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BMF-Entwurf zu E-Rechnungen - Zweiter Akt

Verwaltungs-
anweisung:
BMF, Entwurf vom 25.6.2025 III C 2 - S 7287-a/00019/007/230
Fundstelle:
Abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/2025-06-25-ENTWURF-einfuehrung-oblig-e-rechnung.html
Gesetz:
§ 14 UStG

Das BMF hat am 25.6.2025 einen Entwurf eines zweiten Schreibens zur Einführung der E-Rechnung veröffentlicht.

Praxishinweis

Wir haben in BerP 11/2024 und Immer aktuell VI/2024 das Thema E-Rechnungen inkl. dem bisherigen BMF-Schreiben bereits ausführlich dargestellt. Über Neufang Online können Sie auf die Artikel und die dazugehörigen Video-Seminare zugreifen.

Nun hat das BMF das zweite BMF-Schreiben zu dieser Thematik als Entwurf den Verbänden am 25.6.2025 mit der Gelegenheit zu einer Stellungnahme übersandt. Die endgültige Veröffentlichung des BMF-Schreibens ist für das IV. Quartals 2025 geplant. Es ist möglich, dass im finalen Schreiben noch Änderungen aus der Praxis einfließen. Daher ist zu beachten, dass die nachfolgenden Ausführungen lediglich den noch nicht endgültigen Entwurf behandeln.

Aus dem jetzigen Entwurf sind u. E. nachfolgende Punkte hervorzuheben.

1.
Besondere Rechnungen
1.1
Verträge und Dauerrechnungen

Vertrag als E-Rechnung möglich

Als Rechnung i. S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG ist auch ein Vertrag anzusehen. Er kann eine E-Rechnung darstellen, wenn er die Anforderungen an deren Format; ansonsten handelt es sich um eine sonstige Rechnung. Bei bestehender Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung ist dann daher zusätzlich eine E-Rechnung auszustellen. In dieser kann der zugrundeliegende Vertrag als ergänzende Angabe in einem in der E-Rechnung enthaltenen Anhang aufgenommen werden. Die Angabe der Steuernummer oder USt-IdNr. des leistenden Unternehmers muss als Pflichtangabe im strukturierten Teil der E-Rechnung enthalten sein.

Bei Dauerschuldverhältnis ist Initialisierungs-E-Rechnung notwendig

Besteht eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung, ist es bei einem Dauerschuldverhältnis (z. B. Mietverhältnis) ausreichend, wenn einmalig für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, in welcher der zugrundeliegende Vertrag als Anhang enthalten ist oder sich aus dem sonstigen Inhalt der E-Rechnung klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt. Ändern sich die umsatzsteuerrechtlichen Rechnungspflichtangaben nach §§ 14, 14a UStG (nicht nachträglich - hierzu nächster Absatz - sondern bereits zu Beginn!), muss die ursprüngliche E-Rechnung berichtigt werden oder eine neue E-Rechnung ausgestellt werden. Solange sich die Rechnungsangaben nicht ändern, besteht für zulässigerweise als sonstige Rechnung erteilte Dauerrechnungen keine Pflicht, zusätzlich eine E-Rechnung auszustellen. 

Bei Anpassungen des Vertrags nochmalige Initialisierungs-E-Rechnung notwendig

Wichtig: Ändern sich die umsatzsteuerrechtlichen Rechnungspflichtangaben nach §§ 14, 14a UStG in den Folgezeiträumen (z. B. bei einer Mieterhöhung), müssen die Änderungen in einer neuen E-Rechnung abgebildet werden.

Angabe des Leistungsdatums bei Dauerschuldverhältnissen

Ist in einem Vertrag - z. B. in einem Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater - der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben, reicht es aus, wenn sich dieser aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z. B. aus den Ausfertigungen der Überweisungsaufträge, ergibt. Die in einem Vertrag enthaltene gesonderte Inrechnungstellung der Steuer muss jedoch wie bei jeder anderen Abrechnungsform eindeutig, klar und unbedingt sein.

Rechnungen bei Dauerschuldverhältnissen und Rechnungsnummer

Bei einer E-Rechnung über ein Dauerschuldverhältnis ist es erforderlich, dass die Rechnungsnummer im strukturierten Teil der E-Rechnung enthalten ist, um die die Voraussetzung des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG zu erfüllen. Dabei ist es ausreichend, wenn eine in dem zugrundeliegenden Vertrag enthaltene einmalige Nummer (z. B. Wohnungs- oder Objektnummer, Mieternummer) verwendet wird. Es ist nicht erforderlich, dass Zahlungsbelege eine gesonderte fortlaufende Nummer erhalten.

1.2
Kleinbetragsrechnungen und andere Ausnahmen

Kulanzfälle können, müssen aber nicht als E-Rechnung ausgestellt werden

Rechnungen von Kleinunternehmern müssen nach § 34a UStDV nicht als E-Rechnungen ausgestellt werden. Dies übernimmt nun auch die Finanzverwaltung. Ebenso müssen Kleinbetragsrechnungen bis 250 € und Fahrausweise nicht als E-Rechnungen ausgestellt werden. Jedoch stellt die Verwaltung klar, dass es in diesem Fällen das Wahlrecht des Leistungserbringers obliegt, ob dieser nicht doch (freiwillig) mittels E-Rechnung abrechnet.

Praxishinweis

Der Leistungsempfänger hat kein Recht eine sonstige Rechnung zu verlangen, sofern es sich um eine B2B Leistung zwischen im Inland (oder in Gebieten nach § 1 Abs. 3 UStG) ansässigen Unternehmen handelt und die Leistung nicht vollständig nach § 4 Nr. 8-29 UStG steuerfrei ist.

2.
Inhalt einer E-Rechnung
2.1
Ergänzungsmöglichkeiten durch Anhänge in der E-Rechnung

Ergänzung der Datei durch Anhang ist nicht ausreichend

Ein bloßer Verweis in den strukturierten Daten auf eine Anlage, in der die Rechnungspflichtangaben in unstrukturierter Form enthalten sind, genügt nicht; es liegt sodann eine sonstige Rechnung vor, die nicht die Voraussetzungen einer E-Rechnung erfüllt. Die eigentlichen Rechnungspflichtangaben müssen im Datensatz selbst enthalten sein und können maximal über den Anhang ergänzt werden.

2.2
Wie detailliert muss der „Leistungsinhalt“ in der E-Rechnung beschrieben werden?

Gleiche Voraussetzungen wie bei bisherigen Rechnungen

Besteht die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung, gilt hinsichtlich der Leistungsbeschreibung, dass die im strukturierten Teil der E-Rechnung enthaltenen Angaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen müssen. Ergänzende Angaben können jedoch in einem in der E-Rechnung enthaltenen Anhang aufgenommen werden (z. B. eine Aufschlüsselung von Stundennachweisen in einer PDF-Datei). Ein enthaltener Link erfüllt nicht die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG.

2.3
Wie detailliert muss das „Leistungsdatum“ in der E-Rechnung beschrieben werden?

Bei sonstigen Rechnungen genügt in Bezug auf das Leistungsdatum eine allgemeine Beschreibung wie z. B. „Leistungsdatum entspricht Rechnungsdatum“1. In einer E-Rechnung hingegen muss die Angabe im vorgegebenen strukturierten Datenformat enthalten sein.

3.
Wann besteht eine E-Rechungspflicht und wann ein Wahlrecht?

E-Rechnung kann freiwillig immer geschrieben werden

Für Umsätze, bei denen trotz fehlender Verpflichtung zur Ausstellung (z. B. bei Umsätzen, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, oder an private Endverbraucher) eine Rechnung ausgestellt wird, kann eine E-Rechnung nur bei Zustimmung des Rechnungsempfängers verwendet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 5 UStG).

Sofern keine Pflicht zur Verwendung einer E-Rechnung (nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, zweiter Halbsatz UStG) besteht, ist die Verwendung einer sonstigen Rechnung in Papierform immer zulässig. Auch in diesen Fällen kann eine E-Rechnung oder eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format verwendet werden, dies bedarf aber der Zustimmung des Rechnungsempfängers (§ 14 Abs. 1 Satz 5 UStG). Die Zustimmung bedarf dabei keiner besonderen Form und kann auch konkludent (z. B. durch eine widerspruchslose Annahme) erfolgen. Die Zustimmung kann z. B. in Form einer Rahmenvereinbarung (z. B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) erklärt werden. Sie kann auch nachträglich erklärt werden. Es genügt aber auch, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.

Praxishinweis

E-Rechnungs-Pflicht bei Misch-Umsätzen

Für Leistungen, die zumindest teilweise in die unternehmerische Sphäre des Leistungsempfänger bezogen werden, besteht die Verpflichtung zur Abrechnung mittels E-Rechnung.

E-Rechnung auch bei besonderen Besteuerungsformen

Die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung besteht auch dann, wenn die Umsätze den Sonderregelungen nach §§ 23a bis 25c UStG (z. B. Differenzbesteuerung oder Reisemargenbesteuerung) unterliegen oder wenn der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Abs. 2 UStG ausführt, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schuldet.

4.
Was passiert, wenn eine Pflicht zur E-Rechnung besteht, diese jedoch ignoriert wird?

Falsche Rechnungsform wird toleriert, wenn Unternehmerstatus des Empfängers unklar ist

Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung wird beim Rechnungsaussteller nicht beanstandet, solange er keine Kenntnis davon hatte und auch nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erkennen konnte, dass seine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wurde. Die Verwendung der USt-IdNr. oder der Wirtschafts-IdNr. kann ein Indiz dafür sein, dass der Leistungsempfänger als Unternehmer handelt. U. E. ist daher zu empfehlen, in den AGB klar zu regeln, dass nur bei Verwendung einer USt-IdNr. oder Wirtschafts-IdNr. von einer B2B Leistung ausgegangen wird. Ein entsprechendes Eingabefeld bei der Kundenregistrierung sollte bei Online-Dienstleitungen daher eingestellt werden.

5.
Übermittlung von E-Rechnungen

Übermittlungsweg ist beliebig

Auf welchem Wege die E-Rechnung übermittelt wird, steht dem Unternehmer frei. E-Rechnungen können z. B. per E-Mail, per Download über ein Internetportal oder per EDI, per Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder durch gemeinsamen Zugriff auf einen zentralen Speicherort innerhalb eines Konzernverbundes übermittelt werden. Auf welches zulässige elektronische Rechnungsformat und welchen zulässigen Übermittlungsweg sich die Vertragsparteien einigen, ist zivilrechtlich zwischen ihnen zu klären.

E-Mail-Postfach genügt und muss nicht neu sein

Bei einem Empfang mittels E-Mail ist kein gesondertes E-Mail-Postfach nur für den Empfang von E-Rechnungen erforderlich. Es ist jedoch u. E. technisch ratsam, ein solches einzurichten.

6.
E-Rechnung und GoBD

Verarbeitung außerhalb GoBD-konformer Systeme wird erlaubt

Formell ist folgendes zu begrüßen: Für Zwecke der Umsatzsteuer gilt, dass alleine wegen einer Speicherung und Archivierung von E-Rechnungen außerhalb eines GoBD-konformen Datenverarbeitungssystems kein Verstoß gegen § 14b Abs. 1 UStG und die Unversehrtheit des Inhalts im Sinne von § 14 Abs. 3 UStG vorliegt.

7.
Technische Details zu E-Rechnungen
7.1
Fehler in der E-Rechnungs-Datei und Vollständigkeit des Datensatzes

Keine E-Rechnung wenn Fehler in der Datei

Bezüglich formeller Mängel eine E-Rechnung führt das BMF u. a. aus: Auch eine Datei, die aufgrund von Formatfehlern die Anforderungen an das strukturierte elektronische Format einer E-Rechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 6 UStG (EN 16931) nicht erfüllt, stellt unter den Vorgaben des § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format dar. D. h. die Rechnung erfüllt nicht die Voraussetzungen einer E-Rechnung. Dabei ist es unerheblich, welcher Art die Formatfehler sind, da die Datei dann nicht der Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 6 UStG entspricht.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass nur formell zutreffende Dateien von der Verwaltung als E-Rechnungen akzeptiert werden.

Praxishinweis

Validierungsanwendung ist dringend empfohlen

Ebenso stellt das BMF klar: Ob eine Rechnung die Anforderungen der Normenreihe EN 16931 - auch hinsichtlich der gültigen Geschäftsregeln - erfüllt, kann beispielsweise durch die Nutzung einer geeigneten Validierungsanwendung überprüft werden. Inhaltliche Fehler (festgestellt z. B. als kritischer Fehler - „critical Error“ - im Rahmen einer Validierung) führen dazu, dass eine E-Rechnung vorliegt, die jedoch nicht ordnungsmäßig ist.

7.2
Fehler in der E-Rechnungs-Datei und Vollständigkeit des Datensatzes

Hybriddateien: E-Rechnung und Bilddatei müssen nur weitestgehend übereinstimmen

Enthält der Bildteil eines hybriden Rechnungsformats keine von dem strukturierten Teil abweichenden Rechnungsangaben nach §§ 14, 14a UStG, handelt es sich bei dem Bildteil um ein inhaltlich identisches Mehrstück. Enthält der Bildteil dagegen abweichende Rechnungsangaben (z. B. aufgrund manipulativer Eingriffe eine andere Leistungsbeschreibung oder einen abweichenden Umsatzsteuerbetrag), stellt er ggf. eine weitere (sonstige) Rechnung dar, für die die Voraussetzungen des § 14c UStG zu prüfen sind. Dabei werden technisch begründete geringfügige Abweichungen, konkretisierende oder ergänzende Informationen (z. B. aus Gründen der Darstellung verkürzte Leistungsbeschreibung oder Rundungsdifferenzen) nicht beanstandet, wenn der Charakter als inhaltlich identisches Mehrstück nicht verloren geht. Ein Vorsteuerabzug ist auch in diesen Fällen nur aus dem strukturierten Rechnungsteil möglich.

8.
Besonderheiten zu Rechnungsanpassungen nach § 17 UStG

Keine Rechnungskorrektur bei Mängelrügen

Großzügig ist die Verwaltung bei sog. Mängelrügen: Mindert sich nach Rechnungsausstellung die Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG aufgrund des in der Bauwirtschaft häufig anzutreffenden Falles von Unstimmigkeiten über die Höhe des abgerechneten Entgelts (z. B. Mängelrügen hinsichtlich der Bauausführung), ist eine Rechnungsberichtigung nicht erforderlich. Änderungen im Leistungsumfang oder -gehalt (z. B. relevante Aufmaßänderungen) stellen hingegen keine bloße Änderung der Bemessungsgrundlage dar und erfordern daher grundsätzlich eine Rechnungsberichtigung hinsichtlich der Leistungsbeschreibung.

Skonti, Boni etc. führen nicht zu neuen E-Rechungen

Die Berichtigungspflicht ist bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage - auch bei einer E-Rechnung - nicht von einer Änderung des Steuerbetrags in der ursprünglichen Rechnung abhängig. Die ursprüngliche Rechnung muss in derartigen Fällen daher nicht berichtigt werden, z. B. bei einer nachträglichen Zahlung wegen Rabatt- oder Bonusvereinbarungen auf Grundlage der Jahresabnahmemengen. Zu den Rechnungsangaben in der ursprünglichen Rechnung in derartigen Fällen vgl. Abschn. 14.5 Abs. 19 UStAE. Ein Belegaustausch ist nur für die in § 17 Abs. 4 UStG bezeichneten Fälle vorgeschrieben. Ein Beleg im Sinne von § 17 Abs. 4 UStG kann, muss aber nicht als umsatzsteuerliche Rechnung ausgestellt werden.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 17.12.2008 XI R 62/07, BStBl 2009 II S. 432