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Gutscheine und Geldkarten als Sachbezüge

Kategoriegrafik
Verwaltungs-
anweisung:
BMF, Schreiben vom 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007
Fundstelle:
BStBl 2021 I S. 624
Gesetz:
§ 8 Abs. 1 und 2 EStG

Sachbezugsfrei-grenze von 44 € (ab 2022: 50 €)

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern einmal im Monat steuerfrei einen Sachbezug von maximal 44 € (ab 2022: 50 €) gewähren. In der Praxis erfolgt die Gewährung häufig in Form von Gutscheinen und Geldkarten, weil diese Modelle einfach umzusetzen sind.

Veränderte Voraus-setzungen

Der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung haben die Voraussetzungen da­für, dass Gutscheine und Geldkarten als Sachbezug eingestuft werden, verän­dert. Diese Voraussetzungen sind ab 1.1.2022 zwingend einzuhalten. Aus die­sem Grund müssen die bisherigen Modelle überprüft wer­den, ob sie ab dem 1.1.2022 weiter die Voraussetzungen für Sachbezüge erfüllen.

Praxishinweis

Nachfolgend geben wir einen kurzen Überblick über das neue BMF-Schrei­ben1. Eine ausführliche Darstellung des gesamten Beitrags finden Sie in Be­ra­tungs­praxis 8/2021 und Immer aktuell IV/2021. Die Videos zu beiden Ar­beitsgemeinschaften sind bereits über Neufang Online verfügbar. Falls Sie nicht in einer dieser Arbeitsgemeinschaften Kunde sind, können Sie eine Videoaufzeichnung inkl. Skript und Mandanteninformation über unsere Home­page erwerben.  

Überblick zu den neuen Regelungen

„Gutscheine“ und „Geldkarten“

Zu als Sachbezug in Betracht kommenden „Gutscheinen“ und „Geldkarten“ zählt die Finanz­ver­waltung auch2

entsprechende Gutscheinkarten,
digitale Gutscheine,
Gutscheincodes oder
Gutscheinapplikationen/-Apps sowie
Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten.

Voraussetzungen Sachbezug

Voraussetzung für die Anerkennung als Sachbezug ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten

ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Ar­beit­ge­ber oder bei einem Dritten berechtigen und
zudem ab dem 1.1.2022 die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen.

Gutscheine und Geldkarten als Sachbezüge

Hinsichtlich der als Sachbezug einzustufenden Gutscheine und Geldkarten, die einerseits ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen dürfen und andererseits - spätestens ab 1.1.2022 - die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen müs­sen, bildet das BMF drei alternative Fallgruppen, so dass sich dazu ins­ge­samt fol­gendes Schaubild ergibt:

Fallgruppe 1: Begrenzte Zahl der Akzeptanzstellen

Begrenzte Zahl der Akzeptanzstellen

Dazu gehören3

Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die ausschließlich zum Einkauf beim Aussteller des Gutscheins oder der Geld­karte berechtigen; der Sitz des Ausstellers sowie dessen Pro­dukt­palette sind insoweit nicht auf das Inland beschränkt;
Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die auf­grund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzep­tanz­stellen nur bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zum Einkauf berechtigen.

Als begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen gelten dabei städtische oder re­gio­nale Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde im Inland und aus Ver­ein­fa­chungs­gründen auch von einer bestimmten Ladenkette (einem be­stimmten Aus­stel­ler) ausgegebene Kundenkarten zum Bezug von Waren oder Dienst­leistun­gen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Inter­netshop dieser La­den­ket­te mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z. B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Kon­zern­ver­bund, über Agenturen oder Franchise­nehmer) ist dabei un­er­heb­lich.

Beispiele zu Fallgruppe 1:

Wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel;
Shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte;
Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Be­zug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle;
von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) aus­gegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienst­leistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo);
ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z. B. Tankgutschein oder Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z. B. Tank­stelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (z. B. Rah­men­vertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen;
Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienst­leistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind;
Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages;
„City-Cards“, Stadtgutscheine.

Praxishinweis

Innerhalb der Fallgruppe 1 sind u. E. auch die bei vielen Arbeitgebern recht be­liebten Gutscheine von Amazon, Otto oder dm sowie die ebenfalls weit ver­brei­teten Kartenmodelle von Edenred, Sodexo, Givve, Spendit und an­de­ren Anbietern zu diskutieren. Aus jetziger Sicht gehen wir davon aus, dass die meisten dieser Gutscheine und Geldkarten wohl noch bis 31.12.2021 als Sach­bezug behandelt werden können. Ob die jeweiligen An­bieter aber auch dafür sorgen werden (ggf. durch Anpassung der ent­spre­chen­den Nut­zungs­be­din­gun­gen), dass ihre Gutscheine oder Geld­karten die ab 1.1.2022 zur An­er­kennung als Sachbezug zwingend not­wen­digen Kri­te­rien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen, ist derzeit noch offen und sollte in jedem Ein­zel­fall geprüft werden!

Fallgruppe 2: Begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum

Begrenztes Waren- oder Dienst­leis­tungs­spek­trum

Dazu gehören Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Be­trags­angabe, die nur aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienst­leis­tungs­palette zum Einkauf berechtigen; auf die Anzahl der Ak­zep­tanz­stellen und den Bezug im Inland kommt es deshalb hier nicht an4.

Beispiele zu Fallgruppe 2:

Gutscheine oder Geldkarten begrenzt auf

den Personennah- und Fernverkehr (z. B. für Fahrberechtigungen, Zug­restau­rant, Park & Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobili­täts­dienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern);
Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“);
Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen);
Streamingdienste für Film und Musik;
Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads;
Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads;
die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten);
Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen).

Praxishinweis

Mit der Fallgruppe 2 eröffnet das BMF aus unserer Sicht sowohl für Ar­beit­geber als mögliche Abnehmer wie auch für die jeweiligen Anbieter von Gut­scheinen und Geldkarten eine gute Möglichkeit, die ab 1.1.2022 zur An­er­ken­nung als Sachbezug zwingend notwendigen Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG zu erfüllen. Denn die in den vorgenannten Beispielen enthaltenen Gut­scheine und Geld­karten stellen trotz der Begrenzung des Waren- oder Dienst­leistungs­spektrums ein attraktives Benefit für den Mitarbeiter dar, sind aber auf­grund dessen recht einfach zu beurteilen, weil die Anzahl der Ak­zep­tanz­stel­len und der Bezug im Inland keine Rolle spielen. Daher gehen wir davon aus, dass diese Form spätestens ab 2022 in der Vergütungspraxis deutlich häufiger anzutreffen sein wird als bisher.

Fallgruppe 3: Begrenzung auf das Inland und für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke

Begrenzung auf das Inland und für be-stimmte soziale oder steuerliche Zwecke

Dazu gehören Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Be­trags­an­gabe, die aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aus­steller/Emittent und Akzeptanzstellen zum Einkauf von Waren oder Dienst­leistungen nur für be­stimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland be­rechti­gen (Zweck­karte); auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es deshalb hier nicht an5.

Als begünstigter steuerlicher Zweck gilt dabei nicht die Inanspruchnahme der 44 €-Freigrenze oder der Regelung zu den Aufmerksamkeiten i. S. der R 19.6 LStR, und auch nicht der Pauschalierung nach § 37b EStG.

Beispiele zu Fallgruppe 3:

Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essens­gut­scheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahl­zeiten (sog. digitale Essensmarken);
Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen;
Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG).

Praxishinweis

Mit der Fallgruppe 3 werden unserer Einschätzung nach zwar zutreffend Sach­bezüge beschrieben, die auch die ab 1.1.2022 zur Anerkennung als Sach­bezug zwingend notwendigen Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG er­fül­len. Allerdings spielen die in den vorgenannten Beispielen enthaltenen Gut­scheine und Geld­karten hinsichtlich der Anwendung der 44 €-Freigrenze in der Praxis keine Rolle, weil für sie zumeist andere steuerliche Ver­güns­ti­gun­gen zur Anwendung kommen (für Essensgutscheine und Res­tau­rant­schecks beispielsweise die Bewertung mit dem amtlichen Sach­be­zugs­wert und ggf. die Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25 %). Daher gehen wir da­von aus, dass sich dies auch ab 2022 nicht ändern wird.

Gebühren und Serviceentgelte

Gebühren und Ser-viceentgelte kein Sachbezug

Die Zahlung von Gebühren oder Serviceentgelten für Gutscheine oder Geld­karten durch den Arbeitgeber stellt nach Ansicht der Finanzverwaltung wei­ter­hin keinen geldwerten Vorteil dar. Bei den vom Arbeitgeber getragenen Ge­büh­ren für die Bereitstellung (z. B. Setup-Gebühr) oder Aufladung von Gut­schei­nen und Geldkarten handelt es sich um eine notwendige Be­gleit­er­schei­nung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers und damit nicht um Ar­beits­lohn des Arbeitnehmers6.

Zufluss

Zufluss bei Gut-scheinen und Geld-karten eines Dritten

Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt bei einem Gutschein oder einer Geld­karte, die bei einem Dritten einzulösen ist, wie bisher auch im Zeitpunkt der Hin­ga­be und bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Gut­ha­bens, weil der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch ge­gen­über dem Dritten erhält7.

Zusätzlichkeitserfordernis

Durch die Ergänzung des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG ab 1.1.2020 fallen Gut­scheine und Geldkarten nur noch dann unter die 44 €-Freigrenze, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i. S. des § 8 Abs. 4 EStG8 gewährt werden. Der steuerliche Vorteil ist somit insbeson­de­re für Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen. Diese Neuregelung wurde ohne besondere zeitliche Anwendungsregel eingeführt und gilt daher bereits seit 1.1.2020 übergangslos auch für bestehende Gutschein- oder Kartenmo­del­le9.

Erhöhung der Freigrenze ab 1.1.2022 auf 50 €

Ab 1.1.2022: 50 €-Freigrenze

Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde die Erhöhung der Freigrenze von 44 € auf 50 € ab 1.1.2022 beschlossen10. In Zukunft wird daher (wieder) von der „50 €-Freigrenze“ zu sprechen sein.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624.
  2.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 3.
  3.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 9-11.
  4.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 12-13.
  5.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 14-16.
  6.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 3 (a. E.); ebenso bereits OFD Frankfurt a. M., Verfügung v. 26.10.2018 S 2334 A-097-St 232 (n. v.).
  7.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 34.
  8.  ]Vgl. dazu auch BMF, Schreiben v. 5.2.2020 IV C 5 - S 2334/19/10017 :002, BStBl 2020 I S. 222.
  9.  ]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 IV C 5 - S 2334/19/10007, BStBl 2021 I S. 624, Rz. 4.
  10.  ]Jahressteuergesetz 2020 v. 21.12.2020, BGBl 2020 I S. 3096.