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Sozialversicherungsfreiheit bei Pauschalierung auch nachträglich möglich?

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Gericht / Az:
LSG Niedersachsen, Urteil vom 24.3.2022 L 12 BA 3/20
Fundstelle:
DStR 2022 S. 1444
Gesetz:
§ 41b EStG

Betriebsveranstaltungen

Betriebsveranstaltungen führen bei teilnehmenden Arbeitnehmern zu Arbeits­lohn, soweit der Zuwendungsbetrag den Freibetrag von 110 € je Arbeitnehmer übersteigt1 (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Darüberhinausgehende Beträge können - was in der Praxis regelmäßig ge­schieht - nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 25 % pauschal lohnversteuert werden.

Pauschalierung bewirkt nicht immer Freiheit in der Sozialversicherung

Diese pauschalversteuerten Beträge sind sozialversicherungsfrei. Dies gilt, und stellt ein enormes Problem für die Praxis dar, jedoch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV nur, soweit die Pauschalierung mit der Ent­gelt­abrechnung für den Ab­rech­nungs­zeit­raum der Betriebsveranstaltung er­folgt. Konkret bedeutet dies z. B. Folgendes:

Sachverhalt

Der Arbeitgeber führt im Februar 2022 eine Betriebsveranstaltung durch. Weil nach seiner Auffassung/Berechnung die Aufwendungen den Betrag von 110 € nicht übersteigen, nimmt er keine Pauschalierung vor. Im Rahmen einer Lohn­steuerprüfung im August 2022 wird ermittelt, dass der Betrag von 110 € je Arbeitnehmer überschritten ist. Für den übersteigenden Betrag möchte der Arbeitgeber nun pauschalieren.

Stellungnahme

Steuerlich ist die Pauschalierung möglich. Diese wirkt jedoch - nach dem bis­herigen Rechts­verständnis - nicht auf die Sozialversicherung. D. h. die Sozial­ver­sicherungsbeiträge aus dem pauschalierten Betrag müssen abgeführt werden, zumindest bisher.

Nachträgliche Pauschalierung führt zur Freiheit in der SozV?

Nach den Grundsätzen des Besprechungsurteils bewirkt auch die nachträgliche Pauschalierung eine Sozialversicherungsfreiheit. Es kommt nur darauf an, dass tatsächlich pauschaliert wird, nicht wann die Pauschalierung durchgeführt wird. Dies kann für die Praxis eine enorme Erleichterung sein, auch wenn keine Rechtsprechung des BSG existiert.

Praxishinweise

Sollten in einem solchen Fall Beiträge nachgefordert werden, empfehlen wir Wi­der­spruch einzulegen und auf das Urteil des LSG Niedersachsen zu verweisen.
Die nachträgliche Pauschalierung bewirkt jedoch keine Sozialversicherungs­frei­heit, wenn der steuerpflichtige Teil der Kosten einer Betriebs­ver­an­stal­tung be­reits steuer- und sozialversicherungspflichtig abgerechnet und eine Lohn­steuer­be­scheinigung aus­ge­stellt wurde. Dies ist regelmäßig bis Ende Februar des Folgejahrs der Fall. In der Folge bleibt die Sozialversicherungspflicht be­stehen. Damit sind vor allem Weih­nachts­fei­ern weiterhin ein Praxis­prob­lem.

Nicht über den Jahreswechsel möglich


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Ausführlich hierzu BMF, Schreiben v. 14.10.2015, BStBl 2015 I S. 832; siehe auch Skript zum Seminar Arbeitslohn 2022 S. 48 ff.