsteuerreform gibt es hinterlegte Fragen und Antworten26.
Grundsteuer C
Schließung von Baulücken
Die Vorschrift ist auf den ersten Blick nachvollziehbar27. Eine solche Grundsteuer C wurde bereits 1961 erstmals in das Gesetz eingefügt und drei Jahre später wieder abgeschafft28. Die Gründe hierfür waren die Konzentration von Grundstücken auf die wohlhabende Bevölkerungsgruppe, während finanzschwache Bürger aufgrund der Steuerbelastung zur Veräußerung gezwungen wurden. Eine Ausgangssituation, die sich nicht verändert hat.
Mit der Vorschrift soll den Gemeinden mit besonderem Wohnraumbedarf die Möglichkeit eröffnet werden, für baureife Grundstücke einen gesonderten - höheren - Hebesatz festzusetzen (§ 25 Abs. 5 GrStG). Die gesetzgeberische Stoßrichtung ist klar: Baulücken sollen dadurch geschlossen werden, indem die höhere Grundsteuerbelastung zu einer Veräußerung zwingt.
Nach der Gesetzesbegründung soll verhindert werden, dass eine Veräußerung deswegen unterbleibt, weil Wertzuwächse abgewartet werden sollen. Dies ist jedoch in unserer Region im Regelfall unzutreffend, denn hier erfolgt die Veräußerung oftmals deswegen nicht, weil
Betroffene Grundstücke
Betroffen von dieser Änderung sind alle Grundstücke, die sofort bebaut werden könnten. Ob dies der Fall ist, ist von der Gemeinde jährlich zu ermitteln, in Karten nachzuweisen und durch Allgemeinverfügung (z. B. im Amtsblatt) bekannt zu geben. In dieser Allgemeinverfügung ist auch der besondere Wohnraumbedarf zu begründen.
Die Anwendung dieser Vorschrift erfolgt ab 2025 (§ 37 Abs. 3 GrStG). Es dürfte jedoch sinnvoll sein, die Mandanten frühzeitig auf die Änderung hinzuweisen.
Die Umsetzung des Gesetzes erfolgt aber nicht in allen Ländern; so z. B. nicht in Bayern29. Baden-Württemberg hat im Oktober 2021 entgegen den Ankündigungen nun doch die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass die Gemeinden die sog. Grundsteuer C erheben können. Gleiches gilt für Hessen und Rheinland-Pfalz.
Praxishinweis
Mandanten sind zu informieren
Auf die Einführung der Grundsteuer C sind die Mandanten hinzuweisen. Betroffen sind insbesondere die „Baulücken-Bauplätze“, vielfach umgangssprachlich als Enkel-Bauplätze bezeichnet. Hier stellt sich die Frage nach der Veräußerung aufgrund der zukünftig höheren Grundsteuerbelastung.
Baden-Württemberg
Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg die Öffnungsklausel genutzt und am 4.11.2020 ein eigenes Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) beschlossen30. Eine Anpassung erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des LGrStG und zur Einführung eines gesonderten Hebesatzrechts zur Mobilisierung von Bauland (ÄndGLGrStG) vom 22.12.2021 (GBl 2021 S. 1029)31.
Systematik
Das System Hauptfeststellung (§ 15 LGrStG) und Hauptveranlagung (§ 41 LGrStG), Fortschreibung (§ 16 LGrStG; aber hier nur in Bezug auf den Grund und Boden) und Neuveranlagung (§ 42 LGrStG) sowie Nachfeststellung (§ 17 LGrStG) und Nachveranlagung (§ 43 LGrStG) entspricht dem GrStG.
GrSt-Befreiung
Die Befreiungen von der Grundsteuer in den §§ 4 bis 8 GrStG (z. B. für gemeinnützige oder kirchliche Zwecke) sind in die §§ 4 bis 9 LGrStG übernommen worden. Es bleibt dabei, dass nur die unmittelbare Nutzung befreit ist. Damit sind z. B. bei einem Sportheim eines gemeinnützigen Vereins der gastronomische Bereich nicht begünstigt.
Die Feststellung über die Grundsteuerbefreiung wird regelmäßig gem. § 184 Abs. 1 Satz 2 AO im Verfahren zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags entschieden. Davon abweichend kann nach Auffassung der Finanzverwaltung bereits im Verfahren zur Feststellung des Grundsteuerwerts über die Grundsteuerbefreiung entschieden werden.
Praxishinweis
In diesen Fällen wird regelmäßig auf Grundlage des § 13 Abs. 4 LGrStG ein negativer Feststellungsbescheid erlassen werden. Hierdurch erhält der Eigentümer einen verbindlichen Verwaltungsakt als Antwort auf seine pflichtgemäße Abgabe der Erklärung.
Grundvermögen
Maßgeblich ist nur der Bodenrichtwert
Baden-Württemberg hat das einfachste Modell, indem ausschließlich auf den Bodenrichtwert (§§ 37 ff. LGrStG) bei der Bewertung mit dem Wert zum 1.1.2022 abgestellt wird. Es gilt dabei zu berücksichtigen, dass bei späteren Fortschreibungen oder Nachfeststellungen die tatsächlichen Verhältnisse, jedoch die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 maßgeblich sind (§ 21 LGrStG, entsprechend § 27 BewG bzw. § 227 BewG).
Verfassungswidrigkeit
Der Verzicht der Berücksichtigung von Gebäuden wird als verfassungswidrig angesehen32. Hinzu kommt, dass die Grundsteuer, die sich hier nur auf den Grund und Boden bezieht, auf die Mieter als Nebenkosten umgelegt werden kann (§ 2 Abs. 1 Betriebskosten-VO).
a) | Ermittlung des Steuermessbetrags |
Steuermessbe-tragermittlung
Auf den Grundsteuerwert wird die Steuermesszahl (§ 40 Abs. 1 und 2 LGrStG; Land- und Forstwirtschaft 0,55 ‰; Grundstücke 1,30 ‰) angewandt und der Steuermessbetrag ermittelt (§ 39 LGrStG).
Reduzierung der Steuermesszahl
Bei der Ermittlung des Grundsteuermesszahl werden dann noch Abschläge gemacht, so z. B. für Wohngebäude mit 30 % (§ 40 Abs. 3 LGrStG; damit 0,91 ‰) und Baudenkmalen mit 10 % (§ 40 Abs. 6 LGrStG).
b) | Ermittlung des Grundsteuerwerts |
Grundsteuerwert
Die Ermittlung des Werts des Grund und Bodens beim Grundbesitz erfolgt durch die Gutachterausschüsse (§ 38 Abs. 1 bis 3 LGrStG) und findet seinen Niederschlag in der Bodenrichtwertkarte (auf die Tz. 4.1.1 wird verwiesen). Diese sind im System „Boris“ hinterlegt (siehe später).
Der Steuerpflichtige kann einen um mehr als 30 % niedrigeren Wert durch ein qualifiziertes Gutachten nachweisen (§ 38 Abs. 4 LGrStG).
Praxishinweis
Im Hinblick auf die entstehenden Kosten des Gutachtens ist sorgfältig zu prüfen, ob davon Gebrauch gemacht wird. Die Rechtmäßigkeit dieser Grenze, die zu einer Übererhebung führt, wird bestritten33.
c) | Ermittlung der Grundsteuer |
Die Gemeinden legen die Hebesätze fest (§ 50 LGrStG); dies ist die große Unbekannte zum jetzigen Zeitpunkt.
Beispielsachverhalt
Sachverhalt
Auf einem Grundstück mit einer Größe von 360 qm ist eine Doppelhaushälfte zu Wohnzwecken errichtet worden. Das Finanzamt hat zutreffend einen Einheitswert auf Wertbasis 1.1.1964 von 82.700 DM/42.283,84 € und folglich einen Messbetrag von 113,48 € berechnet. Die Gemeinde erhebt hierauf einen Hebesatz von 320 %.
Lt. Gutachterausschuss der Gemeinde beträgt der Bodenrichtwert 280 € je qm.
Stellungnahme
Aktuell ergibt sich mit den obigen Werten eine Grundsteuer von 363,14 € jährlich.
Mit der Neubewertung (damit ab 1.1.2025) ergibt sich - bei unverändertem Hebesatz - folgende Grundsteuer:
Sachverhalts-Erweiterung
Das Nachbargrundstück mit identischer Größe ist gegenwärtig noch unbebaut. Bei einem bisherigen Einheitswert von 75.000 DM/38.346,89 € ergibt sich verkürzt eine aktuelle Grundsteuer von 38.346,89 € x 2,60 ‰ (Messzahl bis zu diesem Betrag) x 320 % = 319,05 € jährlich.
Stellungnahme der Erweiterung
Mit der Neubewertung (damit ab 1.1.2025) ergibt sich - bei unverändertem Hebesatz - folgende Grundsteuer:
Praxishinweise
Praktische Umsetzung
Allgemeine Informationen sind unter www.grundsteuer-bw.de zu finden. Bei der Bearbeitung ist zweistufig vorzugehen.
a) | Ermittlung des Grundsteuerwerts |
Grundsteuerwert-ermittlung
Über www.grundsteuer-bw.de werden mittels des Buttons „Grundsteuer B“ für den Grundbesitz oder später auch Land- und Forstwirtschaft mit dem Button „Grundsteuer A“ die erforderlichen Daten für den Wert des Grundstücks ermittelt.
Dies sind bei Grundvermögen:
Hierzu klicken Sie im ersten Absatz auf den Pfeil vor „hier“; sodann kann man den Bodenrichtwert mit verschiedenen Suchfragen ermitteln; z. B. durch den Ort und die Straße mit Hausnummer.
b) | Ermittlung der Grundsteuererklärung |
Hinweise zur Grundsteuererklärung
Auf www.grundsteuer-bw.de ist eine Ausfüllhilfe für ELSTER hinterlegt.
Es gibt den Hauptvordruck (GW1). Dort sind einzutragen:
Angaben zur Feststellung
Aktuell ist dies die Hauptfeststellung; künftig Nachfeststellung und Wertfortschreibung (Tz. 1 des Vordrucks).
Lage des Grundstücks/Betrieb der Land- und Forstwirtschaft/Gemarkung und Flurstücke des Grundvermögens
Diese Daten kann man aus „Boris“ (siehe Buchstabe a) entnehmen (Tz. 2 und 3 des Vordrucks).
Eigentümer/Beteiligte
Die Angaben sind in der Tz. 4 des Vordrucks zu machen. Hierzu werden nicht nur die Beteiligungsverhältnisse benötigt, sondern auch die Adressen, Steuernummer bzw. Steueridentifikationsnummer.
Grundsteuerbefreiung/-vergünstigung
Die Vergünstigung für Wohnnutzung ist in der Anlage „GW2“ zu beantragen.
Empfangsbevollmächtigte
Es empfiehlt sich, dass der Steuerberater sich hier legitimiert (Tz. 7).
Daneben gibt es den Vordruck „GW2“. In der Tz. 1 des Vordrucks kann die überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken wegen des Abschlags von 30 % beantragt werden. Bei einem Erbbaurecht sind in der Tz. 2 Angaben zu machen.
Erbbaurecht
Erbbauberechtigter = Steuerschuldner
Steuerschuldner beim Erbbaurecht ist der Erbbaurechtberechtigte (§ 10 Abs. 3 LGrStG) und nicht der Eigentümer des Grund und Bodens (Erbbaurechtsverpflichteter), obwohl nur auf den Grund und Boden abgestellt wird. Dies ist konsequent, weil der Erbbaurechtsberechtigte das aufstehende Gebäude bewirtschaftet (nutzt oder vermietet).
Wirtschaftliche Einheit
Abzustellen bei der Bewertung ist auf die wirtschaftliche Einheit (§ 25 LGrStG). Dies entspricht dem § 2 BewG.
Problem: Wirtschaftliche Einheit
Die Frage, was als wirtschaftliche Einheit anzusehen ist, hat insb. bei Wohngebäuden eine besondere Bedeutung. Ein Garagengrundstück gehört grundsätzlich zur wirtschaftlichen Einheit, auch wenn es nicht an das Grundstück angrenzt und deswegen eine eigene Grundbuchnummer hat34. Dies gilt auch in Bezug auf Gartengrundstücke35.
Praxishinweis
Hier ist bei einem eigenen Einheitswert für das Garagengrundstück eine Aufhebung des Einheitswertbescheids nach § 24 BewG zu beantragen. Beim „Stammgrundstück“ gibt es ggf. eine Wertfortschreibung (§ 22 BewG).
Ehegattengrundstücke
Die Zurechnung zu einer wirtschaftlichen Einheit wird auch weiterhin nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner gehören (§ 25 Abs. 1 Satz 3 LGrStG; vergleichbar § 26 BewG).
Im Informationsschreiben vom Juni 2022 wurde bei Gemeinschaftseigentum der Ehegatten/Lebenspartner nur ein Ehegatte angesprochen.
Wohn- und Teileigentum
Problem: Garage
Jedes Wohn- oder Teileigentum bildet eine wirtschaftliche Einheit. Zu beachten ist, dass bei Wohneigentum die Garage/der Garagenplatz einzubeziehen ist. Für jede wirtschaftliche Einheit ist eine Feststellungserklärung abzugeben, damit auch für jedes Wohneigentum.
Die anteilige Grundstücksfläche ist entsprechend der Teilungserklärung zu ermitteln (§ 25 Abs. 2 LGrStG).
Praxishinweis
Teileigentum
Dient das Grundstück überwiegend der Nutzung zu Wohnzwecken, dann kann es sinnvoll sein, das Teileigentum im Hinblick auf den 30 %-Abschlag (§ 40 Abs. 3 LGrStG) aufzuheben.
Grundstücks-/Erbengemeinschaften
Das Informationsschreiben wendet sich an einen der Beteiligten mit der Bitte, die anderen Verfahrensbeteiligten zu informieren. Gleichwohl gelten die Grundsätze der §§ 179, 180 AO. In Bezug auf die Bekanntgabe gelten die allgemeinen Grundsätze36.
Land- und Forstwirtschaft
Bundesmodell wurde weitgehend übernommen
Für Zwecke der Grundsteuer A wurden die Bundesregelungen weitestgehend übernommen. Damit gehört der Wohnteil zum Grundbesitz. Dies hat zur Folge, dass lediglich der Bodenwert angesetzt wird.
Erklärungs- und Anzeigepflicht
Grundsatz: Digitale Übermittlung
Diese sind geregelt in § 22 LGrStG. Neu ist die Regelung in § 22 Abs. 6 Satz 1 LGrStG, dass auf dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Fernübertragung die Feststellungserklärung zu übermitteln ist. Auf Antrag kann zur Vermeidung unbilliger Härte auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung verzichtet werden (§ 22 Abs. 6 Satz 2 LGrStG). Die elektronischen Formulare sind im Portal „Mein ELSTER“ (www.elster.de) bereitgestellt.
Härtefälle
Ein besonderer Härtefall liegt vor, wenn sich beispielsweise jemand erst die Technik zur elektronischen Abgabe beschaffen müsste - wie einen PC oder einen Internetzugang - oder den Umgang damit nicht gewohnt ist. Die Erklärungsvordrucke für Härtefälle werden vom örtlich zuständigen Finanzamt ausgehändigt.
Die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 waren zunächst beim zuständigen Finanzamt entsprechend der öffentlichen Aufforderung bis zum 31.10.2022 (nun verlängert zum 31.1.2023 und auf Antrag bis zum 31.3.2023) einzureichen, wobei es bei der Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) voraussichtlich ein Hinausschieben des Termins geben wird.
Umsetzung
Alle notwendigen Informationen sind unter www.grundsteuer-bw.de zu finden. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat zusätzlich einen FAQ zur Grundsteuer eingerichtet37.
Warum keine vorausgefüllte Erklärung?
Gerade in Baden-Württemberg ist kritisch anzumerken, dass aufgrund des Abstellens auf den Bodenwert die Finanzverwaltung fast alle Daten hat. Lediglich die Nutzung kann differieren. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass keine vorausgefüllte Feststellungserklärung bereitgestellt wurde.
Bayern
Flächen-/Äquivalenz-Modell
Das Bayerische Grundsteuergesetz (BayGrStG) vom 10.12.2021 wurde am 17.12.2021 veröffentlicht38. Wie im bisherigen Recht stellen die Finanzämter in einem ersten Schritt die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer B fest (Grundsteuer-Äquivalenzbeträge) und multiplizieren diese in einem zweiten Schritt mit einer Grundsteuermesszahl zur Festsetzung des Steuermessbetrags39.
Das Bayerische Grundsteuergesetz sieht künftig für das Grundvermögen ein wertunabhängiges Flächenmodell vor. Der tatsächliche Wert des Grundstücks und damit auch der Bodenrichtwert spielt dabei keine Rolle. Entscheidend sind nur noch die Flächen von Grund und Boden und Gebäude sowie die Gebäudenutzung. Diese Flächen werden mit wertunabhängigen Äquivalenzzahlen angesetzt. Für die Fläche des Grund und Bodens beträgt diese 0,04 €/qm und für die Gebäudeflächen 0,50 €/qm. Die sich hiernach ergebenden Äquivalenzbeträge für den Grund und Boden, die Gebäudewohnflächen und die Gebäudenutzflächen werden jeweils mit einer Grundsteuermesszahl multipliziert. Diese beträgt grundsätzlich 100 %. Für Wohnflächen wird jedoch ein Abschlag von 30 % gewährt, wodurch sich die Grundsteuermesszahl hierfür auf 70 % reduziert. Die Grundsteuermesszahl für den Äquivalenzbetrag der Wohnflächen kann sich zudem um weitere 25 % ermäßigen, soweit eine enge räumliche Verbindung mit dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft des Steuerschuldners besteht. Daneben sind u. a. für Gebäude mit sozialem Wohnungsbau und Denkmälern weitere Abschläge vorgesehen.
Die Bemessungsgrundlage wird einmalig zum 1.1.2022 festgestellt und muss nur angepasst werden, wenn sich die Flächen oder die Gebäudenutzung ändern. Abweichend vom Bundesmodell findet hinsichtlich der Grundsteuer B somit keine turnusmäßige Hauptfeststellung statt.
Das BayGrStG sieht entgegen dem Bundesmodell und den weiteren Landesmodellen keine sog. Grundsteuer C vor.
Auch in Bayern kann die Abgabe der Feststellungserklärung über ELSTER erfolgen40.
Hamburg
Das Hamburgische Grundsteuergesetz (HmbGrStG) vom 31.8.202143 ergänzt das Modell von Bayern zusätzlich um einen sog. Lagefaktor, der Grundstücke in besserer Lage höher besteuert als solche in schlechter Lage (Wohnlagen-Modell). Bei der Wohnlage wird hierbei zwischen „normaler“ und „guter“ Wohnlage unterschieden. Die Grundlage hierfür bildet das beim Mietenspiegel-Verfahren angewandte Hamburger Wohnlagenverzeichnis44.
Hessen
Das Hessische Grundsteuergesetz (HGrStG) vom 15.12.2021 knüpft ebenfalls an das bayerische Modell an. Ergänzend kommt hier - wie in Hamburg, jedoch in abweichender Ausgestaltung - die Lage als Kriterium hinzu, die das Ergebnis des Flächenmodells erhöht oder vermindert (sog. Flächen-Faktor-Verfahren)45.
Niedersachsen
Das Niedersächsische Grundsteuergesetz (NGrStG) wurde am 7.7.2021 im Niedersächsischen Landtag verabschiedet und am 13.7.2021 im Niedersächsischen GVBl. Nr. 27/2021 S. 502 ff. verkündet. Auch hier basiert die neue Grundsteuer auf dem bayerischen Flächen-Modell.
Allerdings wird dieses in Niedersachsen durch eine Lagekomponente erweitert (Flächen-Lage-Modell). Damit erhält der Nutzen aus dem Grundstück Einfluss auf die Berechnung. Als Indikator für die Lage werden die flächendeckend für Bauflächen vorhandenen Bodenrichtwerte für das jeweilige Grundstück genutzt. Der Bodenrichtwert des Grundstücks wird mit dem Gemeindedurchschnitt verglichen. Mit dieser Relation wird das „besser“ oder „weniger gut“ der Lagen messbar gemacht.
Auch dieses Modell wird als verfassungswidrig eingestuft46.
Vollmachtsdatenbank
Keine Anwendung
Diese gilt nicht für die Grundsteuerwerte47. Damit muss sich der StB im Vordruck zur Feststellungserklärung als Empfangsbevollmächtigter eintragen. Ansonsten geht es schief, denn der Bescheid enthält keine Steuerzahlung und wird deswegen oftmals nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist dem StB vorgelegt.
Vollmacht
Form der Vollmacht
Abrechnung der Erstellung der Feststellungserklärung für Zwecke der Grundsteuer
Die Vierte Verordnung zur Änderung der Steuerberater-Vergütungsverordnung wurde am 10.6.2022 verabschiedet und ist veröffentlicht im BGBl 2022 I S. 877.
Gebühr für die Feststellungserklärung für Einheitswerte und Grundbesitzwerte für die Erbschaftsteuer
Die Gebühr für eine Erklärung zur Feststellung nach dem BewG oder ErbStG beträgt 1/20 bis 18/20 einer vollen Gebühr nach der Tabelle A. Gegenstandswert ist der erklärte Wert, jedoch mindestens 25.000 €. Der Mittelwert wird dadurch berechnet, indem man die Zähler addiert und durch Zwei teilt. Damit beträgt der Mittelwert 9,5/20tel.
Sachverhalt
Für Zwecke der Erbschaftsteuer für ein Mehrfamilienhaus beträgt der erklärte Wert 1 Mio. €.
Stellungnahme
Bei 9/20 (= 4,5/10) beträgt die Gebühr 1.952,55 €; natürlich zzgl. der Gebühr für Post und Telekommunikationsleistungen (§ 16 StBVV) von 20 € zzgl. USt (§ 15 StBVV).
Gebühr für die Grundsteuerwerte
Änderung der StBVV
In den § 24 Abs. 1 StBVV wurde eine neue Nr. 11a eingefügt und die bisherige Nr. 11 geändert50. Die Gebühr zur Feststellung oder Festsetzung für Zwecke der Grundsteuer im Rahmen des ab dem Jahr 2025 anzuwendenden Grundsteuerrechts beträgt 1/20 bis 9/20. Der Gegenstandswert ist
Mit der Herabsetzung der Zwanzigstel soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Werte höher sind.
Dies stimmt natürlich in Baden-Württemberg nicht, denn hier gibt es das Bodenwertmodell.
Sachverhalt
Wie vorstehend, der Wert nach dem GrStG Baden-Württemberg beträgt 400.000 €.
Stellungnahme
Bei 4,5/20 (2,25/10) ergibt sich ein Wert von 648,45 €; zzgl. § 16 und § 15 StBVV.
Grundsätzlich ergibt sich eine Erläuterungspflicht nur, wenn der Mittelwert überschritten wird. Im Hinblick auf den geringen Aufwand muss sich jeder Steuerberater überlegen, ob der Mittelwert angebracht ist. Dies ist u. E. in den Fällen gegeben, in denen umfangreiche Nachforschungen betrieben werden müssen. Ansonsten dürfte der Mindestwert angemessen sein; dies gilt insb. für das Bodenwertverfahren in Baden-Württemberg.
Aufkommensneutralität
Die Reform soll aufkommensneutral sein!
Erklärtes Ziel der Gesetzesinitiative im Bundesrat im Jahr 2016 war eine aufkommensneutrale Umgestaltung der Grundsteuer. Trotz allen Beteuerungen dürfte dies schwerlich zu realisieren sein, weil sich bei einer Neubewertung die Werte teilweise beträchtlich erhöhen werden54. Die Bundesregierung hat dies erkannt und deswegen an die Gemeinden appelliert, die Hebesätze so anzupassen, dass das Grundsteueraufkommen stabil bleibt. Dies ist aber nicht mehr als ein Appell, der nicht durchgesetzt werden kann55. Lediglich im Niedersächsischen Grundsteuergesetz ist diese Vorgabe in das Gesetz aufgenommen worden.
Übererhebung
Den Hebesatz legen aber die Gemeinden fest, die teilweise erhebliche Haushaltsprobleme haben. Dies auch deshalb, weil Bund und Land den Gemeinden immer mehr Aufgaben aufbürden, ohne die entsprechenden finanziellen Zuweisungen zu machen. Deswegen ist zu erwarten, dass die Kämmerer bei der Festlegung der Hebesätze „vorsichtig“ rechnen werden. In vielen Gemeinden geht man - hinter vorgehaltener Hand - von Steuermehreinnahmen aus. Sodann stellt sich das Problem der verfassungswidrigen Übererhebung.
Der einzige Faktor dies zu verhindern ist, die Attraktivität der Gemeinde für Zuzügler und auswärtige Bauinteressenten zu erhöhen. Dabei sollte aber nicht verkannt werden, dass die Grundsteuer nur einer von vielen Faktoren ist.
Folgen einer Übererhebung
Erst nach der Zustellung die Grundsteuerbescheide im Jahre 2024 kann man erkennen, ob der Vorgabe entsprochen wurde. Erhöht sich die Grundsteuer wesentlich, dann ist gegen den Grundsteuerbescheid, welcher von der Gemeinde erlassen wird, Widerspruch einzulegen. Es ist schon heute zu erwarten, dass es dann Musterwidersprüche alsbald geben wird. Die Grenze liegt in der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG56.
Auswirkungen auf Steuerkanzleien
Wie bereits ausgeführt, gehört es zu den Aufgaben des Berufsstands, Mandanten bei der Abgabe der Feststellungserklärung für Zwecke der Grundsteuer zu unterstützen. Das bekannte Problem sind die unterschiedlichen Grundsteuermodelle.
Spezialisierung ist geboten
Eines steht aber fest: Der Berufsstand hat sich auf die Erstellung der Feststellungserklärungen einzurichten und ergehende Bescheide zu überprüfen. Es gilt zu beachten: Etwa gelieferte Grunddaten von der Finanzverwaltung sind auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Dies gilt insbesondere für das komplexe Bundesmodell. Die Softwarehäuser - wie DATEV - machen nur die Rechenprozesse, unterstützt durch Plausibilisierung bei der Eingabe. Es wird aber so wie bei den Einheitswerten sein, die Fehlerquote auf der Ebene der Finanzverwaltung dürfte - insbesondere beim Bundesmodell - schon aufgrund des Zeitdrucks nicht zu unterschätzen sein. Deswegen könnte es sinnvoll sein, dass sich ein Kanzleiangehöriger „spezialisiert“.
Dies gilt nicht nur für die Feststellungserklärungen anlässlich der Hauptfeststellung, sondern ins. im Hinblick auf Ergehen der Bescheide. Hier gilt es zu berücksichtigen, dass beim Bundesmodell viele Angaben zu machen sind und deswegen eine Fehleranfälligkeit besteht.
Verfassungswidrigkeit
Das Leitbild des Bundesmodells ist die Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips im Wege einer Sollertragsteuer. Es ist sicherlich so, dass ein hoher Wert des Grund und Bodens Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit zulässt, denn je höher dieser Wert ist, desto höher sind auch die Mieten.
Die unterschiedlichen Bewertungsmethoden der Länder sollen zwar der Vereinfachung dienen. Systematisch müsste aber die Grundsteuer nach den gleichen Grundsätzen ermittelt werden. Dies ist das Eingeständnis, dass dieses Land nicht mehr regierbar ist! Es ist aber schwerlich erklärbar, wenn ein an der Donau in Ulm belegenes Grundstück anders bewertet wird, als ein vergleichbares Grundstück auf der anderen Donauseite in Neu-Ulm. Die gleiche Situation gibt es in Mannheim und Ludwigshafen oder auch in Mainz und Wiesbaden.
Musterverfahren sind anhängig
Daher sind Musterverfahren bereits anhängig, wobei eine Vorlage an das BVerfG wie damals bei der Erbschaftsteuer nur auf eine systemwidrige Ungleichbehandlung gestützt werden kann. Klagen müsste dann z. B. in Baden-Württemberg ein Bauplatzeigentümer, weil sein Nachbar, der bereits den Bauplatz bebaut hat, weniger Grundsteuer bezahlt.
Sollten die verfassungsrechtliche Zweifel dann vom BVerfG geteilt werden, ist mit einer Appellentscheidung zu rechnen, denn ansonsten würde die Haushaltslage der Gemeinden verfassungsrechtlich unzulässig ins Wanken kommen und sie könnten die ihnen verfassungsrechtlichen auferlegten Aufgaben nicht mehr erfüllen.
Sodann würde es gerechter, aber für Hausbesitzer auch komplizierter und teurer. Deswegen wird nicht zur generellen Einlegung von Einsprüchen gegen den Grundsteuermessbescheid geraten.
Frist für ein neues Grundsteuergesetz
Die vorgegebene Frist war der 31.12.2019. Alle Landesgesetze wurden später verabschiedet. Dies wird als verfassungsrechtlich bedenklich gesehen, denn das BVerfG konnte nicht davon ausgehen, dass es Ländergrundsteuergesetze geben wird57.
Werte
In der Literatur werden die Abweichungen vom Bundesmodell als verfassungswidrig eingestuft, weil es in seiner Ausgestaltung gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen würde58.
Das einfachste Verfahren ist das Bodenwertverfahren in Baden-Württemberg, welches kritisch zu sehen ist, obwohl es einfach und damit praktikabel umsetzbar ist. Gewinner dieses Modells sind die Eigentümer von Penthaus-Wohneigentum in Ballungsgebieten; denn diese bezahlen für den Quadratmeter Wohnfläche so viel wie der Eigentümer der billigsten Wohnung im Gebäude.
Hinzukommt noch in Baden-Württemberg, dass durch die Bebauung mit einem Wohngebäude der Wert um 30 % niedriger als im Vergleich zum Bauplatz wird. Obwohl dort nur der Bodenwert angesetzt wird, gehört die Grundsteuer weiterhin zu den umlagefähigen Kosten.
Vorläufiger Rechtsschutz
Mustereinsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide und Grundsteuermessbescheide
Einspruch gegen jeden Bescheid?
Es wird medienwirksam dazu geraten, gegen jeden Bescheid für Grundsteuerwerte und Grundsteuermessbeträge Einspruch einzulegen61. Im Internet kursieren bereits mehrfach Versionen von Mustereinsprüchen. Geraten wird überwiegend unter Berufung auf G. Kirchhof dazu gegen jeden Bescheid Einspruch einzulegen, wobei - wie nachstehend dargestellt - zwei Bescheide ergehen, die anzugreifen sind.
Folgen der Wertver-schiebungen nach 1964
Es wird teilweise die Meinung geäußert die Grundsteuer würde sich verzehnfachen oder noch mehr! Eindeutig dürfte sein, die Besitzer großer Baugrundstücke in Ballungsgebieten mit einer nicht verdichteten Bebauung werden wohl zu Verlierern der Reform. Ist die Wertsteigerung nach dem 1.1.1964 hauptsächlich eingetreten, so haben diese Grundbesitzer bisher davon profitiert, dass die zugrunde gelegten Grundstückswerte realitätsfremd zu niedrig waren. Für Viele ein schlechter Trost!
Ruhen des Ver-fahrens/Vorläufigkeit
Es bleibt zu hoffen, dass ein Finanzgericht alsbald über eine anhängige Klage entscheidet und ggf. direkt dem BVerfG vorlegt. Sollte eine solche Vorlage nicht erfolgen, dann ist der Weg zum Bundesfinanzhof eröffnet und Ruhen des Verfahrens ist nach § 363 Abs. 2 AO zu gewähren. Das Problem würde sich auch dadurch erledigen, wenn die Bescheide im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Zweifel und der Anzahl der bereits eingelegten Einsprüche nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig erlassen würden. Das Sächsische FG hat die Verfassungsmäßigkeit bejaht, jedoch die Revision zu gelassen62.
Ablehnende Ein-spruchsentscheidung = Finanzgerichtsweg
Bei einer ablehnenden Einspruchsentscheidung gegen den Grundsteuerwertbescheid bzw. Grundsteuermessbescheid ist dann der Finanzgerichtsweg geboten.
Praxishinweise
Grundsteuer: Verwaltungs-gerichtsweg
Das eigentliche Problem ist die gebotene Anpassung der Hebesätze. Diese ist noch nicht bekannt und auch erst zum 1.1.2025 geboten. Allein der Grundsteuerwert bzw. der Grundsteuermessbetrag besagt noch nicht, wie hoch die Grundsteuer tatsächlich sein wird. Zu erwarten ist, dass die Vorgabe der Neutralität nicht eingehalten wird. Damit könnte es zu einer verfassungswidrigen Übererhebung kommen. Sodann ist gegen den Grundsteuerbescheid bei der Gemeinde Widerspruch zu erheben. Bei einer Ablehnung ist dann der Verwaltungsgerichtsweg zu beschreiten.
Einspruch gegen Grundsteuerwert und -messbescheide im Bundesmodell
Ein solcher Einspruch kann wie folgt abgefasst werden:
Gegen den beigefügten Grundsteuerwertbescheid vom …. mit dem Aktenzeichen …. sowie gegen den beigefügten Grundsteuermessbescheid vom .… mit dem Aktenzeichen …. wird hiermit
Einspruch
eingelegt.
Dies wird damit begründet, dass das Verfahren nicht folgerichtig ist und deswegen gegen den Gleichheitssatz verstößt (so G. Kirchhof, Focus-online vom 2811.2022; T. Schmidt, DStR 2020 S. 249 und G. Kirchhof, DStR 2019 S. 1073 und DB 2020 S. 2600). Die dortigen Ausführungen werden zu eigen gemacht.
Zwischenzeitlich sind Musterverfahren zum Bundesmodell anhängig beim FG Rheinland-Pfalz unter den Az. 4 K 1189/23, 4 K 1217/23 und 4 K 1205/23. Im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit den Beschlüssen vom 23.11.2023 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23 bei summarischer Prüfung die ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bejaht, weil die Belastung mit Grundsteuer nicht abgeschätzt werden kann.
Mit einem Ruhen des Verfahrens oder einer Abhilfe durch einen Vorläufigkeitsvermerk in Bezug auf die verfassungsrechtlichen Zweifel bin ich einverstanden.
Einspruch bei den Landesgrundsteuergesetzen
Dieser kann wie folgt formuliert werden:
Gegen den beigefügten Grundsteuerwertbescheid vom …. mit dem Aktenzeichen …. sowie gegen den beigefügten Grundsteuermessbescheid vom .… mit dem Aktenzeichen …. wird hiermit
Einspruch
eingelegt.
Dies wird damit begründet, dass nach der Vorgabe des BVerfG im Urteil vom 10.4.2018 1 BvL 11/14 ein neues Grundsteuergesetz hätte bis zum 31.12.2019 hätte verabschiedet sein müssen. Das maßgebliche Landesgesetz ist aber nach dieser Frist verabschiedet worden. Die Ausführungen von B. Neufang, BB 2019 S. 3035, 2018 Heft 12 I und StB 2022 S. 246, VII werden zu eigen gemacht.
Im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit den Beschlüssen vom 23.11.2023 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23 bei summarischer Prüfung die ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bejaht, weil die Belastung mit Grundsteuer nicht abgeschätzt werden kann.
Mit einem Ruhen des Verfahrens oder einer Abhilfe durch einen Vorläufigkeitsvermerk in Bezug auf die verfassungsrechtlichen Zweifel bin ich einverstanden.
Einspruch in Baden-Württemberg
Az: 8 K 2368/22: Streitgegenständig ist eine Doppelhaushälfte mit Baujahr 1938 und 400 qm Grund und Boden in Stuttgart. Gerügt wird:
Az: 8 K 2491/22: Hier handelt es sich um ein übergroßes Grundstück, das mit einem Zweifamilienhaus bebaut ist. Ein Gutachter kommt zum Ergebnis, dass der Wert des Grundstücks 24 % niedriger als der Bodenwert nach BORIS ist. Nach § 38 Abs. 4 LGrStG muss die Wertabweichung aber mindestens 30 % betragen. Gerügt wird, dass die Bodenwerte bei übergroßen Grundstücken unzutreffend seien und die 30 %-Grenze zum Nachweis eines niedrigeren Werts (die Kosten des Gutachtens sind vom Grundstückseigentümer zu tragen) verfassungswidrig sei. Zwischenzeitlich hat der Gutachterausschuss bei der Stadt Calw als erster Gutachterausschuss reagiert und will die Bodenrichtwerte bei übergroßen Grundstücken durch Zonen neu festlegen (Vorder- und Hinterland). Weiter sollen Baulasten und Bauverbote/-beschränkungen individuell berücksichtigt werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich weitere Gutachterausschüsse dieser Vorgehensweise anschließen. Bei den betroffenen Grundstücken wird empfohlen, an den Gutachterausschuss heranzutreten und eine individuelle Bewertung zu beantragen.
Es zeichnet sich nach unseren Erfahrungen in den Kanzleien folgende Vorgehensweise ab:
Wie eine Kanzlei dies handhabt, muss selbst entschieden werden! Dies auch vor dem Hintergrund, dass mit einer Entscheidung u. U. erst im II. Quartal 2024 gerechnet werden kann.
Der Mustereinspruch kann wie nachstehend formuliert werden:
Gegen den beigefügten Grundsteuerwertbescheid vom …. mit dem Aktenzeichen …. sowie gegen den beigefügten Grundsteuermessbescheid vom … mit dem Aktenzeichen …. wird hiermit
Einspruch
eingelegt.
Dies wird damit begründet, dass nach der Vorgabe des BVerfG im Urteil vom 10.4.2018 1 BvL 11/14 ein neues Grundsteuergesetz hätte bis zum 31.12.2019 hätte verabschiedet sein müssen. Das Landesgesetz ist aber nach dieser Frist verabschiedet worden. Die Ausführungen von B. Neufang, BB 2019 S. 3035, 2018 Heft 12 I und StB 2022 S. 246, VII werden zu eigen gemacht. Musterklagen sind beim Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Az. 8 K 2368/22 und 8 K 2491/22 bereits anhängig.
Zusätzlich wird gerügt, dass
Zusätzlich wird ausgeführt, dass in der Literatur (vgl. T. Schmidt, DStR 2020 S. 2020; G. Kirchhof, DStR 2019 S. 1073 und DB 2020 S. 2600; B. Neufang, StB 2022 S. 246, Kap. VII) die Verfassungsmäßigkeit des Verfahrens angezweifelt wird. Zur Vermeidung weiterer Ausführungen werden die dortigen Ausführungen zu eigen gemacht.
Im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit den Beschlüssen vom 23.11.2023 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23 bei summarischer Prüfung die ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bejaht, weil die Belastung mit Grundsteuer nicht abgeschätzt werden kann.
Zusätzlich bei Bauplätzen
Es wird lediglich - auch bei bebauten Grundstücken - auf den Bodenrichtwert abgestellt. Damit sinkt der Grundsteuerwert durch eine Bebauung. Somit ist der Wert eines Bauplatzes höher als der eines Grundstücks mit einer Bebauung. Selbiges stellt auch vor dem Hintergrund der Grundsteuer C einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes dar.
Es wird lediglich - auch bei bebauten Grundstücken - auf den Bodenrichtwert abgestellt. Damit sinkt der Grundsteuerwert durch eine Bebauung. Somit ist der Wert eines Bauplatzes höher als der eines Grundstücks mit einer Bebauung. Selbiges stellt auch vor dem Hintergrund der Grundsteuer C einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes dar.
Mit einem Ruhen des Verfahrens oder einer Abhilfe durch einen Vorläufigkeitsvermerk in Bezug auf die verfassungsrechtlichen Zweifel bin ich einverstanden.
Bayern
Ein solcher Einspruch kann wie folgt abgefasst werden:
Gegen den beigefügten Grundsteuerwertbescheid vom …. mit dem Aktenzeichen …. sowie gegen den beigefügten Grundsteuermessbescheid vom … mit dem Aktenzeichen …. wird hiermit
Einspruch
eingelegt.
Dies wird damit begründet, dass nach der Vorgabe des BVerfG im Urteil vom 10.4.2018 1 BvL 11/14 ein neues Grundsteuergesetz hätte bis zum 31.12.2019 hätte verabschiedet sein müssen. Das Landesgesetz ist aber nach dieser Frist verabschiedet worden. Die Ausführungen von B. Neufang, BB 2019 S. 3035, 2018 Heft 12 I und StB 2022 S. 246, VII werden zu eigen gemacht.
Es wird auch vorgetragen, dass in der Literatur (vgl. Bahn, NWB 2022 S. 144) die Verfassungsmäßigkeit des Verfahrens angezweifelt wird. Zur Vermeidung weiterer Ausführungen werden die dortigen Ausführungen zu eigen gemacht.
Im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit den Beschlüssen vom 23.11.2023 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23 bei summarischer Prüfung die ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bejaht, weil die Belastung mit Grundsteuer nicht abgeschätzt werden kann.
Mit einem Ruhen des Verfahrens oder einer Abhilfe durch einen Vorläufigkeitsvermerk in Bezug auf die verfassungsrechtlichen Zweifel bin ich einverstanden.
Abschlussbemerkung
Das Prozedere um die Grundsteuerreform ist nicht nur gesetzgeberisch, sondern vor allen Dingen in der verwaltungsmäßigen Umsetzung misslungen. Es bleibt abzuwarten, wie in Anbetracht der Musterklagen die Finanzverwaltung mit den Einsprüchen umgeht. Der einzige Ausweg ist der Erlass von vorläufigen Bescheiden.
Fußnoten anzeigen ↓
- [ ↑ ]Vgl. auch B. Neufang, StB 2022 S. 246.
- [ ↑ ]BVerfG, Urteil v. 10.4.2018 1 BvL 11/14 u. a., BFH/NV 2018 S. 703.
- [ ↑ ]Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung v. 30.11.2019, BGBl 2019 I S. 1875.
- [ ↑ ]GrStRefG v. 26.11.2019, BGBl 2019 I S. 1794.
- [ ↑ ]GrStRefUG v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S. 2931.
- [ ↑ ]Stöckel, NWB 2020 S. 850.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://grundsteuer.de/bundesland/saarland#.~:text=In Saarland beträgt die% 20Steuermesszahl,50 Euro gegenüber dem Bundesmodell (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://grundsteuer.de/bundesland/sachsen#:~:text=In Sachsen beträgt die Steuermesszahl,152 Euro gegenüber dem Bundesmodell (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Bräutigam, DStR 2021 S. 1330.
- [ ↑ ]Feldner/Stoklassa, DStR 2019 S. 2505.
- [ ↑ ]Koslowski, StBerG, 7. Aufl., § 57 Rz. 49.
- [ ↑ ]Dönmez, NWB 2022 S. 2489.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de/ (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Vgl. Eisele, NWB 2022 S. 498.
- [ ↑ ]Vgl. Eisele, NWB 2022 S. 2190.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.bodenrichtwerte-boris.de/boris-d/?lang=de (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Anhängiges Verfahren beim FG Baden-Württemberg, Az: 8 K 2368/22.
- [ ↑ ]FG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 23.11.2023 4 V 1295/23, juris.
- [ ↑ ]Vgl. hierzu F. Schmidt, NWB 2019 S. 3719; Bräutigam/Sprengel/Winter, DB 2020 S. 2090, Tz. II.1; Stöckel, NWB 2020 S. 3324, Tz. III und IV.1.
- [ ↑ ]Stöckel, NWB 2020 S. 3324, Tz. II und IV.2.
- [ ↑ ]OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung. v. 16.12.2015 S 2230-2013/0036-St 165, Tz. 2.1, juris.
- [ ↑ ]OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 16.12.2015 S 2230-2013/0036-St 165, Tz. 2.3.1, juris.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://grundsteuererklaerung2022.de/downloads/ (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.elster.de/eportal/start?globalHelpStart=true (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de/ (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq-die-neue-grundsteuer.html (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Feldner/Schätzlein, DStR 2021 S. 512; Vogelpoth, DStR 2020 S. 1026.
- [ ↑ ]BT-Drucksache 19/15636 v. 2.12.2019.
- [ ↑ ]Feldner/Schätzlein, DStR 2021 S. 512, Tz. 5.2.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://grundsteuer.de/bundesland/baden-wuerttemberg (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/21p/page/bsbawueprod.psml?pid= Doku mentanzeige&show doccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults= 1& from doctodoc=yes&doc.id=jlr-GrStGBWrahmen&doc.part=X&doc.price=0.0#focuspoint (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]G. Kirchhof, DB 2020 S. 2600.
- [ ↑ ]Anhängiges Verfahren beim FG Baden-Württemberg, Az: 8 K 2491/22.
- [ ↑ ]FG Düsseldorf, Urteil v. 16.5.2018 4 K 103/17 Erb, EFG 2018 S. 1211; FG Hamburg, Urteil v. 27.10.2017 3 K 141/16, EFG 2018 S. 921; BFH, Beschluss v. 28.4.1993 II S 6/93, BFH/NV 1993 S. 642; BFH, Urteil v. 22.3.1989 II R 44/86, BFH/NV 1990 S. 487; FG Düsseldorf, Urteil v. 21.10.1980 XI 265/78 BG, EFG 1981 S. 434; BFH, Urteil v. 16.9.1959 II 94/57 U, BStBl 1960 II S. 5.
- [ ↑ ]FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 26.1.1999 2 K 2975/98, juris.
- [ ↑ ]AEAO zu § 122 Tz. 2.5.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://ofd-karlsruhe.fv-bwl.de/,Lde/Startseite/Service/FAQ+-+Grundsteuer (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.grundsteuer.bayern.de/ (Stand: 27.1.2023); Anwendungserlass v. 28.10.2022; vgl. Graf, NWB 2022 S. 3300.
- [ ↑ ]Vgl. hierzu Bahn, NWB 2022 S. 1487 ff.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.elster.de/eportal/formulare-leistungen/alleformulare/grundsteuerby (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Bahn, NWB 2022 S. 1484.
- [ ↑ ]FG Nürnberg, Beschluss v. 8.8.2013 8V 300/23, EFG 2023 S. 1405.
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://www.hamburg.de/fb/grundsteuer/ (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://grundsteuer.de/bundesland/hamburg (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Abrufbar unter: https://finanzamt.hessen.de/grundsteuerreform/grundsteuer-b-in-hessen#:~:text=Der Hessische Landtag hat im,für eine einfache Grundsteuer (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]Blut, DStR 2023 S. 2756 ff.
- [ ↑ ]Pesch/Schwenker, DStR 2022 S. 1088, Tz. 1.2.
- [ ↑ ]Berners, StBVV, 6 Aufl., Kap. II.B.67.
- [ ↑ ]AG Bad Oeyenhausen, Urteil v. 26.6.2020 24 C 868/19, DStRE 2022 S. 574.
- [ ↑ ]Vierte Verordnung zur Änderung der Steuerberatungsvergütungsverordnung v. 10.6.2022, BGBl 2022 I S. 877.
- [ ↑ ]Beyme, Stbg 2022 S. 234.
- [ ↑ ]AG Schwelm, Urteil v. 17.6.2021 25 C 190/19, DStRE 2022 S. 767.
- [ ↑ ]Berners, Praxiskommentar StBVV, 6. Aufl., § 4 Rz. 40 ff.
- [ ↑ ]Schon 1964 gab es eine 25 %ige Erhöhung des Messbetragsvolumens; vgl. BT-Drucksache v. 21.12.2016 18/10751.
- [ ↑ ]Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache v. 23.9.2019 19/13453; Teil A; BT-Drucksache v. 14.8.2019 19/12387, Antwort zur Frage 7.
- [ ↑ ]Auf das beim OVG Rheinland-Pfalz anhängige Verfahren wird hingewiesen; Vorsinstanz: Verwaltungsgericht Koblenz; Urteile v. 3.5.2022 5 K 999/21.KO und 5K 1000/21.KO; siehe https://vgko.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/News/detail/rechtmaessigkeit-der-anhebung-des-hebesatzes-fuer-die-grundsteuer-b-auf-610-v-h-rechtmaessig/ (Stand: 27.1.2023).
- [ ↑ ]B. Neufang, BB 2019 S. 3035, 2018 Heft 12 I und StB 2022 S. 246, VII.
- [ ↑ ]T. Schmidt, DStR 2020 S. 249; G. Kirchhof, DStR 2019 S. 1073 und DB 2020 S. 2600.
- [ ↑ ]FG Nürnberg, Beschluss v. 8.8.2023 8 V 300/23, EFG 2023 S. 1405; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 1.9.2023 3 V 3080/23, EFG 2023 S. 1642.
- [ ↑ ]Gleicher Auffassung FG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse v. 23.11.2023 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23, juris.
- [ ↑ ]Focus online v. 28.11.2022 unter Berufung auf G. Kirchhof; juris Literaturhinweis zu Grundeigentum 2022 S. 1027.
- [ ↑ ]Sächsisches FG, Urteil v. 24.10.2024 2 K 574/23, juris; ein Az. einer Revision ist noch nicht bekannt.
- [ ↑ ]BFH, Vorlagebeschluss v. 17.12.2014 II R 14/13, BFH/NV 2015 S. 475.
- [ ↑ ]BFH, Beschluss v. 21.11.2013 II B 46/13, BStBl 2014 II S. 263.
- [ ↑ ]Gleicher Auffassung FG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse v. 23.11.2023 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23, danach steht der Finanzgerichtsrechtsweg offen.