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Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Recht­spre­chung des Bundesverfassungsgerichts

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Einigung im Ver­mitt­lungs­aus­schuss

Nach einer schier endlos wirkenden Hängepartie bezüglich einer Einigung zur Erbschaftsteuer­reform konnte der Vermittlungsausschuss in der Nacht zum 22.9.2016 nach einem Sitzungs­marathon mit Unterbrechungen endlich einen Kompromiss erzielen1! Hierbei wurde das vom Bundestag am 24.6.20162 be­schlossene Gesetz in mehreren Punkten geändert.

Wir werden die Änderungen in ihrer Gesamtheit in BerP 11/2016 aufnehmen, deswegen erfolgt nur eine Vorabinformation.

Begünstigtes Vermögen

Begünstigtes Ver­mögen

Begünstigt sind weiterhin Betriebe und Beteiligungen an Personen­gesell­schaf­ten mit Einkünften aus § 13, § 15, § 18 EStG sowie Beteiligungen an Ka­pi­tal­ge­sellschaften, wenn der Beteiligungs­besitz mehr als 25 % beträgt (§ 13b Abs. 1 ErbStG).

Erwerbe bis 26 Mio. €

Nach § 13a Abs. 1 ErbStG sind Erwerbe bis 26 Mio. € zu 85 % begünstigt. Hier erfolgt eine Zu­sammenrechnung der Erwerbe von der gleichen Person, soweit diese innerhalb von 10 Jahren von der gleichen Person erfolgen. Es gibt wei­ter­hin die sog. Optionsverschonung mit 100 % (§ 13a Abs. 10 ErbStG); so­fern das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 20 % beträgt3.

Lohnsummenregelung

Lohn­summen­re­ge­lung

Am Prinzip der Lohnsummenregelung (§ 13a Abs. 3 ErbStG) wird grund­sätz­lich festgehalten. Es erfolgt lediglich eine feingliedrigere Unterscheidung, die sich wie folgt darstellt:

BeschäftigtenzahlMindestlohnsumme RegelverschonungMindestlohnsumme Optionsverschonung
Bis 5Keine Lohn­summen­bin­dungKeine Lohn­summen­bin­dung
5 bis 10250 % in 5 Jahren500 % in 7 Jahren
10 bis 15300 % in 5 Jahren565 % in 7 Jahren
Über 15400 % in 5 Jahren700 % in 7 Jahren

Abgrenzung des begünstigten Vermögens

Negativ­ab­gren­zung bei Verwal­tungs­ver­mögen

Dieses ist in § 13b ErbStG geregelt. Hinsichtlich des Verwaltungsvermögens wird am bisherigen Prinzip der Negativabgrenzung festgehalten (§ 13b Abs. 4 ErbStG).

Bedeutende Modifikationen des Verwaltungsvermögenskatalogs

Verwaltungs­ver­mögens­katalog

a) Finanzmittel (Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und an­dere Forderungen) nach Abzug der Schulden gelten als Verwaltungs­ver­mö­gen, soweit diese den Sockel­betrag von 15 % über­steigen (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG).

b) Deckungsvermögen für betriebliche Altersversorgungsverpflichtungen wird vom Verwaltungsver­mögenskatalog ausgenommen (§ 13b Abs. 3 ErbStG).

Verhältnis des begünstigten Vermögens zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen

Aufzuteilung Ver­wal­­tungs­ver­mö­gen und be­gün­sti­­gungs­fähi­ges Ver­mö­gen

Das sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip ist entfallen. Nun­mehr ist für die Anwendung der Regel- und Optionsverschonung das Gesamtvermögen aufzuteilen in Verwal­tungsvermögen und in begünsti­gungsfähiges Vermögen.

Verwal­­tungs­ver­mö­gen

Das Verwaltungsvermögen ist nicht mehr begünstigt, es sei denn es beträgt nicht mehr als 10 % des Nettowerts des begünstigten Vermögens (Toleranz­grenze; § 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG). Auch bei Unterschreiten dieser Grenze ist junges Verwaltungsvermögen nicht begünstigt (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG).

Be­gün­sti­­gungs­fähi­ges Ver­mö­gen

Begünstigungsfähiges Vermögen ist jedoch nicht be­günstigt, wenn das Verwaltungsvermögen 90 % oder mehr des gemeinen Werts des be­gün­sti­gungs­fähigen Vermögens beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG).

Die Anwendung der Optionsverschonung wird - neben den erhöhten An­for­derungen bezüglich der Lohnsummenregelung und der Behaltensfristen - zu­dem an die Voraussetzung geknüpft, dass das begünstigte Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 ErbStG nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungs­vermögen be­steht (§ 13a Abs. 10 ErbStG).

Reinvestitionsklausel und Investitionsklausel

Rein­vestitions­klau­sel

Nach der Reinvestitionsklausel kann im Besteuerungszeitpunkt bestehendes Verwaltungsver­mögen rückwirkend in begünstigtes Vermögen umgewandelt werden, wenn der Erwerber innerhalb von zwei Jahren ab Steuerentstehung Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen investiert (§ 13b Abs. 5 Satz 1 ErbStG). Voraussetzung ist, dass die Reinvestition auf einen noch vom Erb­lasser gefassten Entschluss zurückzuführen ist (§ 13b Abs. 5 Satz 2 ErbStG).

Investitions­klau­sel

Die Investitionsklausel ermöglicht Finanzmittel - außerhalb des Finanzmittel­tests - in begünstigtes Vermögen umzuwandeln, soweit diese innerhalb von zwei Jahren ab Steuerentstehung, zur Be­gleichung von Lohnzahlungen, die durch saisonale Schwankungen bedingt sind, eingesetzt werden (§ 13b Abs. 5 Satz 3 ErbStG). Voraussetzung ist auch hier ein noch vom Erblasser ge­fasster Plan (§ 13b Abs. 5 Satz 4 ErbStG).

Nicht bei Schenkung

Sowohl die Reinvestitionsklausel als auch die Investitionsklausel gelten aus­schließlich beim Erwerb von Todes wegen und nicht bei der Schenkung.

Systematik der Verschonung

Erwerbe bis 26 Mio. €

Erwerbe bis 26 Mio. €

Bei Erwerben bis zu 26 Mio. € erhält der Erwerber - wie bisher im alten Recht - einen Ver­schonungsabschlag i. H. von 85 % bzw. i. H. von 100 %.

Zur Verhinderung der Umgehung der Größenschwelle erfolgt eine Zusammen­rechnung der Er­werbe, die eine Person innerhalb von 10 Jahren erhält.

Erwerbe über 26 Mio. €

Erwerbe über 26 Mio. €

Bei einem Erwerbswert von mehr als 26 Mio. € erfolgt wahlweise ein Ab­schmelzen der Ver­schonung oder eine Verschonungsbedarfsprüfung.

Abschmelzmodell

Abschmelz­modell

Die Verschonung von 85 % (100 %) verringert sich um je einen Prozentpunkt für jede 750.000 € die der Erwerb des begünstigten Vermögens über 26 Mio. € liegt (§ 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG).

Bei der Optionsverschonung ist zudem die Totalgrenze zu beachten. Ab einem Erwerb i. H. von 90 Mio. € entfällt hierbei eine Begünstigung komplett (§ 13c Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Bei der Regel­verschonung entfällt die Be­günstigung dagegen rechnerisch ab einem Erwerb i. H. von 89.750.000 €.

Verschonungsbedarfsprüfung

Verschonungs­be­darfs­prüfung

Auf unwiderruflichen Antrag erfolgt nach einer Verschonungsbedarfsprüfung der Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer. Voraus­setzung ist, dass der Erwerber nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen (§ 28a Abs. 1 ErbStG).

Steuerstundung

Auf Antrag Stun­dung beim Er­werb von To­des wegen

Auf Antrag erfolgt beim Erwerb von Todes wegen (nicht bei der Schenkung) eine Stundung der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer auf bis zu 7 Jahre (§ 28 Abs. 1 ErbStG).

Der erste Jahresbetrag ist ein Jahr nach der Festsetzung der Steuer fällig und wird bis dahin zinslos gestundet. Für die weiteren zu entrichtenden Jahres­beträge sind die §§ 234 und 238 AO ab dem zweiten Jahr nach der Fest­setzung der Steuer anzuwenden.

Familienunternehmen

Vor­weg­ab­schlag von bis zu 30 %

Bei sog. „typischen Familienunternehmen“ erfolgt vor Anwendung der Regel- oder Optionsver­schonung ein Vorwegabschlag von bis zu 30 % auf das be­günstigte Vermögen (§ 13a Abs. 9 ErbStG).

Voraussetzung für den Vor­weg­ab­schlag

Voraussetzung für den Vorwegabschlag sind folgende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag, welche kumulativ vorliegen und tatsächlich durchgeführt werden müssen:

Die Entnahme oder Ausschüttung ist auf höchstens 37,5 % des um die entsprechenden Steuern gekürzten steuerrechtlichen Gewinns beschränkt. Entnahmen zur Begleichung der ent­sprechenden Steuer sind ausge­nom­men,

die Verfügungen über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft ist auf Mitgesellschafter, Angehörige i. S. des § 15 AO oder auf eine Familienstiftung beschränkt und

für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft ist eine Abfindung vor­gesehen, die unter dem gemeinen Wert der Beteiligung an der Personen­gesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt.

Gelten die Bestimmungen nur für einen Teil des begünstigten Vermögens, ist der Vorwegabschlag nur für diesen Teil zu gewähren.

Die Verfügungsbeschränkungen müssen 2 Jahre vor und 20 Jahre nach dem Erwerbszeitpunkt vorliegen.

Änderung bei der Unternehmensbewertung

Kapitalisierungs­­faktor beträgt 13,75

Der bei der Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren anzuwendende Kapitalisierungs­faktor wird im Gesetz in § 203 BewG verankert und beträgt 13,75.

Zeitliche Anwendung

Zeitliche An­wen­dung

Das Gesetz soll in der beschlossenen Fassung rückwirkend für alle Erwerbe nach dem 30.6.2016 gelten. Soweit die Ergebnisse im Vermittlungsausschuss im Vergleich zum im Bundestag be­schlossenen Gesetz begünstigend sind, liegt kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BT-Drucksache 18/9690 v. 22.9.2016.
  2.  ]BT-Drucksache 18/8911 v. 22.6.2016.
  3.  ]Ergänzung im Vermittlungsausschuss.

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