Neufang Akademie

nach oben

Kein Nachweis der fast ausschließlich be­trieb­lichen Nutzung eines Pkw durch nach­träglich Auf­listungen

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
FG Münster, Urteil vom 10.7.2019 7 K 2862/17 E (Rev. ein­ge­legt, Az. des BFH: VIII R 24/19)
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG
Streitfrage:
Kann der Nachweis der fast ausschließlich betrieblichen Nutzung auch durch nachträgliche Auflistungen anhand eines Ter­min­ka­len­ders erfol­gen?

Verbleibensvor­aus­setzungen beim IAB

Das Wirtschaftsgut, auf das ein In­ves­ti­tions­ab­zugs­be­trag übertragen wird, muss bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der An­schaf­fung bzw. Her­stel­lung folgenden Wirt­schafts­jahres (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG)1

in einer inländischen Betriebsstätte genutzt werden und
ausschließlich oder so gut wie ausschließlich betrieblich genutzt werden.

Privatnutzung darf maximal 10 % be­tragen

Eine fast aus­schließ­lich betrieblich Nutzung bedeutet, dass die Privatnutzung maximal 10 % betragen darf. Dies kann in der Praxis bei einem Pkw prob­le­ma­tisch werden. Bei Überschreiten dieser Gren­ze ist der In­ves­ti­tions­ab­zugs­be­trag im Jahr der ursprünglichen Bildung aufzulösen (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG)2.

Urteilsfall

Nach Ansicht des FG Münster kann die fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Pkw nicht durch nachträglich erstellte Unterlagen nach­ge­wie­sen werden. Im Urteilsfall ging das Finanzamt von einer schädlichen Privat­nutzung aus, weil die 1 %-Re­ge­lung angewendet wurde. Die Steuerpflichtige erstellte nachträglich anhand seines Terminkalenders eine Aufstellung der be­trieblichen Fahrten. Mit den Werkstattrechnungen wurde die Gesamtfahr­leistung ermittelt. Rechnerisch ergab sich ein betrieblicher Anteil von (knapp) über 90 %3.

Nachträgliche Auf­stellung genügen nicht den An­for­de­rungen

Diese nachträgliche Aufstellung genügt nicht den Anforderungen an ein ord­nungs­gemäßes Fahrtenbuch. Selbst dann, wenn man der Auffassung folgt, dass der Nachweis auch durch andere Unterlagen erbracht werden kann, ist diese nachträgliche Aufstellung nicht ausreichend. An den Nachweis sind nach Auffassung des FG Münster strenge Maßstäbe anzulegen. Aus der nach­träg­lichen Aufstellung anhand des Terminkalenders kann nicht nachvoll­zo­gen werden, dass jede Fahrt mit dem Pkw zurückgelegt wurde. Es ist auch mög­lich, dass für einzelne Termine ein anderes Fahrzeug oder öffentliche Ver­kehr­smittel genutzt werden.

Praxishinweise

Dieses Urteil bestätigt, dass die Übertragung eines In­ves­ti­tions­ab­zugs­be­trags auf einen Pkw in der Praxis immer problematisch ist. Es ist nämlich der Nach­weis zu erbringen, dass die Privatnutzung maximal 10 % beträgt. Aus diesem Grund raten wir dazu, einen In­ves­ti­tions­ab­zugs­be­trag besser auf solche Wirtschaftsgüter zu übertragen, bei denen eine Privatnutzung (nahezu) aus­geschlossen ist (z. B. Maschinen).
Nach der Verwaltungsmeinung kann der Nachweis der betrieblichen Nutzung durch ein ord­nungs­ge­mäßes Fahrtenbuch (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG) erfolgen. Die Ver­wal­tung lässt es auch zu, dass der Nachweis anhand anderer geeigneter Un­ter­lagen erfolgen kann4, ohne jedoch auszuführen, welche Unter­la­gen das sein können. U. E. können das beispielsweise auch Reise­kosten­auf­stel­lungen sein.
Nach der Verwaltungsauffassung ist bei Anwendung der 1 %-Re­ge­lung grund­sätzlich von einer schädlichen Privatnutzung auszugehen5.
Bei der Überlassung des Pkw an Arbeitnehmer spielt die private Nutzung durch den Arbeitnehmer keine Rolle. Hier ist immer von einer vollständigen be­trieblichen Nutzung auszugehen, auch wenn die 1 %-Re­ge­lung ange­wen­det wird.

Überlassung an Arbeitnehmer


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BMF, Schreiben v. 20.3.2017 IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl 2017 I S. 423, Rz. 35.
  2.  ]BMF, Schreiben v. 20.3.2017 IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl 2017 I S. 423, Rz. 42.
  3.  ]FG Münster, Pressemitteilung Nr. 14 v. 15.8.2019.
  4.  ]BMF, Schreiben v. 20.3.2017 IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl 2017 I S. 423, Rz. 44.
  5.  ]BMF, Schreiben v. 20.3.2017 IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl 2017 I S. 423, Rz. 44.