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Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 14.2.2023 IX R 3/22
Fundstelle:
DStR 2023 S. 435
Gesetz:
§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Streitfrage:
Sind Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen steuerpflichtig?

Andere Wirtschaftsgüter als privates Veräußerungsgeschäft

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG werden neben Grundstücken auch andere Wirtschaftsgüter bei den privaten Veräußerungsgeschäften erfasst, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Die Regelung be­trifft alle Wirtschaftsgüter im Privatvermögen, d. h. Sachen und Rechte im Sinne des BGB, tat­säch­li­che Zustände, konkrete Möglichkeiten und vermögenswerte Vorteile1. Aus­ge­nom­men sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs2.

Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen sind steuerpflichtig

Im Besprechungsurteil wurden verschiedene Kryptowährungen (Bitcoin, Ether, Monero) im Tausch gegen Euro, Fremdwährungen oder gegen andere virtuelle Währungen (Currency Token) angeschafft und anschließend zurückgetauscht. Hieraus wurde ein Gewinn von 3,4 Mio. € erzielt. Der BFH bejaht grundsätzlich die Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne. Die erworbenen, getauschten und veräußerten Currency Token stellen andere Wirt­schafts­güter im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar und können damit Ge­gen­stand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein.

Kein Vollzugsdefizit

Ein strukturelles Vollzugsdefizit, welches der Besteuerung von Kryptowährungen ent­ge­gen­stehen würde, liegt nach Auffassung des BFH nicht vor. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts er­for­der­li­chen Auskünfte im Rahmen von Sammelauskunftsersuchen auch bei den Be­trei­bern von Krypto-Handelsplattformen einzuholen3.

Erfolgen Anschaffung und Veräußerung oder Tausch der Token innerhalb eines Jahres, sind die daraus erzielten Gewinne oder Verluste bei der Besteuerung zu berücksichtigen.

Praxishinweise

Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist es, innerhalb der Haltefrist von einem Jahr realisierte Werterhöhungen (und Minderungen) eines anderen Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Eine Ein­kunfts­er­zie­lungs­ab­sicht ist nicht zu prüfen.
Tauschvorgänge sind den Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen gleichgestellt4.
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften können nur mit entprechenden Ge­win­nen ausgeglichen werden (§ 23 Abs. 3 Satz 7 EStG).
Das Kreieren von Kryptowährungen stellt weder ein Glücksspiel noch einen nicht steuerbaren Lottogewinn dar.
Das Besprechungsurteil steht im Einklang zu dem ergangenen BMF-Schreiben5. Dieses wurde in BerP 8/2021 S. 488 und 8/2022 S. 447 besprochen.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 29.10.2019 IX R 10/18, BStBl 2020 II S. 258; BerP 5/2020 S. 258.
  2.  ]§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.
  3.  ]§ 93 Abs. 1a AO.
  4.  ]Levedag, in Schmidt, EStG, 41. Aufl., § 23 Rz. 51.
  5.  ]BMF, Schreiben v. 10.5.2022 IV C 1 - S 2256/19/10003 :001, BStBl 2022 I S. 668.