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Anspruch auf Prozesszinsen nur für bezahlte Steuern

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 17.5.2022 VII R 34/19
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 236 AO
Streitfrage:
Besteht eine Zinspflicht auch für Steuern, die von der Vollziehung ausgesetzt worden sind?

Ein Anspruch auf Prozesszinsen entsteht, wenn durch eine rechtskräftige gerichtliche Ent­schei­dung oder aufgrund einer solchen die bisher festgesetzte Steuerschuld he­rab­ge­setzt oder eine Steuervergütung gewährt wird (§ 236 Abs. 1 AO).

Im Streitfall obsiegte die Klägerin im gerichtlichen Verfahren. Die streitige Steuerschuld war jedoch aufgrund eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zeitweise an sie zu­rück­gezahlt worden.

Prozesszinsen auch auf ausgesetzte Steuern?

Im vorliegenden Revisionsverfahren hatte der BFH die Rechtsfrage zu entscheiden, ob Pro­zess­zinsen nur auf tatsächlich entrichtete Steuerbeträge entstehen oder auch für die­je­ni­gen Steuern zu gewähren sind, die für einen bestimmten Zeitraum von der Voll­zie­hung aus­ge­setzt worden waren.

In seiner umfangreich begründeten Entscheidung kommt der BFH zum Ergebnis, dass die Regelung der Prozesszinsen in der AO dem Steuerpflichtigen einen Ausgleich dafür ge­wäh­ren, dass er über den gezahlten Betrag nicht verfügen kann, weil er diesen aufgrund des fehlenden Suspensiveffekts der Klage an das Finanzamt zu zahlen hat. Wird dem Steu­er­pflichtigen der gezahlte Betrag jedoch aufgrund einer AdV des Abgabenbescheids zu­min­dest vorübergehend zurückgezahlt, wird er dadurch in die Lage versetzt, über sein Geld zu verfügen und damit zu wirtschaften. Die vorübergehende Erstattung einer Steuer wirkt sich damit positiv auf die Liquidität des Steuerpflichtigen aus. Eine Verzinsung auch für diesen Zeitraum würde daher zu einer Überkompensation führen, die im Widerspruch zum Zweck der Regelung und den Motiven des Gesetzgebers steht.

Die Regelung der Prozesszinsen zielt zudem nicht auf einen vollständigen Scha­dens­aus­gleich ab, sondern soll lediglich im Wege der Billigkeit Härten abfedern. Ent­steht ein da­rü­ber­hi­naus­gehender Schaden des Steuerpflichtigen, bleibt ihm un­be­nom­men, Amts­haf­tungs­ansprüche nach Art. 34 GG, § 839 BGB auf dem Zivilrechtsweg gel­tend zu machen.

Praxishinweis

Die Zinsen für jeden Monat betragen 0,5 % (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO). Sie sind nur für volle Monate zu zahlen, damit bleiben angefangene Monate außer Ansatz (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO). Der zu verzinsende Betrag wird gemäß § 238 Abs. 2 AO auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag abgerundet.

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