- Gericht / Az:
- FG Münster, Urteil vom 2.9.2024, 15 K 698/22 E
- Fundstelle:
- juris
- Gesetz:
- § 9 Abs. 4 EStG
- Streitfrage:
-
Führt eine sog. Kettenabordnung zur Begründung einer ersten Tätigkeitsstätte?
Urteilsfall
Im Urteilsfall wurde ein Beamter für vier Jahre befristet an eine Ausbildungsstätte versetzt. Anschließend erfolgte nochmals eine Verlängerung um zwei Jahre. Nach dem Ende der Tätigkeit sollte eine Versetzung an eine andere Behörde erfolgen.
Dauerhafte Zuordnung ist Voraussetzung
Eine erste Tätigkeitsstätte setzt voraus, dass der Arbeitnehmer einer Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG). Von einer dauerhaften Zuordnung ist nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Für die Beurteilung, ob eine dauerhafte Zuordnung vorliegt, ist eine auf die Zukunft gerichtete, prognostische Beurteilung (sog. ex-ante-Betrachtung) maßgeblich (Prognose)1.
Im Urteilsfall war die Zuordnung zeitlich befristet
Nach Ansicht des FG erfolgte im Urteilsfall keine dauerhafte Zuordnung zur Ausbildungsstätte, weil die Versetzungen zeitlich befristet waren. Auch die zeitlichen Kriterien des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG sind nicht erfüllt, weil diese zeitlichen Voraussetzungen ebenfalls dauerhaft vorliegen müssen. Diese Beurteilung ist - wie auch bei § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG - aus ex-ante-Perspektive und nicht aus ex-post-Sicht vorzunehmen. Damit hatte der Beamte im Urteilsfall keine erste Tätigkeitsstätte.
Praxishinweise
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- [ ↑ ]BFH, Urteil v. 4.4.2019 VI R 27/17, BStBl 2019 II S. 536; BMF, Schreiben v. 25.11.2020 IV C 5 - S 2353/19/10011:006, BStBl 2020 I S. 1228, Rz. 14.