- Gericht / Az:
-
BFH, Urteile vom 23.5.2020 VI R 4/18; vom 13.5.2020 VI R 7/18
- Fundstelle:
- juris
- Gesetz:
- § 35a Abs. 2 und 3 EStG
- Streitfrage:
- Wie ist der räumlich-funktionale Haushaltsbegriff auszulegen?
Räumlich-funktionaler Zusammenhang zum Haushalt
Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen sind dann steuerlich berücksichtigungsfähig, wenn sie in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen stehen1. Die räumlich-funktionale Auslegung des Haushaltsbegriffs geht zurück auf die Rechtsprechung zum Winterdienst auf dem Gehweg vor der Grundstücksgrenze2.
Reinigung einer öffentlichen Straße nicht begünstigt
In diesem Zusammenhang hat der BFH entschieden, dass die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße - anders als die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus - nicht als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 EStG berücksichtigungsfähig ist.
Voraussetzungen für haushaltsnahe Dienstleistungen
Voraussetzungen für eine haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 EStG sind unter anderem, dass3
Haushalt endet an der „Bordsteinkante“
Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße wird gewöhnlich nicht durch Mitglieder des privaten Haushalts erbracht und kann außerdem nicht mehr als hauswirtschaftliche Verrichtung angesehen werden, die den geforderten engen Haushaltsbezug aufweist. Nach Ansicht des BFH endet der räumlich-funktionale Haushalt an der „Bordsteinkante“, d. h. mit dem öffentlichen Gehweg.
Praxishinweis
Dies bedeutet auch, dass nach diesem Urteil der Winterdienst auf dem Gehweg begünstigt ist und Aufwendungen des Winterdienstes für die Fahrbahn nicht abzugsfähig sind. Soweit der Entscheidung zum Winterdienst zu entnehmen sein sollte, dass sich die Steuerermäßigung darüber hinaus auch auf die Aufwendungen des Winterdienstes für die Fahrbahn bezieht, hält der Senat daran nicht fest4.
Handwerkerleistungen nur im Haushalt
Im gleichen Fall hat der BFH noch entschieden, dass die Lohnkosten für Arbeiten in der Werkstatt eines Handwerkers keine Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG sind.
Voraussetzung für eine Handwerkerleistung ist, dass die Leistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird. In der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Leistungen werden zwar für den Haushalt, aber nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht. Aus diesem Grund sind die Arbeitskosten eines Handwerkers im Wege der Schätzung in einen in einen „Werkstattlohn“ und in einen „vor Ort Lohn“ aufzuteilen5.
Urteilsfall
Im Urteilsfall wurde ein Hoftor durch einen Tischler in seiner Werkstatt repariert. Die Arbeitskosten sind wie folgt aufzuteilen:
Praxishinweise
Fußnoten anzeigen ↓
- [ ↑ ]BMF, Schreiben v. 9.11.2016 IV C 8 - S 2296-b/07/10003:008, BStBl 2016 I S. 1213, Rz. 1 - 2.
- [ ↑ ]BFH, Urteil v. 20.3.2014 VI R 55/12, BStBl II 2014 S. 880.
- [ ↑ ]BMF, Schreiben v. 9.11.2016 IV C 8 - S 2296-b/07/10003:008, BStBl 2016 I S. 1213, Rz. 11
- [ ↑ ]BFH, Urteil v. 19.11.2020 VI R 4/18, juris, Rz. 21.
- [ ↑ ]BFH, Pressemitteilung 54/2020 v. 19.11.2020.
- [ ↑ ]BMF, Schreiben v. 9.11.2016 IV C 8 - S 2296-b/07/10003:008, BStBl 2016 I S. 1213, Rz. 40.
- [ ↑ ]FG Thüringen, Urteil v. 25.5.2020 1 K 103/20, EFG 2020 S. 1619.