- Gericht / Az:
- BFH, Urteil vom 5.6.2024 IV R 22/22
- Fundstelle:
- DStR 2024 S. 1695
- Gesetz:
- § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB , § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 6 Abs. 1 Nr.[_]3a EStG
- Streitfrage:
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Ist für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gewährung von Altersfreizeit, die unter einer Bedingung steht, eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden?
Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für Rückstellungen gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz und steuerliche Sondervorschriften (z. B. § 5 Abs. 4a EStG) nicht entgegenstehen. Eine Rückstellung ist auch zu bilden, wenn sich Leistung und Gegenleistung aus einem Vertrag wertmäßig nicht ausgleichen.
Altersfreizeit von Arbeitnehmern
Im Urteilsfall stand nach dem Tarifvertrag den Mitarbeitern eine zusätzlich bezahlte Freizeit von zwei Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit zu, soweit sie dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehört und das 60. Lebensjahr vollendet haben.
Von Bedingung ab-hängig
Das Finanzamt lehnte die Bildung einer Rückstellung hierfür ab, weil die wesentliche wirtschaftliche Verursachung in der Zukunft liege und zudem die Inanspruchnahme von einer Bedingung (Vollendung des 60. Lebensjahres) abhängig sei.
Vergleichbarkeit zur Jubiläumsrückstellung
Die Altersfreizeitrückstellung ist mit der Jubiläumsrückstellung (Arbeitnehmer- oder Firmenjubiläum1) vergleichbar. Auch dort wird die Passivierung bejaht, obwohl die zugrunde liegenden Verpflichtungen ebenfalls nur dann zu erfüllen sind, wenn der jeweilige Arbeitnehmer zum Jubiläum noch für das Unternehmen tätig ist. Auch bei der Jubiläumsverpflichtung hat der Arbeitnehmer bei Ausscheiden vor dem Stichtag keinerlei Ansprüche2.
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeit
Die Arbeitnehmer haben durch ihre Arbeitsleistung eine Vorleistung erbracht. Hingegen muss der Arbeitgeber seine Gegenleistung in Gestalt der Altersfreizeit noch erbringen. Insofern befindet er sich in einem Erfüllungsrückstand, für den eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeit zu bilden ist.
Die Ungewissheit besteht insoweit der Höhe nach. Eine etwaige Fluktuation der Belegschaft ist nur bei der Ermittlung der Rückstellungshöhe zu berücksichtigen und schließt die Passivierung der Rückstellung dem Grunde nach nicht aus.