Neufang Akademie

nach oben

Geschäftsveräußerung bei angemieteten Räum­lichkeiten

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 29.8.2018 XI R 37/17
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 1 Abs. 1a UStG
Streitfrage:
Geschäftsveräußerung auch bei Anmietung von Räumen von Dritten?

Geschäfts­ver­äußerung

Die Übertragung des Inventars einer Gaststätte ist nach Auffassung des BFH auch dann eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung, wenn der Erwerber mit dem übertragenen Inventar die Gaststätte dauerhaft fort­führen kann und selbst über die zur Fortführung der Tätigkeit erforderliche Im­mo­bilie verfügt, weil er diese von einem Dritten gepachtet hat.

Praxishinweis

Der BFH setzt damit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 20121 fort und grenzt sich von einer oft missverstandenen Entscheidung aus dem Jahr 20152 ab.

Im Streitfall erwarb ein Steuerpflichtiger das Inventar einer Gaststätte vom vorherigen In­haber (C). Die Räume der Gaststätte mietete er von einer GmbH (der Verpächterin, die das Lokal zuvor an C verpachtet hatte) an. Der neu ab­ge­schlos­sene Mietvertrag mit dem steuerpflichtigen nahm auf den bisherigen Miet­vertrag mit C Bezug und modifizierte ihn.

Das Finanzamt, Finanzgericht und BFH sahen die Ver­äu­ßerung des Inventars durch C an den Steuerpflichtigen als Geschäftsveräußerung an. Ihm stand daher kein Vorsteuerabzug aus der Rechnung des C zu.

Praxishinweise

C schuldet daher Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG3. Diese kann er mit Wirkung für die Zukunft berichtigen.
Dem Kläger steht aufgrund einer Nettopreis-Abrede gegenüber C ein zi­vil­rechtlicher Rückzahlungsanspruch bezüglich der zu viel gezahlten Um­satz­steuer zu4.
Die Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG durch C setzt daher die Rückzahlung der Steuer an den Kläger voraus 5. Ist C insolvent, erhält der Kläger die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück, wenn C sie gezahlt hat6.

Prüfschema Ge­schäfts­ver­äuße­rung

Die Ausführung des BFH zur Immobilie zeigen das Prüfschema auf, das bei einer potentiellen Geschäftsveräußerung abzuarbeiten ist:

Ist für die Tätigkeit Ladenlokal erforderlich?
  • nein: Immobilie muss nicht mit  übertragen werden
Falls ja: Wird das Ladenlokal vom Veräußerer dem Erwerber mittels eines Mietvertrages zur Verfügung gestellt?
  • ja: Immobilie muss nicht mit übertragen werden
Falls nein: Verfügt der Erwerber selbst über eine geeignete Immobilie?
  • ja: Immobilie muss nicht mit übertragen werden
Falls nein:
  • Immobilie muss ebenfalls vom Veräußerer auf den Erwerber übertragen werden, sonst keine Geschäftsveräußerung.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 18.1.2012 XI R 27/08, BStBl 2012 II S. 842.
  2.  ]BFH, Urteil v. 4.2.2015 XI R 42/13, BStBl 2015 II S. 616.
  3.  ]BFH, Urteil v. 6.12.2007 V R 3/06, BStBl 2009 II S. 203; Abschn. 14c.1 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 UStAE.
  4.  ]Siehe zuletzt umgekehrt zur Nachzahlung in Bauträger-Fällen BGH, Urteil v. 17.5.2018 VII ZR 157/17, HFR 2018 S. 661 m. Anm. Treiber.
  5.  ]BFH, Urteil v. 16.5.2018 XI R 28/16, DStR 2018 S. 1663 m. Anm. Treiber.
  6.  ]EuGH, Urteile v. 15.5.2007 C-35/05 (Reemtsma Cigarettenfabriken), HFR 2007 S. 515; v. 26.4.2017 C-564/15 (Farkas), HFR 2017 S. 552.

Weitere Artikel dieser Ausgabe