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Musterverfahren zur Besteuerung der Energie­preis­pau­scha­le

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
Musterverfahren vor dem FG Münster unter dem Az. 14 K 1425/23 E
Fundstelle:
www.fg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/verfahren_besonde­res_interesse/index.php
Gesetz:
§§ 112 ff. EStG
Streitfrage:
Ist die Besteuerung der Ener­gie­preis­pau­scha­le zulässig?

Aktiv-EPP im Sep­tem­ber 2022

Im September 2022 wurde über den Arbeitslohn einmalig eine Ener­gie­preis­pau­scha­le von 300 € ausbezahlt (§ 117 EStG). Bei den Ein­künften nach §§ 13, 15, 18 EStG erfolgte die Aus­zahlung über eine Minderung der ESt-Vor­aus­zah­lung zum 10.9.2022 um 300 € (§ 118 EStG).

Aktiv-EPP unterliegt der LSt oder führt zu sonstigen Ein­künf­ten nach § 22 Nr. 3 EStG

Die vom Arbeitgeber ausgezahlte Ener­gie­preis­pau­scha­le unterliegt als „sonsti­ger Bezug“ dem Lohnsteuerabzug (§ 119 Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei anderen Er­werbs­tätigen führt die Ener­­gie­­preis­­pau­scha­le zu Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG, jedoch ohne Anwendung der Frei­grenze von 256 € (§ 119 Abs. 2 EStG). Die Versteuerung erfolgt für den Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2022 - un­ab­hängig vom tatsächlichen Auszahlungszeitpunkt.

Auch Renten-EPP ist steuerpflichtig

Diese Grundsätze gelten nicht nur für die „Aktiv-EPP“. Auch die evtl. zusätz­lich aus­be­zahlte Ener­gie­preis­pau­scha­le für Rentner und Versorgungs­em­pfän­ger unterliegt der Besteuerung.

Drei verschiedene EPP

Zusammengefasst gelten bezüglich der verschiedenen Ener­gie­preis­pau­scha­len und deren Besteuerung die folgenden Grund­sätze:

Praxishinweis

Eine ausführliche Darstellung der Besteuerung der Ener­gie­preis­pau­scha­le fin­den Sie in Beratungspraxis 5/2023 S. 288 ff. und Immer aktuell III/2023 S. 202 ff.

Besteuerung der EPP ist kritisch

Die Besteuerung der Ener­gie­preis­pau­scha­le ist jedoch kritisch zu sehen, weil es sich hierbei nicht um eine Einkunftsart, sondern um eine staatliche Sub­ven­tion handelt1:

Arbeitslohn ist die Gegenleistung für das Zurverfügungstellung der in­di­vi­duel­len Arbeitskraft2. Arbeitslohn ist auch von dritter Seite möglich. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um ein Entgelt für eine Leistung handelt und im Zusammenhang mit dem Dienst­ver­hält­nis steht3.

Kein Arbeitslohn von Dritter Seite

Sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG setzen voraus, dass eine Leistung für jedes Tun oder Dulden oder Unter­las­sen gewährt wird, das Ge­gen­stand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Ent­gelts will­len erbracht wird4.

Keine Leistung für Tun oder Dulden oder Unter­las­sen

Musterverfahren vor dem FG Münster

Nach diesen Grundsätzen ist die Besteuerung der Ener­gie­preis­pau­scha­le kri­tisch zu sehen. Aus diesem Grund ist vor dem FG Münster unter dem Az. 14 K 1425/23 E ein Mus­ter­ver­fah­ren anhängig5. Dort geht es um die Frage, ob die Ein­kom­mens­be­steuerung der Ener­gie­preis­pau­scha­le für die aktiven Einkünfte zu­lässig ist. Für eine Ein­spruchs­be­grün­dung kann die folgende Musterformulierung verwendet werden, die ggf. je nach Einkunftsart anzupassen ist:

Musterformulierung für Einspruch

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem Einkommensteuerbescheid vom xxxxx haben Sie die Ener­gie­preis­pau­scha­le den Einkünften nach § 19 EStG oder § 22 Nr. 3 EStG unterworfen. Hiergegen wird Einspruch erhoben. Dies wird wie folgt begründet:

Arbeitslohn ist die Gegenleistung für das Zurverfügungstellung der in­di­vi­duel­len Arbeitskraft (R 19.3 Abs. 1 Satz 1 LStR). Arbeitslohn ist auch von drit­ter Seite möglich. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um ein Entgelt für eine Leistung handelt und im Zusammenhang mit dem Dienst­ver­hält­nis steht.
Sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG setzen voraus, dass eine Leistung für jedes Tun oder Dulden oder Unter­las­sen gewährt wird, das Ge­gen­stand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Ent­gelts will­len erbracht wird (H 22.8 EStH „All­gemeines“).

Bei der Energiepreispauschale handelt es sich somit nicht um eine Einkunfts­art, sondern um eine staatliche Sub­ven­tion.

Hierzu ist unter dem Az. 14 K 1425/23 E beim FG Münster ein Muster­ver­fah­ren anhängig. Wir beantragen Ruhen des Verfahrens bis zu einer Ent­schei­dung des FG Münster.

Weiteres Urteil:
AN verklagt AG auf Auszahlung der EPP

In einer weiteren Entscheidung kam das FG Münster6 zum Ergebnis, dass die Ener­gie­preis­pau­scha­le beim Finanz­ge­richt eingeklagt werden kann. Im Ur­teils­fall hat ein Arbeit­neh­mer seinen Arbeitgeber beim Finanzgericht auf Aus­zah­lung der Ener­gie­preis­pau­scha­le verklagt.

EPP kann beim FG eingeklagt werden


Klage richtet sich gegen das FA

Für eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers besteht nach Ansicht des FG Münster kein Rechtsschutz­in­te­res­se, weil er nicht Schuldner der Ener­gie­preis­pau­scha­le ist. Mit der Aus­zah­lung dieser Pauschale erfüllen Arbeitgeber keine Lohnansprüche ihrer Ar­beit­neh­mer, sondern fungieren als Zahlstelle des Staates. Nach­dem es sich bei der Ener­gie­preis­pau­scha­le um eine Steuervergütung handelt, ist die Ener­gie­preis­pau­scha­le beim Finanz­amt und nicht beim Arbeitgeber einzukla­gen. Es liegt eine abgabenrechtliche Streitigkeit vor, nachdem für die Aus­zah­lung der Ener­gie­preis­pau­scha­le nach § 120 Abs. 1 EStG die Vor­schrif­ten der AO entsprechend anzuwenden sind.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Kanzler, NWB 2022 S. 3417.
  2.  ]R 19.3 Abs. 1 Satz 1 LStR.
  3.  ]Ausführlich Skript zum Seminar Arbeitslohn 2023 S. 57.
  4.  ]BFH, Urteil v. 26.4.1977 VIII R 2/75, BStBl 1977 II S. 631; H 22.8 EStH „Allgemeines“.
  5.  ]Abrufbar unter: www.fg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/verfahren_besonderes_interesse/index.php (Stand: 23.10.2023).
  6.  ]FG Münster, Urteil v. 5.9.2023 11 K 1588/23 Kg, juris.