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Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig

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Gericht / Az:
BVerfG, Beschluss vom 8.7.2021 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 238 AO

BVerfG zur Zinshöhe

Mit Spann­ung wurde die Ent­schei­dung des BVerfG im Hin­blick auf die Ver­fass­ungs­mä­ßig­keit der Zins­hö­he von 0,5 % p. m. gem. § 238 AO für Steu­er­nach­zahl­un­gen und -er­statt­un­gen er­war­tet. Prak­tisch be­deut­sam ist diese vor allem in Nach­zahl­ungs­fällen nach Au­ßen­prüf­un­gen.

Aufgrund der allgemeinen Zinsniveauentwicklung (der Basiszins betrug im Jahr 2008 noch über 3 %, sank im Laufe des Jahres 2009 rapide auf 0,12 %; seit Januar 2013 liegt er im negativen Bereich) wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach die aktuelle Zinshöhe von 6 % p. a. kritisiert.

Gesetzliche Neuregelung notwendig

Mit seinem Beschluss vom 8.7.2021 hat das BVerfG nun entschieden, dass die Zinshöhe für die Verzinsungszeiträume (Steuerjahre) nach 2014 ver­fass­ungs­wid­rig ist. Demnach muss der Gesetzgeber nachbessern, aller­dings ge­währt das BVerfG für die Nachbesserung zwei Fristen:

Zum einen hat der Gesetzgeber Zeit bis zum 31.7.2022, um eine Neu­re­gel­ung zu treffen, sodass dies mutmaßlich erst eine der Aufgaben der neu­en Bundesregierung sein wird.
Außerdem hat das BVerfG zwar festgestellt, dass der Zins seit 2014 ver­fas­sungs­widrig ist. Dennoch muss der Gesetzgeber erst für die Ver­zins­ungs­zeit­räu­me ab 2019 eine gesetzliche Neuregelung treffen. Daher ist zu er­war­ten, dass die Neuregelung auch erst für die Steuerjahre nach 2019 in Kraft treten wird.

Für alle offenen Fälle seit 2019

Die Neuregelung betrifft sodann alle nicht bestandskräftigen Zins­fest­setz­un­gen. Weil seit dem Frühjahr 2019 i. d. Regel ein Vorläufig­keits­ver­merk auf den entsprechenden Steuerbescheiden zu finden ist, sollte je­doch in der Praxis der Großteil der noch änderbaren Fälle von der zu tref­fen­den Neuregelung betroffen sein.

Praxishinweise

Nicht immer ist dies positiv, denn die vom Gesetzgeber zu treffende Zins­senkung wirkt sich in Erstattungsfällen natürlich negativ aus. Für be­reits er­stattete Zinsen gilt Bestandsschutz, wenn die Zinsfestsetzung ver­fah­rens­recht­lich nicht mehr änderbar ist. Weil es aktuell noch keine Fälle des Zinsfestsetzungszeitraumes 2019 mit Erstattungszinsen geben kann1, ist eine Vertrauensschutzabwägung nicht notwendig."
Über die künftige Zinshöhe kann aktuell nur spekuliert werden. Das Ge­setz­ge­bungs­verfahren bleibt abzuwarten.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]Aufgrund der Änderung des Art. 97 Abs. 2 EGAO beginnt der Zinslauf für die Veranlagungsjahre 2019 erst mit dem 1.10.2021.