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Vorrang des örtlichen Miet­spiegels zur Er­mitt­lung der orts­üblichen Marktmiete i. S. des § 21 Abs. 2 EStG

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 22.2.2021 IX R 7/20
Fundstelle:
BFH/NV 2021 S. 856
Gesetz:
§ 21 Abs. 2 EStG
Streitfrage:
Ist die ortsübliche Miete vorrangig aus dem Mietspiegel abzuleiten?

Vereinbarte Miete im Vergleich zur orts­üblichen Miete

Bei der verbilligten Überlassung von Wohnungen ist zur Ermittlung des Wer­bungs­kosten­abzugs zu prüfen, ob die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Es gelten folgende Grundsätze1:

Miete für eine Woh­nung mit ver­gleich­barer Art, Lage und Ausstattung

Zur Bestimmung der ortsüblichen Miete ist eine Marktmiete für eine Wohnung ver­gleichbarer Art, Lage und Ausstattung heranzuziehen. Sie umfasst die Kalt­miete und die umlagefähigen Nebenkosten2 nach der Betriebs­kosten­ver­ord­nung.

Mietspiegel ist vor­rangig

Nach Ansicht des BFH ist die ortsübliche Marktmiete grundsätzlich auf der Basis des Mietspiegels zu bestimmen und damit ist der Mietspiegel vorrangig.

Weitere Methoden, die grundsätzlich gleichrangig sind

Liegt ein Mietspiegel nicht vor, was z. B. in kleineren Gemeinden der Fall sein kann oder ist der Mietspiegel fehlerhaft, kann die ortsübliche Marktmiete z. B.

mit Hilfe eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sach­ver­stän­di­gen,
durch die Auskunft aus einer Miet­daten­bank oder
unter Zugrundele­gung der Entgelte für zumindest drei vergleichbare Woh­nung­en

ermittelt werden.

Diese drei Möglichkeiten sind gegenüber dem Mietspiegel nachrangig, aber un­ter­ein­ander ist jeder dieser Ermittlungswege grundsätzlich gleich­rangig.

Praxishinweise

Es ist darauf zu achten, dass der Mandant zu mehr als 66 % ver­mietet. Weil die ortsübliche Miete häufig schwer zu bestimmen ist (abhängig von der konkreten Ausstattung des Hauses), sollte dem Mandanten ein Miet­zins empfohlen werden, der nicht genau 66 % der ortsüblichen Miete ent­spricht. Ein „Sicherheitspuffer“ ist u. E. zu empfehlen.
Wird eine möblierte oder teilmöblierte Wohnung überlassen, ist die Über­las­sung mit einem gesteigerten Nutzungswert verbunden. Deshalb ist ein am Markt realisierbarer Möblierungszu­schlag zu berücksich­ti­gen, soweit sich auf dem örtlichen Mietmarkt hierfür ein Zu­schlag ermitteln lässt3.
Die Regelungen in § 21 Abs. 2 EStG finden keine Anwendung, wenn eine Woh­nung oder andere Räume zu anderen Zwecken als Wohn­zwecken, z. B. ge­werblichen Zwecken vermietet werden. Bei einer verbilligten Ver­mie­tung zu Nicht­wohn­zwecken ist in jedem Fall ein Werbungskostenabzug nur im Verhält­nis der vereinbarten Miete zur orts­üblichen Miete zulässig4.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]Vgl. BerP 3/2021 S. 167.
  2.  ]BFH, Urteil v. 10.5.2016 IX R 44/15, BStBl 2016 II S. 835; R 21.3 Satz 2 EStR; H 21.3 EStH „Orts­übliche Marktmiete“.
  3.  ]BFH, Urteil v. 6.2.2018 IX R 14/17, BStBl 2018 II S. 522.
  4.  ]BFH, Urteil v. 28.1.1997 IX R 88/94, BStBl 1997 II S. 605; OFD Rheinland, Verfügung v. 18.12.2009.