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Photovoltaikanlagen und Liebhaberei: Nachtrag zu BerP 7/2018

Kategoriegrafik
Verwaltungs-
anweisung:
Aktueller Tipp „Steuerliche Regelungen im Zusammenhang mit dem Erwerb und Betrieb einer Photovoltaikanlage im privaten Haushalt“
Problemstellung:
Können Photovoltaikanlagen als Liebhabereibetrieb anzusehen sein?

Liebhaberei bei PV-Anlagen?

Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft BerP 7/2018 haben wir das Thema Liebhaberei bei Gewinneinkünften dargestellt. Es kam des öfteren die Fragestellung zum Thema Liebhaberei bei Photovoltaikanlagen auf, sodass wir dies im nachfolgenden verkürzt darstellen möchten.

Was sagt die Verwaltung?

Aktuell gibt es soweit uns bekannt keine gültige Verfügung der OFD Karlsruhe zu dem Thema Photovoltaikanlagen. Es gibt dem Vernehmen nach intern Anweisungen, wie in einzelnen Fällen zu verfahren ist, diese sind allerdings nur für den Dienstgebrauch und dementsprechend nicht öffentlich. Veröffentlicht wurde von der Finanzverwaltung Baden-Württemberg ein Aktueller Tipp mit dem Titel „Steuerliche Regelungen im Zusammenhang mit dem Erwerb und Betrieb einer Photovoltaikanlage im privaten Haushalt1“. Dort heißt es „ergeben sich aus der Photo­voltaikanlage in den Anfangsjahren Verluste, können diese steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn aus der Anlage - über deren ge­samte Nutzungsdauer von 20 Jahren gerechnet - voraussichtlich ein (Total-) Gewinn erwirtschaftet wird. Bei den Anlagen, die bis zum Jahr 2009 installiert wurden, liegt ein solcher (Total-)Gewinn in der Regel vor. Denn bei einer Einspeisevergütung, die (je nach Leistung der Photo­voltaikanlage) zwischen 0,33 € und 0,43 € liegt, wird es - abgesehen von lang­fristiger Vollfinanzierung - regelmäßig zu einem Totalgewinn kommen. Durch die fortlaufende Absenkung der Einspeise­vergütung für ab dem 1. Juli 2010 in Betrieb gegangene Anlagen kann künftig auch Fällen mit geringerem Fremdfinanzierungsanteil die Ge­winnerzielungsabsicht fehlen2.“ Deswegen müssen in diesen Fällen die entsprechende Einkunftserziel­ungsabsicht vom Steuer­pflich­tigen nachgewiesen werden. Im Aktuellen Tipp wird folgende Möglichkeit dem Steuer­pflichtigen als sogenannter Liebhabereitest in der vereinfachten Berechnung vorgeschlagen3:

Sachverhalt

A ging mit ihrer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit einer Anschlussleistung in Höhe von 7,68 kWp auf dem Dach ihres selbst genutzten Einfamilienhauses sofort nach der Montage im Januar 2015 ans Netz. Die Anschaffungskosten beliefen sich auf 11.500 € netto (Vorsteuer 2.185 €). Im Jahr 2015 hat A 7.680 kWh Solarstrom produziert.

Zu 40 % (3.072 kWh) wurde der Strom selbst genutzt. A bezieht den restlichen Strom von einem Energieversorgungsunternehmen. Der Strompreis einschließlich des anteilig­en Grundpreises beträgt 17 ct/kWh. Die restlichen 60 % des erzeugten Stroms werden ins Netz eingespeist. Die Vergütung beträgt 12,56 ct/kWh.

Stellungnahme

Daten der Anlage:

Größe der Anlage:

7,68 kWp

geschätzte Stromerzeugung pro Jahr:

7,68kWp x 1.000kWh = 7.680 kWh

Einspeisevergütung:

12,56 ct/kWh
Einnahmen in 20 Jahren:19.292,16 € (7.680 kWh x 0,1256 € x 20 Jahre)

Abschreibung (Netto-AK):

11.500,00 €

Zinsaufwand der Photovoltaikanlage in 10 Jahren:  

1.505,00 €

Summe der Ausgaben:

13.005,00 €
Totalgewinn in 20 Jahren für die Anlage:  6.287,16 €

Unseres Erachtens kann man sich auf dieses vereinfachte Verfahren, da es von Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg veröffentlicht wurde, berufen. Bei einer nicht vereinfachten Ermittlung müssten allerdings entsprechende Be­triebskosten (z. B.: Wartung, Versicherung…) für den Prognosezeitraum von 20 Jahren zusätzlich mit angesetzt werden (eventuell durch Schätzung).

Anlagen sollten dem Grunde nach noch immer rentabel sein

Wie wir in Beratungspraxis 2/2016 geschrieben haben, sind Photovoltaikanlagen grundsätzlich trotz der drastischen Reduzierung (Anlageinstallation in 2009: 43,01 Cent; Juni 2015: 12,4 Cent) der Fördersätze noch immer wirtschaftlich rentabel, weil die Anlagenpreise ebenfalls sehr stark gefallen sind. So errechnet der Finanztest4 bei einem Selbstverbrauch von 20 % und 3 % Strompreissteigerungen mit Renditen zwischen 4 – 12 %. Daher ist eine Gewinnerzielungsabsicht grundsätzlich auch anzu­nehmen.

Was sagt die Rechtsprechung?

Wir möchten Sie außerdem auf ein interessantes Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 9.2.20175 hinweisen. Das Gericht hatte ent­schieden, dass Verluste aus dem Betrieb einer PV-Anlage auch bei negativer Gewinnprognose anzuerkennen seien. Im Urteilsfall handelte es sich um eine PV-Anlage, die in einem Solarpark belegen war (nicht auf dem eigenen Einfamilienhaus, sodass auch kein EIgenverbrauch des produzierten Stroms erfolgte). Hauptgründe für die Entscheidung des FG Baden-Württemberg waren, dass eine private Nutzung und damit private Gründe nicht vorgelegen haben. Die Finanzverwaltung wendet dieses Urteil aufgrund der besonderen Umstände des Sachverhalts nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus an. U. E. ist zweifelhaft, ob die Entscheidung ebenso ergangen wäre, wenn Teile des produzierten Strom selbst verbraucht worden wären.

Praxishinweis

Abschließend sei noch der Hinweis erlaubt, dass eine positive Prognose in einem Prospekt, welche Grundlage der Investitionsentscheidung war, die ursprüngliche Gewinnerzielungsabsicht u. E. regelmäßig nachweist. Damit scheidet eine Liebhaberei zu Beginn aus. Sie kann jedoch entstehen, sofern auf Verluste nicht kaufmännisch reagiert wird.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]https://fm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-fm/intern/Publikationen/AT_Photovoltaik_2016.pdf (Stand 1.8.2018).
  2.  ]https://fm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-fm/intern/Publikationen/AT_Photovoltaik_2016.pdf, S.8 (Stand: 1.8.2018).
  3.  ]https://fm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-fm/intern/Publikationen/AT_Photovoltaik_2016.pdf, S.10-12 (Stand: 1.8.2018).
  4.  ]Finanztest, Heft 3/2013.
  5.  ]FG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.2.2017 1 K 841/15, EFG 2017 S. 913.

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