- Gericht / Az:
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BFH, Beschluss vom 17.11.2020 VIII R 11/18 (Az. des BVerfG noch unbekannt)
- Gesetz:
- § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG
Aktienverluste nur mit -gewinnen verrechenbar?
Der VIII. Senat des BFH hat dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Beschränkung der Verrechnung von Verlusten aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien (§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG) und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen gegen Art. 3 GG verstößt. Nach Überzeugung des BFH kann § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG nicht verfassungsgemäß ausgelegt werden.
Die Norm des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG bewirkt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerpflichtige ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Gerade der Punkt, dass Verluste aus Aktienfonds (Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG) nicht unter die Verlustbeschränkung fallen, ist u. E. problematisch und stellt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Aktienverluste dar. Eine Rechtfertigung für diese nicht folgerichtige Ausgestaltung der Verlustausgleichsregelung für Aktienveräußerungsverluste ergibt sich weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher Steuermindereinnahmen noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen oder aus anderen außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen.
Auswirkung für die Praxis
Für den steuerlichen Berater bedeutet dies, dass Fälle, bei denen Aktienverluste nicht voll ausgeglichen werden können, nicht bestandskräftig werden dürfen. Weil eine Aktienverlustverrechnung häufig auf Ebene des depotführenden Instituts erfolgt, sind Antragsveranlagungen nach § 32d Abs. 4 EStG notwendig. Es ist zu hoffen und u. E. zu erwarten, dass die Verwaltung den Punkt in den Vorläufigkeitskatalog i. S. des § 165 AO aufnehmen wird. Aktuell ist dies jedoch noch nicht der Fall.
Praxishinweis
Zu einer vollständigen Darstellung der Thematik Verlustverrechnung wird auf unsere Ausführungen in Beratungspraxis 7/2021 verwiesen1.