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Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG bei teilentgeltlicher Übertragung eines GmbH-Anteils

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 12.12.2023 IX R 15/23
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 17 EStG
Streitfrage:
Wie ist der Freibetrag bei § 17 EStG im Rahmen einer teil­ent­gelt­lichen Übertragung zu berechnen?

Es gilt die Tren­nungs­theorie

Werden im Privatvermögen gehaltene Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 17 EStG teilentgeltlich veräußert, ist die sog. strenge Trennungstheorie an­zu­wen­den. Dies bedeutet, dass die Übertragung nach dem Verhältnis der Ge­gen­leis­tung zum Verkehrswert der übertragenden Anteile in eine ent­gelt­liche und in eine unentgeltliche Übertragung aufzuteilen ist. Der BFH be­stä­tigt damit seine bisherige Rechtsprechung1.

Berechnung des Freibetrags in teilentgeltlichen Fällen

Zudem stellt der BFH klar, wie der Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG in teil­entgeltlichen Fällen zu berechnen ist. Nur i. H. der Entgeltichkeitsquote kommt der Freibetrag in Betracht. Es gilt beispielhaft2:

Sachverhalt

A ist Alleingesellschafter der X-GmbH und damit wesentlich i. S. des § 17 EStG beteiligt. Er überträgt seinen GmbH-Anteil (100 %) an seinen Sohn S zum Preis von 30.000 €. Der Verkehrswert des Anteils beträgt 300.000 €. Die historischen Anschaffungskosten des A betragen 25.000 €.

Stellungnahme

In Höhe des entgeltlichen Teils liegt eine steuerpflichtige Veräußerung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vor. Es ist das Teileinkünfteverfahren anzuwenden (§ 3 Nr. 40 Buchstabe c; § 3c Abs. 2 EStG). Die Entgeltlichkeitsquote beträgt 10 % (30.000 € / 300.000 €). Nach der sog. strengen Trennungstheorie sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nur 2.500 € (25.000 € x 10 %) der An­schaf­fungs­kosten zu berücksichtigen. Nach § 17 Abs. 2 und Abs. 3 EStG er­mit­telt sich der nach § 17 EStG zu versteuernde Gewinn wie folgt:

Veräußerungspreis: 30.000 €, davon 60 % =18.000 €
./. AK entgeltl. Teil: 2.500 €, davon 60 % =./. 1.500 €
Veräußerungsgewinn     16.500 €

./. maximaler Freibetrag:

9.060 € x 10 % =906 €

Abschmelzung:

36.100 € x 10 % =3.600 €
./. Veräußerungsgewinn16.500 €
Abschmelzung Freibetrag um./. 12.900 €
verbleibender Freibetrag             0 €
zu versteuern nach § 17 EStG 16.500 €

Praxishinweise

In Höhe des unentgeltlichen Teils liegt ein Fall der Fußstapfentheorie vor. Es sind historische Anschaffungskosten des A i. H. von 22.500 € (90 % von 25.000 €) auf S übergegangen (§ 17 Abs. 2 Satz 5 EStG). Die An­schaf­fungs­kosten des S betragen somit insgesamt 52.500 € (22.500 € + 30.000 €).

Für unentgeltlichen Teil: Fußstapfen­theorie

Wird im vorstehenden Beispiel nicht der gesamte Anteil, sondern z. B. nur die Hälfte hiervon veräußert, müsste die Freibetrags-Berechnung noch­mals um den Faktor 50 % angepasst werden. Es ergibt sich sodann ein Ver­äußerungsgewinn von 8.250 € sowie ein maximaler Freibetrag von 453 €, welcher auf 0 € abgeschmolzen wird.

Was passiert, wenn nicht der gesamte Anteil übertragen wird?

Schenkungsteuerrechtlich liegt eine gemischt-freigebige Zuwendung vor. Die Übertragung des GmbH-Anteils ist begünstigungsfähig nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und kann damit dem Grunde nach der Verschonung nach § 13a ErbStG unterfallen. Der Kaufpreis kann als Gegenleistung be­reiche­rungs­mindernd abgezogen werden. Soweit für den GmbH-Anteil eine Verschonung nach § 13a ErbStG gewährt wird, ist der Abzug aller­dings eingeschränkt (§ 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG).

Hinweis zur SchenkSt

Bei Veräußerungen i. S. des § 16 EStG, welche nicht zum vollen Entgelt statt­fin­den, gilt die sog. Einheitstheorie. Sofern das Entgelt unterhalb des über­tra­gen­en Kapitalkontos liegt, gilt der Vorgang als voll unentgeltlich (damit § 6 Abs. 3 EStG); sofern das Entgelt über dem Kapitalkonto liegt, gilt der Vorgang als voll entgeltlich (damit § 16 EStG)3. Liegt das Entgelt über dem Kapital, ist ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG (auch im Falle des Teilentgeltes) zu gewähren4. Wird - bezugnehmend auf das obige Bei­spiel - ein Mitunternehmeranteil mit einem Kapital von 25.000 € für 30.000 € veräußert, obgleich der Verkehrswert des Anteils bei 300.000 € liegen würde, beträgt der Veräußerungsgewinn i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 2 EStG: 30.000 € Veräußerungspreis ./. 25.000 € Kapital = 5.000 €. Dieser Gewinn wäre nach Anwendung des Freibetrags i. S. des § 16 Abs. 4 EStG - bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen - gänz­lich steuerfrei.

Was gilt bei § 16 EStG?


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 17.7.1980 IV R 15/76, BStBl 1981 II S. 11; siehe auch H 17 (4) EStH „Teilentgeltliche Übertragung“.
  2.  ]Das nachfolgende Beispiel bassiert vereinfacht auf den Zahlen des Besprechungsurteils.
  3.  ]Vgl. ausführlich Wacker, in Schmidt, EStG, 43. Aufl., § 16 Rz. 66 ff. m. w. N.
  4.  ]BFH, Urteil v. 10.7.1986 IV R 12/81, BStBl 1986 II S. 811; hierzu kritisch, der die Gewährung des Freibetrags bei einem Teilentgelt u. E. zu Recht für systematisch falsch erachtet Wacker, in Schmidt, EStG, 43. Aufl., § 16 Rz. 66.