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Rückwirkende Rechnungsberichtigung in den Fällen des § 13b UStG

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Gericht / Az:
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 17.9.2020 11 K 324/19 (Rev. eingelegt, Az. des BFH: V R 33/20)
Fundstelle:
EFG 2021 S. 76
Gesetz:
§ 13b UStG , § 14 UStG
Streitfrage:
Ist eine rückwirkende Rechnungskorrektur in Fällen möglich, in denen die Parteien irrtümlich von § 13b UStG ausgegangen sind?

Niederlassung über­sehen, fälsch­li­cher­weise § 13b UStG an­ge­nommen

Die Anwendung der Steuerschuldumkehr des § 13b UStG ist in der Praxis nicht immer einfach. Im Besprechungsurteil wendeten die Parteien irrtümlich § 13b UStG an, weil sie davon ausgingen, dass der Leistungserbringer im Ausland ansässig war (§ 13b Abs. 1 UStG). Tatsächlich bestand jedoch eine in­ländische Niederlassung, sodass ein im Inland regulär steuerpflichtiger Um­satz vorlag.

Praxishinweis

Vertrauensschutz in bestimmten Fällen

In bestimmten Sachverhalten (§ 13b Abs. 2 Nr. 4, 5 Buchstabe b, Nr. 7 bis 12 UStG) sieht § 13b Abs. 5 Satz 8 UStG in Zweifelsfällen einen Ver­trau­ens­schutz hin zu § 13b UStG vor, wenn beide Partien die Vorschrift über­ein­stim­mend anwenden und das Steueraufkommen nicht gefährdet ist. Dies kann vor allem bei Bauleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG) hilfreich sein.

Im Rahmen einer Außenprüfung verlangte das Finanzamt die nicht abgeführte Umsatzsteuer für die vergangenen Jahre inkl. Nachzahlungszinsen. Einen rückwirkenden Vorsteuerabzug versagte es - trotz erfolgter Rech­nungs­kor­rek­tur. Eine Rech­nungs­kor­rek­tur mit Rückwirkung sei nur mög­lich, wenn ursprünglich ein ausreichend hoher Steuerausweis vorhanden war.

Praxishinweise

Der Grundsatz, dass eine Rechnungskorrektur mit Vergangenheitswirkung nur bei ausreichend hohem offenen Steuerausweis möglich ist, entspricht der aktuellen Verwaltungsauffassung1.

Rechnungs­kor­rek­tur nur bei offe­nem Steu­er­aus­weis

Allerdings sieht die Verwaltung inzwischen selbst ein2: Wird fälsch­li­cher­wei­se von einem Wechsel der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 und 5 UStG ausgegangen und deswegen in der Rechnung ein Hin­weis nach § 14a Abs. 5 UStG erteilt, sind derartige Rechnungen gleich­wohl unter den übrigen Voraussetzungen mit Rückwirkung be­rich­ti­gungs­fähig.

Bei § 13b UStG inzwischen Rück­wirk­ung mög­lich

Das Finanzgericht kam hingegen zu folgendem Ergebnis: Gehen Leistender und Leistungsempfänger irrtümlich von der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens aus, ist trotz fehlenden Ausweises von Umsatzsteuer eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich. Dies entspricht der ge­än­der­ten Ver­wal­tungs­mein­ung3.

Allgemein gilt für die Frage der Rückwirkung von Rechnungskorrekturen:

Eine rückwirkende Berichtigung ist inzwischen unstrittig möglich. Um eine Rechnung rückwirkend berichtigen zu können, sind jedoch auch nach An­sicht der Verwaltung4 im ursprünglichen Dokument zumindest die sog. fünf Rech­nungs­kernangaben (Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leis­tungs­empfän­ger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur geson­dert aus­ge­wiesenen Umsatzsteuer) erforderlich.

Ursprüngliche Rech­nung jedoch zwin­gend er­for­derlich

Die obigen fünf Rech­nungs­kernangaben müssen hinreichend bestimmt vor­handen sein, müssen aber nicht fehlerfrei sein. So ist z. B. eine falsche Adres­sierung (etwa ein Schreibfehler) oder ein vergessener Rechts­form­zu­satz un­schäd­lich, solange der Leistungsempfänger bzw. -er­brin­ger dennoch aus den vor­handenen Angaben eindeutig identifizierbar ist.

Schematisch gilt Folgendes:


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  1.  ]BMF, Schreiben v. 18.9.2020 III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001, BStBl 2020 I S. 976; BerP 11/2020 S. 647.
  2.  ]BMF, Schreiben v. 18.9.2020 III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001, BStBl 2020 I S. 976, Rz. 23.
  3.  ]BMF, Schreiben v. 18.9.2020 III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001, BStBl 2020 I S. 976, Rz. 23.
  4.  ]BMF, Schreiben v. 18.9.2020 III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001, BStBl 2020 I S. 976, Rz. 16; künftig auch Abschn. 15.2a Abs. 7 Satz 6 UStAE.