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Stellungnahme des IDW zur Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden

Kategoriegrafik
Gesetz:
§ 255 HGB
Problemstellung:
Darstellung der wesentlichen Änderungen der Stellungnahme des IDW zur Ab­grenzung von Er­hal­tungs­auf­wand und Herstellungskosten bei Gebäuden.

Abgrenzung AHK bei Gebäuden

Anschaffungs- und Herstellungskosten sind handels- und steuerrechtlich nur über die Ab­schreibung gewinnwirksam, weshalb die Abgrenzung zu sofort ab­zugs­fähigem Erhal­tungs­auf­wand wichtig ist. Die Abgrenzung erfolgt für alle Ein­kunfts­arten (Gewinn- und Über­schuss­ein­künfte) nach § 255 Abs. 1 und 2 HGB. Neben R 6.2 bis 6.4 EStR und R 21.1 EStR nimmt die Verwaltung im BMF-Schrei­ben vom 18.7.20031 eine Ab­gren­zung zwischen Anschaffungs­kosten, Her­stel­lungs­kosten und Erhaltungs­auf­wen­dun­gen bei der Instand­set­zung und Mo­der­ni­sierung von Gebäuden vor.

Praxishinweis

Einen ausführlichen Beitrag zur Abgrenzung finden Sie in Beratungspraxis 3/2022 S. 178 ff. und Immer aktuell IV/2022 S. 235 ff.

Neue Stellungnahe des IDW

Das IDW hat am 6.11.2024 eine Neufassung der Stellungnahme zur Rech­nungs­legung „Ab­gren­zung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Ge­bäuden in der Handelsbilanz“ (IDW RS IFA 1 n. F.) veröffentlicht. Die Stel­lung­nah­me setzt sich mit den bilanziellen Auswir­kun­gen von klima­neu­tra­len Gebäude­sanie­run­gen auseinander und ist für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2025 be­ginnen, zwingend anzuwenden.

Wesentliche Neuerungen der Stellungnahme

Die wesentlichen Neuerungen betreffen2:

die Ausführungen zur Erweiterung eines Gebäudes durch bauliche Maß­nah­men (erläutert am Beispiel der Installation einer Aufdach-Photovoltaik-An­lage),
die Erweiterung bzw. Präzisierung der zentralen Bereiche der Ausstat­tung, de­ren Stan­dard­an­hebung zu einer wesentlichen Verbesserung der Ge­bäu­de­qualität führen kann und
die wesentliche Verbesserung der Gebäudequalität aufgrund einer deut­li­chen Minderung des Endenergiebedarfs oder -verbrauchs („energetische Sa­nie­rung“).
1.

Erweiterung des Gebäudes durch eine Photovoltaikanlage

Gebäudeerweiterung

Eine Erweiterung liegt vor, wenn das Gebäude durch bauliche Maßnahmen in seiner Sub­stanz vermehrt wird, also z. B. die nutzbaren Flächen vergrößert oder nach­träg­lich neue Bestandteile mit bisher nicht vorhandenen Funktionen ein­ge­baut werden. Eine Gebäude­er­weite­rung kann - unter Be­rück­sich­ti­gung der Umstände des jeweiligen Ein­zel­falls - nunmehr auch vorliegen, wenn z. B. eine Aufdach-Photo­vol­taik-Anlage installiert wird, die in einem ein­heit­lichen Nut­zungs- und Funktions­zu­sam­men­hang mit dem Gebäude steht.

Praxishinweis

Die Finanzverwaltung geht bei einer Aufdach-Photovoltaikanlage von einem selb­ständigen beweglichen Wirtschaftsgut aus und damit nicht von einem Gebäude­be­stand­teil aus. Dies gilt auch für dachintegrierte Photovoltaikanlagen (z. B. in Form von Solardachsteinen)3.

2.

Aufwendungen zur Anhebung des Gebäudestandards

Standardanhebung

Nach der Verwaltungsauffassung ist die Standardanhebung an den vier zen­tra­len Ausstattungsmerkmalen (Heizung, Sani­tär­aus­stattung, Elektroin­stal­la­tion und Fenster) zu be­stim­men. Eine Stan­dard­he­bung liegt vor, wenn im Ver­gleich zum ursprünglichen Zustand mindestens drei der vier wert­bil­den­den Fak­toren deutlich verbessert werden4. Werden die Maß­nah­men bautech­ni­sch im Zu­sam­men­hang mit einer Erweite­rung des Ge­bäudes durchgeführt, so reicht es für eine Wohn­standarder­hö­hung aus, wenn zwei der vier stand­ard­bil­den­den Faktoren verbessert wer­den5.

Ursprünglicher Zustand

Um zu bestimmen, ob eine Standarder­höhung vorliegt, ist zunächst der Zu­stand des Gebäudes im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Steuer­pflich­tigen oder seinen Rechts­vor­gänger beim unentgeltlichen Er­werb fest­zuhalten. Ausgehend von diesem Zustand ist bei den zen­tra­len Ausstattungsmerkmalen zu prüfen, ob die Bau­maß­nahme zu einem sog. Standardsprung führt. Eine ausführliche Dar­stel­lung finden Sie in den oben verlinkten Beiträgen aus unseren Ar­beits­ge­meinschaften.

Nach Auffassung des IDW müssen die zentralen Ausstattungsbereiche umfassender wie bisher gefasst werden. Hierunter fallen:

Maßnahmen zur Wärme- und Energieerzeugung, -versorgung, -speiche­rung,
Sanitärausstattung,
Elektroinstallation/Informationstechnik (einschließlich Gebäudeautomation),
Fenster und
Wärmedämmung.
3.

Energetische Sanierung und Verbesserung der Gebäudequalität

Energetische Sanierung

Maßnahmen einer energetischen Sanierung, die zu einer deutlichen Minde­rung des End­energie­be­darfs oder -ver­brauchs führen, stellen auch eine we­sent­liche quali­tative Verbesserung des Ge­bäudes dar. Dies ist dann der Fall, wenn der End­energie­be­darf oder -ver­brauch um mindestens 30% gegenüber dem ur­sprüng­li­chen Zustand gesenkt wird. Dies ent­spricht bei Wohn­ge­bäuden einer Ver­be­sserung der Energie­effizienz­klas­se des Gebäudes um mindestens zwei Stufen.

4.

Steuerrechtliche Auswirkungen

Steuerlich ist zu beachten, dass das BMF-Schreiben zur Abgrenzung aus dem Jahr 20036 stammt. Deshalb hat das BMF den Verbänden den Entwurf eines ak­tualisierten Schrei­bens zur Abgrenzung von Er­hal­tungs­auf­wen­dun­gen, An­schaf­fungs­kosten und (anschaffungsnahen) Herstellungskosten über­sandt. Bis zum 11.7.2025 hatten die Verbände die Möglichkeit, dazu Stel­lung zu neh­men. Bislang äußert sich die Ver­wal­tung nicht dazu, welche steuerlichen Aus­wir­kungen durch die Ver­laut­ba­rung des IDW vom 6.11.2024 eintreten.

Praxishinweis

Nach der endgültigen Veröffentlichung des BMF-Schreibens werden wir Sie um­fas­send in unseren Arbeitsgemeinschaften „Beratungspraxis“ und „Immer aktuell“ informieren.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BMF, Schreiben v. 18.7.2003 IV C 3 - S 2211-94/03, BStBl 2003 I S. 386.
  2.  ]Quelle: www.idw.de/idw/idw-aktuell/neufassung-von-idw-rs-ifa-1-zur-abgrenzung-von-erhaltungsauf­wand-und-herstellungskosten-bei-gebaeuden-verabschiedet.html (Stand: 30.7.2025).
  3.  ]R 4.2 Abs. 3 Satz 4 EStR.
  4.  ]BFH, Urteile v. 12.9.2001 IX R 39/97 BStBl 2003 II S. 569; v. 20.8.2002 IX R 61/99, BFH/NV 2003 S. 148; BMF, Schreiben v. 18.7.2003 IV C 3 - S 2211-94/03, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 10.
  5.  ]BMF, Schreiben v. 18.7.2003 IV C 3 - S 2211-94/03, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 28 Satz 3 i. V. mit Rz. 10, 14.
  6.  ]BMF, Schreiben v. 18.7.2003 IV C 3 - S 2211-94/03, BStBl 2003 I S. 386.