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Handlungsbedarf bis zum Jahresende: Fällt die Zuordnungsentscheidung bis 31.5./31.7. in der Um­satzsteuer?

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
EuGH, Urteil vom 25.7.2018 C-140/17 (Gmina Ryjewo)
Fundstelle:
DStRE 2019 S. 379
Gesetz:
§ 15 UStG
Streitfrage:
Bis wann muss die Zuordnungsentscheidung zum Un­ter­neh­mens­ver­mögenfür gemischt genutzte Liefergegenstände getroffen wer­den?

Wir möchten Sie zum Jahresende nochmals auf ein wichtiges um­satz­steuer­liches Problem hinsichtlich der Zuordnung von ge­mischt ge­nutzten Lie­fer­ge­gen­ständen zum Un­ter­neh­mens­ver­mögen hinweisen.

Zuordnungsfrist in der USt: 31.5./31.7.

Hintergrund: Die Finanzverwaltung geht bislang davon aus, dass ein gemischt genutzter Liefergegenstand zum 31.7. des Folgejahres (bis 2018: bis 31.5. des Folgejahres) durch ausdrückliche oder konkludente1 Aussage dem Un­ter­nehmensvermögen zuzuordnen ist2.

Gibt es keine Beweisanzeichen für eine (rechtzeitige) Zuordnung zum Un­ter­neh­men, kann diese nach bisheriger Auffassung nicht unterstellt werden3.

Neues durch EuGH

Wir haben Sie bereits im Rahmen von Beratungspraxis 4/2019 S. 226 bzw. Immer aktuell III/2019 S. 160 darauf hingeweisen, dass u. E. diese Auffassung nicht (weder die Unterstellung der Nichtzuordnung bei Nichtaussage noch die Ausschlussfrist 31.5./31.7.) mit den Aussagen im EuGH-Urteil „Gmina Ryjewo“4 vereinbar ist. Der BFH wird sich hierzu wohl spätestens in den beiden anhängigen Verfahren Az. XI R 3/19 und Az. XI R 7/19 äußern müssen.

Praxishinweis

Fälle ggf. offen halten

Besonderes Augenmerk bitten wir aktuell auf Fälle aus dem Jahr 2015 zu legen. Diese drohen am Jahresende zu verjähren, womit auch eine künftige Änderung nach § 164 AO ausgeschlossen wäre. Hat das Finanzamt für das Jahr 2015 den Vorsteuerabzug mit Hinweis auf die nicht erfolgte Zu­ord­nungs­ent­schei­dung bis 31.5.2016 versagt, sollte noch vor Jahresende der Fall offen gehalten werden, sprich ein Änderungsantrag nach § 164 AO gestellt werden. Wird dieser abgelehnt, ist Einspruch hiergegen einzulegen mit an­schließen­dem Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die beiden zuvor zi­tier­ten Verfahren am XI. Senat. Die letztliche Entscheidung des BFH ist nicht ab­sehbar. Es ist jedoch auch nicht völlig ausgeschlossen, dass die Zu­ord­nungs­frist 31.5./31.7. des Folgejahres künftig aufgehoben wird.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen; ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden; vgl. Abschn. 15.2c Abs. 17 UStAE und BFH, Urteil v. 31.1.2002, V R 61/96, BStBl 2003 II S. 813.
  2.  ]Abschn. 15.2c Abs. 16 ff. UStAE.
  3.  ]Abschn. 15.2c Abs. 17 UStAE; BFH, Urteile v. 28.2.2002, V R 25/96, BStBl 2003 II S. 815; v. 7.7.2011 V R 42/09, BStBl 2014 II S. 76.
  4.  ]EuGH, Urteil v. 25.7.2018 C-140/17 (Gmina Ryjewo), DStRE 2019 S. 379.

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