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Kommerzialisierbarer Teil des Namensrechts bei Influencern regelmäßig nicht vorhanden

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Gericht / Az:
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2023 5 K 2508/22 (rechtskräftig)
Fundstelle:
EFG 2024 S. 1414
Gesetz:
§ 7 EStG
Streitfrage:
Ist der kommerzialisierbare Teil eines Namensrechts bei Influencern einlagefähig?

BFH in 2019: Namensrecht kann kommerzialisierbar, einlegbar und abschreibbar sein

In einem bemerkenswert stringenten und äußerst kurzen Urteil rückt das FG Baden-Württemberg ein u. E. in der Gestaltungsberatung häufig überinter­pretiertes BFH-Urteil1 ins rechte Licht. Um die aktuelle Entscheidung des FG Baden-Württemberg einordnen zu können, muss zunächst ein Rückblick auf die BFH-Entscheidung aus dem Jahr 20192 geworfen werden. In seinem damaligen Urteil musste der BFH einen Sachverhalt beurteilen, in dem eine Steuerpflichtige zunächst während ihrer nichtselbständigen Tätigkeit Einkünfte aus einem Lizenzvertrag über ihren Namen erhielt. Ihr Arbeitgeber gewährte der Steuerpflichtigen eine Vergütung für das Recht, Produkte mit dem Namen der Arbeitnehmerin versehen zu dürfen. Nach Aufgabe der nichtselbständigen Tätigkeit wurde der Lizenzvertrag zunächst fortgesetzt, dann aufgehoben und die eingetragenen Marken auf die Steuerpflichtige unentgeltlich übertragen. Zeitgleich erfolgte durch einen Markenkauf- und Übertragungs­vertrag eine Überlassung und die Gewährung des ausschließlichen Nutzungs­rechts am eigenen Namen an ein anderes Unternehmen. Ein solches „kommer­zialisierbares Nutzungsrecht am eigenen Namen“ stellt nach Auffassung des BFH ein einlagefähiges Wirtschaftsgut dar, welches nach seiner Einlage abschreibungsfähig ist.

Gestaltungspraxis der letzten Jahre

Ausgehend von dieser Entscheidung nahm die kreative Gestaltungs­beratung ihren Lauf. Gerade in der Branche der sog. Influencer wurde propagiert, dass diese zu Beginn ihrer gewerblichen Tätigkeit ihr „kommerzialisierbares Nutzungsrecht am eigenen Namen“ in ihren Betrieb einlegen und abschreiben sollten, um sodann die Steuerlast zu reduzieren3. Berechnungsmöglichkeiten zur möglichst hohen Bewertung - und damit möglichst hohen Abschreibung - des „kommerzialisierbaren Nutzungsrechts am eigenen Namen“ wurden veröffentlicht4. Bei einer Vielzahl dieser Gestaltungen wurde dabei - bewusst oder unbewusst - ignoriert, dass ein normales Persönlichkeitsrecht eben kein „kommerzialisierbares Nutzungsrechts am eigenen Namen“ darstellt. Selbst die Finanzverwaltung erkannte in ihren Stellungnahmen diese Unterscheidung nur teilweise an5 und konzentrierte sich vielmehr darauf, dass beim Wegzug ins Ausland dieses Namensrecht auch zu einstricken sei (z. B. über § 16 Abs. 3a EStG bei Betriebsverlegung ins Ausland).

FG Baden-Württemberg stellt Unterschied zwischen kommerzialisierbarem Nutzungsrecht und Persönlichkeitsrecht klar

Es ist zu begrüßen, dass das FG Baden-Württemberg in seinem rechtskräftigen Urteil nun Folgendes herausstellt: Bei dem vom BFH entschiedenen Fall war bereits bei Begründung der gewerblichen Tätigkeit ein kommerzialisiertes Namensrecht entstanden, das als immaterielles Wirtschaftsgut einlagefähig war; der Arbeitgeber zahlte für das Namensrecht bereits vor Begründung der gewerblichen Tätigkeit eine Lizenzgebühr für die Verwertung des Namens. Bei einem typischen Influencer-Fall wie im Besprechungsurteil6, bei dem Einnahmen durch die bloße Bekanntheit und die Follower-Anzahl durch z. B. Werbekooperationen generiert werden, ist ein solches „kommerzialisierbares Nutzungsrecht am eigenen Namen“ regelmäßig nicht vorhanden. Wenn überhaupt, entsteht dieses frühestens i. R. der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit als Influencer; sodann scheidet für dieses selbst geschaffene Wirtschaftsgut eine Bilanzierung - und damit eine Abschreibung - nach § 5 Abs. 2 EStG aus. Der Grund hierfür ist simpel: Für einen fremden Dritten wäre ein bloßes typisches Influencerprofil jedenfalls vor Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit und dem Abschluss entsprechender Verträge wertlos, weil für die Follower die Person des eigentlichen Influencers maßgeblich ist. Ohne Beiträge des Influencers würden die Follower sich unverzüglich verflüchtigen und zu anderen Kanälen abwandern. Das bloße Influencerprofil zusammen mit den Followern (ohne Lizenzverträge o. ä.) stellt folglich noch kein (selbständiges) Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne dar. Weimann fasst dies in seiner Urteilskommentierung sehr treffend wie folgt zusammen7: „Es besteht - auch steuerlich - ein Unterschied, ob der Influencer lediglich ein Produkt bewirbt oder ob der Name des Influencers zur Bewerbung eines Produkts genutzt wird. Eine Verwertung des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts liegt nur in dem letztgenannten Fall vor.“

Praxishinweis

Sollte der Influencer seinen Betrieb ins Ausland verlegen, ist dennoch zu prüfen, ob zu diesem Zeitpunkt ein „kommerzialisierbarer Teil des Namensrechts“ vorliegt, der sodann zu versteuern wäre (§ 16 Abs. 3a EStG). Ein solcher liegt vor, wenn am Markt für die Verwendung des Namens eine Vergütung erzielbar wäre. Bei einer entsprechenden Bekanntheit sollte dies u. E. der Fall sein. Als Abwehrberatung kann das hier besprochene FG Urteil verwendet werden. In Urteilsfall hatte die Influencerin rund 200.000 Follower und rund 100.000 € Jahresumsatz. Bei einem solchen Social-Media-Auftritt war das Namensrecht nach Ansicht des FG noch nicht kommerzialisierbar. Bei größerer Bekanntheit ist jedoch insoweit Vorsicht geboten.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 12.6.2019 X R 20/17, BStBl 2020 II S. 3.
  2.  ]Vgl. auch BerP 12/2019 S. 760.
  3.  ]Beispielhaft Sixt, StuB 2023 S. 80.
  4.  ]Beispielhaft https://www.juhn.com/fachwissen/start-ups-online-business-e-commerce/bewertung-persoenlichkeitsrechte-influencer/ (Stand: 27.8.2024).
  5.  ]FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinformation v. 2.7.2024 VI 3010-S 2240-190, DStR 2024 S. 1816, Tz. 2.2.3.
  6.  ]Die Klägerin erzielte bei rund 200.000 Follower Umsätze von unter 100.000 € p. a., begehrte aber dennoch eine Einlage für ein kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts i. H. von rund 1,5 Mio. €.
  7.  ]Weimann, EFG 2024 S. 1416, Tz. V.