- Gesetz:
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- Problemstellung:
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Welche Änderungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes zu erwarten?
Die Praxis hat gezeigt, dass es besonders im Bereich hochpreisiger Immobilientransaktionen immer wieder gelingt, durch gestalterische Maßnahmen die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Die hiermit einhergehenden Steuermindereinnahmen sind von erheblicher Bedeutung. Die Bundesregierung hat sich deswegen bereits im Koalitionsvertrag1 darauf verständigt, Steuerumgehungen bei der Grunderwerbsteuer wirksam einzudämmen. Die entsprechende Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes wurde nun auf den Weg gebracht. Der Beitrag soll Sie über den aktuellen Stand der wichtigsten Änderungen informieren.
Aktueller Stand
Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Ursprünglich war die Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes im Referentenentwurf des BMF (Stand: 8.5.2019) zum sog. Jahressteuergesetz 2019 (künftig JStG 2019) enthalten. Es wurde dann aber aus dem JStG 2019 ausgeklammert. Dem Beitrag liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung2 inkl. der Stellungnahme des Bundesrates3 zu Grunde.
Ursprünglich sollte das Gesetz zum 1.1.2020 in Kraft treten. Das weitere Gesetzgebungsverfahren wurde durch die Koalitionsfraktionen am 24.10.2019 auf das 1. Halbjahr 2020 verschoben4. Die tatsächliche Gesetzesänderung und deren Inkrafttreten sind deswegen noch nicht abschließend absehbar. Der Beitrag ist daher als Aussage im Konjunktiv II zu sehen. Zur besseren Lesbarkeit und zum Zweck der höheren Verständlichkeit wurde der Beitrag jedoch bewusst im Indikativ formuliert.
Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes im Einzelnen
Fiktionstatbestände §§ 1 Abs. 2a, 3, 3a GrEStG
Senkung der Beteiligungsgrenzen von 95 % auf 90 %
Die Beteiligungsgrenze soll von 95 % auf 90 % in allen Fiktionstatbeständen (§§ 1 Abs. 2a, 3, 3a GrEStG) abgesenkt werden. Außerdem wird die Frist im § 1 Abs. 2a GrEStG von fünf auf zehn Jahre erhöht.
Praxishinweis
Durch die Absenkung der Beteiligungsgrenze von 95 % auf 90 % (§ 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG) sowie die Verlängerung der Frist von fünf auf zehn Jahre (§ 1 Abs. 2a GrEStG) werden die Gestaltungsspielräume verengt und damit wohl zumindest teilweise der Wille des Gesetzgebers erreicht, dass die missbräuchliche Vermeidung der Steuer einschränkt wird.
§ 1 Abs. 2b GrEStG Fiktionstatbestand für Immobilien-Kapitalgesellschaften
Neuer Fiktionstatbe-stand § 1 Abs. 2b GrEStG
Neben der Spezialvorschrift zu grundstücksbesitzenden Personengesell-schaften gem. § 1 Abs. 2a GrEStG (Immobilien-Personengesellschaften) soll eine entsprechende Vorschrift § 1 Abs. 2b GrEStG für grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften (Immobilien-Kapitalgesellschaften) eingeführt werde. Auch hier ist die Beteiligungsgrenze mit 90 % bemessen und die Frist mit zehn Jahre angesetzt.
Praxishinweis
In der Stellungnahme des Bundesrats5 wird eine „Börsenklausel“ für die Spezialvorschriften (§§ 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG) vorgeschlagen. Danach sollen die Spezialvorschriften bei Beteiligung von börsennotierten Kapitalgesellschaften - bei denen die zum Handel zugelassenen Anteile den überwiegenden Teil des Kapitals der börsennotierten Kapitalgesellschaft repräsentieren - nicht anwendbar sein, da nach Ansicht des Bundesrats eine missbräuchliche Gestaltung mit Blick auf die Zielsetzung der Investoren regelmäßig nicht vorliegt. Inwieweit dieser Vorschlag übernommen wird, bleibt abzuwarten. Inwieweit diese Empfehlung des Bundesrats zur Einführung einer „Börsenklausel“ Eingang im Gesetz finden wird, bleibt noch offen.
§ 5 GrEStG Übergang auf eine Gesamthand
Folgeänderung im § 5 GrEStG
Im Zusammenhang mit den, in den Ergänzungstatbeständen abgesenkten, Beteiligungsgrenzen und der in § 1 Abs. 2a GrEStG verlängerten Frist wird die bisherige Frist von fünf Jahren im § 5 Abs. 3 GrEStG auf zehn Jahre verlängert.
§ 6 GrEStG Übergang von einer Gesamthand
Außerdem wird die Missbrauchsverhinderungsvorschrift des § 6 Abs. 4 GrEStG neu gegliedert und um den Tatbestand des § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG erweltert. Die bisherigen Vorbehaltensfristen werden unter den Nr. 1 und 2 aufgeführt und von fünf auf zehn Jahre angehoben.
Vorbehaltensfristen von bis zu 15 Jahren
Der neu eingefügte § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG gilt beim Erwerbsvorgang i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 oder Abs. 3a GrEStG der innerhalb von 15 Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft erstmals durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, es sei denn, einer der Erwerbe der Anteile am Gesellschaftsvermögen durch diesen Erwerber hat zu einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG geführt.
Praxishinweise
§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GrEStG Ansatz des Grundbesitzwertes bei Veräußerungen im umwandlungsteuerrechtlichen Rückwirkungszeitraum
Durch eine Gestaltung im Nachgang von Share Deals kann durch Umwandlungsvorgänge eine hohe Grunderwerbsteuerbelastung erheblich reduziert werden, wenn im ertragsteuerrechtlichen Rückwirkungszeitraum die Gesellschaftsgrundstücke zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis veräußert werden. In diesen Fällen erfolgt keine Besteuerung nach anderen Steuerarten. Würden die Gesellschaftsgrundstücke ohne Veräußerung im Rahmen des Umwandlungsvorgangs übergehen, wäre Grunderwerbsteuer auf den Grundbesitzwert zu erheben6.
Die neue Vorschrift § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GrEStG sieht in solchen Fällen eine Besteuerung nach dem Grundbesitzwert vor. Die Neuregelung wird auf die Fälle beschränkt, in denen Grundstücke im ertragsteuerrechtlichen Rückwirkungszeitraum i. S. v. §§ 2, 20 Abs. 6 und 24 Abs. 4 UmwStG veräußert werden.
§ 19 Abs. 6 GrEStG Abschaffung der Obergrenze des Verspätungszuschlags bei der Grunderwerbsteuer
Abschaffung der Obergrenze des Verspätungszuschlags bei der GrEStG
Anzeigen nach § 19 GrEStG sind Steuererklärungen im Sinne der AO (§ 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG). Darum kann bei Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung der Anzeigepflicht ein Verspätungszuschlag nach § 152 AO festgesetzt werden. Nach der ab dem 1.1.2019 geltenden Rechtslage darf er höchstens 25.000 € betragen (§ 152 Abs. 10 AO). Durch die Einführung des § 19 Abs. 6 GrEStG wird die Begrenzung der Höhe auf max. 25.000 € des Verspätungszuschlags bei Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung der Anzeigepflicht verhindert.
Praxishinweis
Die grundsätzliche Berechnung des Verspätungszuschlags ist von der Gesetzesänderung nicht betroffen. Nach der ab dem 1.1.2019 geltenden Rechtslage beträgt dieser für Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen (bspw. Anzeigen nach § 19 GrEStG), für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 € für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung (§ 152 Abs. 5 Satz 2 AO).
Handlungsempfehlungen
Geplante Anteilsübertragungen an immobilienbesitzenden Unternehmen sollten aufgrund der sich nun sicher abzeichnenden Grunderwerbsteuerreform bezüglich der Auswirkungen der Gesetzesänderungen auf diese Übertragungen geprüft werden, damit noch mögliche Anpassungen vorgenommen werden können. Auch die bestehenden Strukturen sollten auf die Auswirkungen durch die Grunderwerbsteuerreform untersucht werden, da aufgrund der Übergangsregelungen auch hier noch Anpassungen zumindest in 2019 möglich sind. Ein besonderes Augenmerk gilt vor allem für die Fälle, in denen in naher Zukunft Anteilsübertragungen geplant sind.
Fußnoten anzeigen ↓
- [ ↑ ]Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 19. Legislaturperiode S. 110 (5159-5163).
- [ ↑ ]BT-Drucksache 19/13437.
- [ ↑ ]BR-Drucksache. 355/19.
- [ ↑ ]https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/steuerpolitik-koalition-verschiebt-reform-gegen-schlupfloch-bei-grunderwerbsteuer/25152228.html (Stand: 24.11.2019).
- [ ↑ ]BR-Drucksache. 355/19.
- [ ↑ ]BT-Drucksache 19/13437 S. 13.