Neufang Akademie

nach oben

Zur Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen i. S. des § 233a Abs. 1 der AO als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
BFH, Beschluss vom 1.8.2023 VIII R 8/21
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 233a Abs. 1, Abs. 5 AO , § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 und 3 EStG

Erstattungszins = Einnahmen, Nachzahlungszins = steuerunwirksam

Im Steuerrecht existiert eine Ungleichbehandlung bei Zinsen nach § 233a AO. Während die Erstattung von Zinsen einen Kapitalertrag i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG darstellt, sind Nachzahlungszinsen i. S. derselben Vorschrift gem. § 12 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG der Sphäre der steuerrechtlich unbeachtlichen Einkünfteverwendung zugewiesen1. Die Rechtsprechung rechtfertigt dies damit, dass die Erstattungszinsen eine Art Ertrag für die staatliche Kapitalüberlassung darstellen2, wohingegen Nachzahlungszinsen auf eine i. d. Regel nicht fristgerechte Steuer(voraus)entrichtung zurückzuführen sind.

Können auch negative Einnahmen vorliegen

Der Urteilsfall beschäftigte sich mit der Frage, ob die Rückzahlung von Erstattungszinsen auch nach § 12 Nr. 3 EStG steuerunwirksam ist, oder ob es sich um negative Kapitalerträge handelt. Hierzu entschied der BFH:

Werden Erstattungszinsen zur Einkommensteuer i. S. des § 233a Abs. 1 AO zugunsten des Steuerpflichtigen festgesetzt und an ihn ausgezahlt, und zahlt der Steuerpflichtige diese Zinsen aufgrund einer erneuten Zinsfestsetzung nach § 233a Abs. 5 Satz 1 AO an das Finanzamt zurück, kann die Rückzahlung zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG führen.
Das Entstehen negativer Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG setzt allerdings voraus, dass die vom Steuerpflichtigen aufgrund der erneuten Zinsfestsetzung zu zahlenden Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum entfallen wie die aufgrund der früheren Zinsfestsetzung erhaltenen Erstattungszinsen.

Was kompliziert klingt, ist auch kompliziert. Machen wir es konkreter.

Sachverhalt

Anwendungsbeispiel

Dem Steuerpflichtigen werden im Rahmen eines Änderungsbescheides Erstattungszinsen i. H. von 44 Monaten x 100 € = 4.400 € erstattet. Zwölf Monate später erlässt die Finanzbehörde erneut einen Änderungsbescheid. In diesem fordert sie nun Zinsen i. H. von 56 x 80 € = 4.480 € zurück.

Stellungnahme

Nach Ansicht des BFH handelt es sich bei den 4.400 € zunächst um Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG. Die Zinsrückzahlung stellt für den ersten Zeitraum von 44 Monaten (somit 44 x 80 € = 3.520 €) negative Kapitalerträge dar und ist insoweit nach § 20 EStG steuerwirksam. Für den restlichen Zwölf-Monatszeitraum (somit 12 x 80 € = 960 €) liegen Aufwendungen nach § 12 Nr. 3 EStG vor.

Praxishinweis

Im Rahmen des § 20 EStG gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 15.4.2015 VIII R 30/13, BFH/NV 2019 S. 935, Rz. 27; BFH, Beschluss v. 6.3.2019 VIII B 94/18, Rz. 6
  2.  ]BFH, Urteil v. 18.2.1975 VIII R 104/70, BStBl 1975 II S. 568; BFH, Beschluss v. 17.5.2021 VIII B 85/20, BFH/NV 2021 S. 1352.