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Keine Option bei Verpachtung von Grundbesitz an Pau­schal­land­wirte

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 1.3.2018 V R 35/17
Fundstelle:
DStR 2018 S. 1068
Gesetz:
§ 9 Abs. 2 UStG , § 24 Abs. 1 UStG
Streitfrage:
Kann bzgl. der Verpachtung von Grundbesitz an Landwirte, die die pauschale Besteuerung gem. § 24 UStG anwenden, zur Umsatz­steuerpflicht optiert werden?

Große Auswir­kun­gen auf pau­schalie­rende Land­wirte, Banken und Spar­kassen

Der BFH wendet sich mit diesem Urteil gegen ein von der Finanz­ver­wal­tung ak­zeptiertes Gestaltungsmodell1. Nach Angaben des Bundes­rechnungs­hofs wen­den über 70 % der Landwirte in Deutschland die Sonder­re­ge­lung nach § 24 Abs. 1 UStG an. Aufgrund des Urteils des BFH kommt für sie - ebenso wie bei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Banken und Spar­kassen - der Ein­satz sog. Vorschaltmodelle nicht mehr in Betracht.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ein Landwirt baute einen Rinderboxenlaufstall mit Melkkarussell sowie einen Käl­ber­aufzuchtsstall, welche nach Fertigstellung an die durch ihn und seiner Ehe­frau gebildeten GbR verpachtet wurden. Die GbR betreibt Land­wirt­schaft und wendet die pauschale Besteuerung gemäß § 24 UStG an.

Es wurde in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltungsauf­fassung den Ver­zicht auf die Steuer­be­freiung bzgl. der Verpachtungsumsätze erklärt2. Daher wurden die im Zu­sam­men­hang mit der Errichtung der Ställe an­ge­fallenen Vor­steuern abgezogen.

Der V. Senat des BFH versagt den Vorsteuerabzug für Kosten, welche im Zu­sam­menhang mit der Er­richtung entstanden sind.

Für Verzicht ist Vor­steuerabzug aus der erbrachten Pacht­leistung nötig

Für den Verzicht auf die Steuerfreiheit kommt es darauf an, ob die Pächter-GbR aus der konkret an sie erbrachten Pacht­leistung zum Vor­steuer­ab­zug be­rechtigt ist.

Da hier nur pau­schaler Vorsteuer­abzug keine Option möglich

Dies deshalb, weil § 9 Abs. 2 UStG einen leistungsbezogenen Vorsteuer­ab­zug verlangt. Diese Voraussetzung trifft entgegen der Auffassung der Finanz­ver­wal­tung auf Pächter nicht zu, die ihre Umsätze nach § 24 Abs. 1 UStG er­fas­sen und denen das Gesetz deshalb einen Vorsteuerabzug unabhängig von tat­säch­lichen Leistungs­be­zügen pauschal gewährt.

Praxishinweis

Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagieren wird. U. E. besteht allerdings auf Grund der klaren Regelung im Um­satz­steuer­an­wendungs­er­lass zumindest ein Vertrauens­schutz für bereits be­stehende Verpachtungsverhältnisse (Selbstbindung der Verwaltung). Bzgl. ge­planter Neubauten und deren anschließender Vermietung dürfte u. E. nach die­sem Urteil das Gestaltungs­modell keine Anwendung mehr finden.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Vgl. Abschnitt 9.2 Abs. 2 Satz 1 UStAE.
  2.  ]Vgl. § 9 Abs. 2 UStG.

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