Neufang Akademie

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Der gestaltungsorientierte Mandant

Kategoriegrafik
Gesetz:
§ 60 StBerG
Problemstellung:
Wie geht man mit einem Mandanten um, der stetig steuer­mi­ni­mie­ren­de Maßnahmen vorschlägt?

Todsichere Ge­stal­tungs­vor­schläge

Wem ist es noch nicht widerfahren, dass ein internetaffiner Mandant mit einem „todsicheren“ Vorschlag erscheint, wie man die Steuerlast reduzieren könnte. Oftmals noch mit dem Nebensatz, warum haben Sie mich darauf nicht hin­ge­wiesen? Andere haben am „Stammtisch“ gehört, wie man steuer­mi­ni­mie­rend gestaltet. Zuzugeben ist: Niemand zahlt gerne Steuern.

Internet/Werbung

Früher war dieses Problem noch überschaubar, denn es gab lediglich ein paar mehr oder weniger effekthaschende Newsletter. Wie bei der Populärpresse galt auch dort nur der Grundsatz: „Die Höhe der Auflage zählt!“. Heute ist die Situation viel komplizierter, denn das Internet ist auch ein „Misthaufen“, in dem jeder veröffentlichen kann, was er will. Dies auch teilweise von Kollegen, nach dem die Grenzen der Werbung nunmehr in § 57a StBerG so gefasst sind, dass Vieles - oder fast alles - möglich ist.

Auswirkungen der KI

Neuerdings kommt noch die KI hinzu. Eindeutig ist, der Einsatz von KI wird auch unsere Berufstätigkeit verändern, aber nur in sich wiederholenden Vorgängen. Die typischen Bereiche werden die Abwicklung der Buchhaltung, von Löhnen und die Man­dan­ten­ver­wal­tung sein. Es zeichnet sich ab, dass die KI auch zur Infor­ma­tions­ge­win­nung eingesetzt werden wird. Hier gibt es aber Grenzen, weil auf die Daten­banken - schon aus Kostengründen - nicht zu­ge­grif­fen werden kann. Es ist jedoch schon beeindruckend, was mittels KI er­le­digt werden kann. Letzthin bekamen wir den Entwurf einer Klage zum Fi­nanz­ge­richt, welcher wohl mittels KI erstellt wurde, zur Begutachtung. Auf den ersten Blick beeindruckend, bei genauer Betrachtung aber unbrauchbar. Streit­ge­gen­stand war ein Grundstückswert. Auf einmal wurde der Bau­sach­ver­stän­dige vom Finanzamt zum Beklagten. Im Antrag sollten die Ein­kom­men­steuer­be­schei­de auf­ge­ho­ben, anstatt geändert werden!

Beratung muss mehr in den Mittelpunkt der Berufstätigkeit ge­rückt werden

Beratung steht schon aufgrund der Berufsbezeichnung im Mittelpunkt der Tätigkeit

Bedingt durch das besondere Verhältnis, das sich auch durch die Ver­schwie­gen­heits­pflicht begründet, ist der Steuerberater in vielen Frage­stel­lun­gen - auch nicht steuerrechtlicher Art - erste Anlaufstelle. Aus diesem Ver­hält­nis heraus ergibt sich auch der Anspruch des Mandanten auf eine zu­kunfts­orien­tier­te Gestaltungsberatung. Betrachtet man die Umsatz­zah­len einer Kanzlei, so fallen oftmals die Beratungsumsätze nicht ins Ge­wicht. Dies bedeutet aber noch lange nicht, dass nicht beraten wird. Viele Kollegen verstecken nämlich die Beratungsumsätze in der Jahres­ab­schluss­ge­bühr. Ob dies richtig ist, möge jeder selbst entscheiden. Nach unserer Auffassung sollte über ein Be­ra­tungs­ge­spräch eine Notiz ge­fer­tigt werden, diese in der Handakte hinter­legt und dem Man­danten mit einer Rechnung zugeleitet werden.

Mandantenin­for­ma­tionsschreiben

Fest steht jedoch, allgemeine Mandanteninformationsschreiben ersetzen keine Beratung! Teilweise werden diese missverstanden und oftmals enthalten sie In­for­ma­tio­nen zu Tatbeständen, die keinen Mandantenbezug haben.

Umgang mit „Gestaltungswünschen“

Der gute Mandant teilt Veränderungen von sich aus mit

Der gute Mandant hinterfragt bisweilen, ob eine „Nachjustierung“ angebracht ist, denn er kennt die Veränderungen im unternehmerischen und familiären Bereich am besten. Ein solches Verhalten ist nicht nur wünschenswert, sondern im Interesse einer zukunftsorientierten Beratung auch anzustreben. Ggf. empfiehlt sich auch die Nachfrage, ob sich in den o. g. Bereichen eine Änderung ergeben hat bzw. eine solche angestrebt wird.

Herausforderungen beim schein­in­for­mier­ten Man­dan­ten

Völlig anders ist die Situation, wenn der Mandant mit Gestaltungswünschen kommt, die er gehört, im Internet gelesen oder gar recherchiert hat. So dann wird das Gespräch für den Steuerberater zur Herausforderung. Hierbei gibt es mehrere grundsätzliche Problemstellungen, nämlich

der Sachverhalt muss passen,
keine zivilrechtliche Gestaltung nur aus steuerrechtlichen Gründen,
der Mandant muss die Gestaltung verstehen, um entsprechend und strin­gent handeln zu können,
es darf kein Gestaltungsmissbrauch vorliegen.

Problemfeld: Sach­verhalt

Jeder Praktiker weiß, das eigentliche Problem ist der Sachverhalt. Nur wenn der Sachverhalt stimmt, kann das gewollte Ergebnis erreicht werden (nur zwei und zwei ergibt vier, nicht aber eins und zwei). Gestatten Sie uns hierzu ein paar Worte, denn auch wir werden oftmals mit Fragestellungen konfrontiert. Leider ist es so, dass wir vielfach den Sachverhalt hinterfragen müssen. Dies trifft bei Ihnen noch mehr zu, denn der Mandant sagt - menschlich verständlich - das, was zum gewollten Ergebnis führen soll. Folglich müssen vor der Be­ra­tung die Unterlagen eingesehen und der Lebenssachverhalt erarbeitet werden. Für Gestaltungen gilt grundsätzlich: Was für große Unternehmen sinn­voll sein kann, eignet sich im Regelfall nicht für mittelständische Un­ter­neh­men. Vor diesem Hintergrund machen Holdingkonstruktion und Ähn­li­ches oftmals keinen Sinn.

Zivilrecht schlägt Steuerrecht

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn zur Erreichung des Ziels zuerst eine zivilrechtliche Gestaltung notwendig ist. Hier gilt ein einfacher Grundsatz: „Das Steuerrecht ist kurzlebiger als das Zivilrecht!“ Deswegen keine zivilrechtliche Ge­stal­tung nur aus steuerrechtlichen Gründen, denn die Folgen einer zi­vil­recht­li­chen Gestaltung sind im Regelfall nicht - zumindest nicht ohne Steuer­be­las­tung - revidierbar.

Der Verständnisho­rizont des Mandan­ten ist maßgeblich

Was nützt die kühnste Gestaltung, wenn der Mandant diese nicht be­greift? Die Folge ist, der Mandant überschaut die Auswirkungen seines Han­delns nicht und löst damit Steuerlasten aus. Es gilt nämlich der Grundsatz, es muss durchgeführt werden, was vereinbart wurde. Dies gilt insb. in Ver­trags­be­ziehun­gen mit Angehörigen.

Gestaltungsmiss­brauch

Die Frage des § 42 AO wird von den Betriebsprüfern stetig auf das Schild gehoben. In Wahrheit ist dies aber ein Verunsicherungsgefecht, denn ein Gestaltungsmissbrauch liegt nicht vor, wenn es wirtschaftliche Gründe für eine Gestaltung gibt. Wobei Steuern zu sparen, auch dazu gehört1.

Rechtsverhältnis Mandat > Steuerbe­rater

Grundsätzlich ist der Steuerberater i. R. seines Auftragsverhältnisses, es liegt entweder ein Dienstvertrag nach den §§ 611 ff. BGB oder Werkvertrag nach den §§ 631 ff. BGB vor, verpflichtet, Vorgaben des Mandanten um­zu­set­zen2. Die Grenze ist die Steuerverkürzung. Hier muss der Auftrag ab­ge­lehnt werden3.  Ggf. ist das Mandat niederzulegen oder der Beratungs­ver­trag zu kündigen (§ 627 und § 648a BGB).

Trennung von schlechten Manda-ten

In einer Zeit, in welcher jeder über Überbelastung klagt und es schwierig ist, gutes Personal zu gewinnen gilt der Grundsatz: „Schlechte Mandanten gibt es genug! Aber die müssen nicht in meiner Kanzlei sein!“ Diese Mandanten kosten Zeit und Nerven, was besser auf A-Mandate zu übertragen ist.

Was tun mit dem uneinsichtigen Mandanten? Ein älterer und zwischenzeitlich verstorbener Kollege sagte einmal zum Beiratsvorsitzenden der Akademie: „Ein richtiger Steuerberater ist nur der, der einen Mandanten mit samt seinen Unterlagen rausgeschmissen hat!

Beleuchtung der Problemstellung durch Einzelfälle

Mustereinsprüche

Ein typischer Bereich sind im Internet kursierende Mustereinsprüche, denn so lange eine Rechtsfrage nicht beim BFH anhängig ist, besteht kein Anspruch auf Ruhen des Verfahrens. In vielen Fällen sind die Erfolgsaussichten sehr zweifelhaft. Hier ist die einfachste Lösung: „Gerne legen wir Einspruch ein. Dafür wird aber eine Gebühr fällig.“ Sodann beginnt bei vielen Mandanten ein Nachdenkungsprozess über die Sinnhaftigkeit.

Zivilrecht vs. Steuerrecht

Ein typischer Fall, der das Problemfeld aus zivilrechtlicher Sicht reflektierend beleuchtet war der Zuwendungs- oder Vermächtnisnießbrauch. Hier haben sich Angehörige der ehemaligen OFD Stuttgart ein „Zubrot“ in Vorträgen verdient, als zu dieser Gestaltung geraten wurde. Dieser steuerrechtliche Hype war erledigt, als der BFH dann entschieden hat: Weder der Nießbraucher noch der Nießbrauchbesteller erhält die AfA. Die Krux: Die Verträge sind nicht mehr änderbar.

ErbSt und BVerfG

Nunmehr beschäftigt die mögliche Änderung der Erbschaftsteuer die Gemüter. Im IV: Quartal 2025 oder I. Quartal 2026 wird eine Entscheidung des BVerfG erwartet. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit muss man davon aus­gehen, es wird nicht so bleiben, wie es derzeit der Fall ist. Dies gilt insb. Für die §§ 13a und 13b ErbStG. Was aber entschieden werden wird, ist spe­ku­la­tiv und Kaffeesatzleserei. Wir erwarten eine Apellentscheidung; d. h. dem Gesetzgeber wird auferlegt, zu einem bestimmten Datum einen ver­fas­sungs­kon­for­men Zustand aufgrund der Vorgaben des BVerfG her­zu­stellen. Im Übrigen gilt für die zielorientierte Beratung: „Man behält sich so viel Vermögen und Einkünfte zurück, dass man im schlimmsten Altersfall nicht auf die Hilfe der Kinder angewiesen ist!“

Ausnutzung des § 14 ErbStG

Natürlich ist es bei vermögenden Mandanten sinnvoll, rechtzeitig zur Aus­nut­zung des § 14 ErbStG Vermögen zu übertragen. Hier kommt auch eine Über­tra­gung unter Vorbehaltsnießbrauch in Betracht4. Es gilt aber zu beach­ten, die Frist des 2325 Abs. 3 BGB (Anrechnung von Vorschenkungen auf den Pflicht­teils­er­gän­zungs­anspruchs) beginnt erst mit Beendigung des Nieß­brauch­rechts.

Wohnsitzver­lagerung ins Aus­land

Eine ständige Frage im Hinblick auf die schwierige Situation in Deutschland ist die Wohnsitzverlagerung ins Ausland auch aus steuerrechtlichen Gründen. Übersehen wird dabei, eine Wohnung in Deutschland, die ein Leben im Inland ermöglicht, führt dazu, dass zwei Wohnsitze bestehen5. Auf § 2 Abs. 2 AStG und § 17 EStG wird im Übrigen verwiesen.

Verlagerung der Produktion ins Ausland

Zur Vermeidung von Entstrickungen bietet sich bei mittelständischen Un­ter­neh­men in der Praxis die Neugründung eines ausländischen Un­ter­neh­mens an. Hierzu wird auf die Dokumentationspflicht der Ver­rech­nungs­preise ver­wie­sen6. Besonders zu beachten ist die Vorlagepflicht in­ner­halb von 30 Tagen (§ 90 Abs. 3 AO).

Seminarreihe zum In­ter­na­tio­na­len Steuer­recht

Im Übrigen verweisen wir auf unsere Seminarreihe zu den Grundsätzen des internationalen Steuerrechts. Die Videoaufzeichnungen werden in nächster Zeit in unserem Onlineshop verfügbar sein unter:

www.neufang-akademie.de/Videoseminare

Video-Seminarreihe In­ter­na­tio­na­le Mit­ar­bei­ter­ent­sen­dun­gen

Außerdem verweisen wir auf unsere Seminarreihe „Internationale Mitarbeiterentsendungen“. Diese finden Sie bereits in unserem Onlineshop unter:

www.neufang-akademie.de/shop/produkte/alle/internat-mitarbeiterentsendungen

Fazit

Der Umgang mit manchen Mandanten war noch nie leicht und wird es auch in der Zukunft nicht sein. Gleichwohl gilt der althergebrachte Grundsatz: „Selbst­schutz geht vor Mandatsschutz!“

Autor:  Prof. Bernd Neufang, Steuerberater

Fußnoten anzeigen


  1.  ]AEAO zu § 42 Tz. 2.3.
  2.  ]Koslowski, StBerG. 8. Aufl., § 33 Rz. 22 ff.
  3.  ]Koslowski, StBerG. 8. Aufl., § 57 Rz. 48; Rz. 32, § 60 Rz. 9.
  4.  ]Vgl. BerP 10/2020 S. 609 ff. und BerP 7/2025 S. 396.
  5.  ]Vgl. BerP 1/2022 S. 33 ff.
  6.  ]BMF, Schreiben v. 12.12.2024 IV B 3 - S 1341/19/10017:004, BStBl2025 I S. 207.