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Aktueller Stand zur Grundsteuer in Baden-Württemberg

Kategoriegrafik
Fundstelle:
https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-16/landesgrundsteuergesetz/
Gesetz:
Gesetzentwurf des Landesgrundsteuergesetzes Baden-Württemberg vom 31.8.2020 (LGrStG)
Streitfrage:
Welche Planungen bestehen aktuell bezüglich der Grund­steuer­re­form in Baden-Württemberg?

Reform der Grundsteuer

Am 10.4.2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das Bewertungssystem der bisherigen Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt1, da die Einheitswerte auf Wertbasis 1.1.1964 nicht als verfassungskonforme Basis der Grundsteuer angesehen wurde. Bis Ende 2019 musste der Gesetzgeber eine Regelung treffen, wie Grundstücke künftig zu bewerten sind. Für die Umsetzung verbleibt sodann eine Frist bis Ende 2024. Ab 1.1.2025 muss die reformierte Grund­steuer angewandt werden.

Regelung auf Bundesebene

Ende 2019 wurde auf Bundesebene ein Grundsteuerreformgesetz2 ver­ab­schiedet, welches neue Grundstückswerte mit Wirkung zum 1.1.2022 regelt. Bei dem komplexen Bundesmodell fließen in die Berechnung der Grund­steuer diverse Faktoren (z. B. Bodenrichtwert, die Grundstücksfläche, Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche, das Gebäudealter) mit ein. Diese Bewertung muss alle sieben Jahre wiederholt werden. Das Grund­steuer­re­form­gesetz gibt den Ländern jedoch mit einer Öffnungsklausel die Möglichkeit, vom Bun­des­gesetz abzuweichen und eigene Grundsteuermodelle zu ent­wickeln und umzusetzen. Es bestehen Zweifel, ob mit dem nach dem 31.12.2019 ergangenen Landesgesetz die Vorgaben des BVerfG erfüllt sind3.

Was macht welches Bundesland?

Berlin und Schleswig-Holstein werden dem Vernehmen nach das Bundes­modell anwenden. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Nie­der­sachsen und Sachsen werden von der Öffnungsklausel Gebrauch machen. Bei den übrigen Bundesländern ist die Entscheidung noch nicht gefallen.

Was macht Baden-Württemberg: Reines Flächen­modell

Für die ungefähr 5,6 Millionen Grundstückseinheiten4 in Baden-Württemberg steht damit eine Neubewertung an. Das angewendete Modell soll ein reines Bodenwertmodell werden, wie sich aus dem Gesetzentwurf der Lan­des­re­gie­rung ergibt. Es basiert im Wesentlichen auf zwei Kriterien: Der Grund­stücks­fläche und dem Bodenrichtwert.

Praxishinweise

Der Zustand der Bebauung ist damit - zunächst - unerheblich, spiegelt sich aber in der u. g. Messzahl wieder.

Bebauung ist letztlich doch entscheidend

Die Ermittlung über ein Bodenwertmodell ist pragmatisch und aus prak­tischer Sicht zu begrüßen.

Berechnung der neuen Grundstreuer

Die Grundstücksbewertung erfolgt dann in folgenden Schritten:

Multiplikation von Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert (§ 196 Bau­gesetzbuch) = Grundsteuerwert (§ 24 Abs. 3, § 38 LGrStG). Bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken wird ein Ertragswert (§ 24 Abs. 2, §§ 26-36 LGrStG) angesetzt.

Dieser Grundsteuerwert wird mit einer Messzahl multipliziert.
Die Gemeinden legen sodann individuelle Hebesätze fest, die auf das Er­gebnis nach Schritt b angewendet werden.

Die erste Hauptfeststellung für die Grundsteuerwerte wird auf den 1.1.2022, für die Hauptveranlagung auf den 1.1.2025 durchgeführt (§ 15 Abs. 3 LGrStG). Alle sieben Jahre erfolgt eine Neubewertung (§ 15 Abs. 1 LGrStG).

Höhe der künftigen Steuermesszahlen

Als Steuermesszahlen (Schritt b; § 40 LGrStG) sind vorgesehen:

Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft: 0,55 ‰

Für Grundstücke: 1,30 ‰: Hierunter fallen unbebaute Grundstücke und Geschäftsgrundstücke.

Für bebaute Wohngrundstücke (Wohnnutzung über 50 %): 0,91 ‰
Für diverse Einzelfälle sehen § 40 Abs. 4 und Abs. 5 LGrStG weitere Ermäßigungen für die Messzahl vor.

Praxishinweis

Aufkommens-neutral?

Die Messzahlen sind erheblich niedriger als bisher. Da die Einheitswerte aber mutmaßlich deutlich steigen werden, ist dies nur konsequent, denn lt. der offiziellen Sprachregelung soll die Grundsteuerform aufkommensneutral erfolgen. Ob dies erreicht wird, ist nicht ohne Zweifel.

Keine Grundsteuer C

Die Gemeinden legen die Hebesätze fest (§ 50 LGrStG). Hierfür sind eine Grundsteuer A für Land- und Forstwirtschaft und eine Grund­steuer B für übrige Fälle vorgesehen. Eine Grundsteuer C für unbebaute, aber baureife Grund­stücke, wird nicht umgesetzt. Nach offizieller Begründung deshalb, weil unbebaute Grundstücke durch die höhere Mess­zahl (1,30 ‰ zu 0,91 ‰) ohnehin schon erhöht besteuert werden.

Beispielsachverhalt

Sachverhalt

Auf einem Grundstück mit einer Größe von 360 qm ist eine Doppelhaushälfte zu Wohnzwecken errichtet worden. Das Finanzamt hat zutreffend einen Ein­heits­wert auf Wertbasis 1.1.1964 von 82.700 DM / 42.283,84 € und folglich einen Messbetrag von 113,48 € berechnet. Die Gemeinde erhebt hierauf einen Hebesatz von 320 %.

Lt. Gutachterausschuss der Gemeinde beträgt der Bodenrichtwert 280 € je qm.

Stellungnahme

Aktuell ergibt sich mit den obigen Werten eine Grundsteuer von 363,14 € jährlich.

Mit der Neubewertung (damit ab 1.1.2025) ergibt sich - bei unverändertem Hebesatz - folgende Grundsteuer:

Grundsteuerwert = 360 qm x 280 €/qm = 100.800 €
Maßgebende Messzahl ist 0,91 ‰, womit sich ein Messbetrag von 91,73 € ergibt.
Bleibt der Hebesatz unverändert bei 320 %, beträgt die Grundsteuer neu 293,54 € jährlich. Die Grundsteuer sinkt damit um 69,60 € bzw. 19,2 %.

Sachverhalts-Erweiterung

Das Nachbargrundstück mit identischer Größe ist gegenwärtig noch unbebaut. Bei einem bisherigen Einheitswert von 75.000 DM / 38.346,89 € ergibt sich verkürzt eine aktuelle Grundsteuer von 38.346,89 € x 2,60 ‰ (Messzahl bis zu diesem Betrag) x 320 % = 319,05 € jährlich.

Stellungnahme der Erweiterung

Mit der Neubewertung (damit ab 1.1.2025) ergibt sich - bei unverändertem Hebesatz - folgende Grundsteuer:

Grundsteuerwert = 360 qm x 280 €/qm = 100.800 €
Maßgebende Messzahl ist 1,30 ‰, womit sich ein Messbetrag von 131,04 € ergibt .
Bleibt der Hebesatz unverändert bei 320 %, beträgt die Grundsteuer neu 419,33 € jährlich, damit 100,28 € bzw. 31,4 % mehr.

Praxishinweis

Das angedachte Modell ist praktisch gut umsetzbar. Die Werte führen zu ähnlichen Ergebnissen im Vergleich zur aktuellen Grundsteuer. Fraglich ist nun nur, wie die Gemeinden ihre Hebesätze anpassen. Gerade bei großen Grundstücken mit niedrigeren Bodenrichtwerten (ländlicher Raum) besteht die Möglichkeit, dass ohne Anpassung der Hebesätze die Grundsteuer sogar sinkt. In Ballungsgebieten werden sie jedoch aufgrund der Entwicklung der Bodenpreise steigen.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BVerfG, Urteil v. 10.4.2018 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BFH/NV 2018 S. 703; Newsletter der Neufang Akademie v. 13.4.2018.
  2.  ]Grundsteuerreformgesetz v. 26.11.2019, BGBl 2019 I S. 1794.
  3.  ]B. Neufang, BB 2019 S. 3035.
  4.  ]https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/land-bringt-grundsteuergesetz-auf-den-weg/ (Stand: 19.10.2020).