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Wegfall der personellen Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 17.4.2019 IV R 12/16
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 16 EStG , § 24 Abs. 1 EStG
Streitfrage:
Führt der Wegfall der personellen Verflechtung bei einer be­stehen­den Be­triebs­auf­spal­tung zu einer Zwangs­be­triebs­auf­ga­be?

Zu entscheidende Rechtsfragen

Mit dem Urteil1 hatte der IV. Senat zwei wichtige Rechtsfragen zu beantworten, nämlich ob

der Wegfall der personellen Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung zu einer Zwangsbetriebsaufgabe führt2 und
die Einbringung eines gesamten Mitunternehmeranteils vorliegt, wenn sich die wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonder-Betriebsvermögen be­fin­den und dieses miteingebracht wird.

Streitiger Sach­ver­halt

Zum besseren Verständnis wird der Sachverhalt kurz dargestellt:

Sachverhalt

Ausgangssituation

Verpachtungsgesellschaft: P-GbR, Gesellschafter waren V und S zu je 50 %; das Bürogebäude wurde an die P-GmbH verpachtet.

Betriebsgesellschaft: P-GmbH, V 48 % und S 52 %; die P-GmbH ist eine reine Handelsgesellschaft.

Produktionsgesellschaft: P-Srl (Sitz im Ausland); einziger Gesellschafter war die P-GmbH.

Veränderung der Rechtsverhältnisse

30.01.08: V übertrug unentgeltlich seine Anteile an der P-GmbH auf S

09.12.08: Neugründung der P-GmbH & Co. KG durch V und S, die zu je 50 % Kommanditisten wurden. Komplementär war die V-GmbH, die vermögensmäßig nicht an der GmbH & Co. KG beteiligt war. Bei der Gründung wurden folgende Einbringungen zum Buchwert vereinbart:

Das Vermögen der P-GbR soll im Wege der Anwachsung auf die P-GmbH & Co. KG übergehen.
V und S bringen ihre Anteile an der P-GbR in die P-GmbH& Co. KG ein.

Reaktion der Finanzverwaltung

30.1.08: Zwangsbetriebsaufgabe und Realisierung sämtlicher stiller Reserven (Grundstück und Anteile an der P-GmbH) durch Entnahmen zum Teilwert. Diese Auffassung wurde von der Vorinstanz übernommen3.

09.12.08: Einlagen zum Teilwert (Grundstück und Anteile an der P-GmbH).

1.Zum Wegfall der personellen Verflechtung und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen

Betriebsaufspal­tung ist bis 30.01.08 un­strei­tig

Unstreitig lag bis zum 30.01.08 eine Betriebsaufspaltung vor, weil

das durch die P-GbR an die P-GmbH überlassene Grundstück eine wesent­liche Betriebsgrundlage darstellte, somit die sachliche Verflechtung vorlag und
die personelle Verflechtung aufgrund der Personengruppentheorie zu be­jahen war.

Ruhender ge­werb­licher Be­trieb ent­steht

Nach dem 30.01.08 liegt zwar keine Betriebsaufspaltung mehr vor; aber es ist ein ruhender gewerblicher Betrieb anzunehmen. Dies deshalb, weil das ver­pachtete Grundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage der P-GbR dar­stel­lte.

Praxishinweise

Solange eine Betriebsaufspaltung vorliegt, die gewerbesteuerpflichtig ist, wird der ruhende gewerbliche Betrieb, der nicht gewerbesteuerpflichtig ist, durch diese suspendiert.
Entfällt die personelle Verflechtung und verändert sich die Verpachtung nicht, so kommen die Grundsätze des ruhenden gewerblichen Betriebs zur Anwendung.
Damit wird die unechte Betriebsaufspaltung der echten Be­triebs­auf­spal­tung (Verpachtung eines organischen Betriebs) gleich­ge­stellt. Eine andere Behandlung wäre mit dem Gleichheitssatz nicht zu ver­ein­baren.

Die unentgeltliche Übertragung der Anteile an der P-GmbH von V auf S erfolgte zum Buchwert im Rahmen des Sonder-Betriebsvermögens bei der P-GbR (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG).

2.Gründung der P-GmbH & Co. KG

§ 24 UmwStG: Ge­samter MU-An­teil muss ein­ge­bracht wer­den

Der Anwendung des § 24 UmwStG steht es nicht entgegen, dass neben dem unwesentlichen Gesamthandsvermögen das wesentliche Vermögen in die Zielpersonengesellschaft eingebracht wird, das sich bisher im Sonder-Be­triebs­ver­mögen befand.

Praxishinweise

Der BFH hat in einem orbiter dictum zudem ausgeführt, dass es für die Anwendung des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ausreicht, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen aus dem Sonder-Betriebsvermögen in das Sonder-Betriebsvermögen der Zielgesellschaft überführt werden.
Wird das gesamte wesentliche Gesamthandvermögen bei der Ziel­ge­sell­schaft in das Sonder-Betriebsvermögen überführt, ist u. E. ein Fall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG vorliegend.

Dem zu Folge ist die Nichteinbringung der Anteile von S an der P-GmbH unschädlich, weil diese weiterhin Sonder-Betriebsvermögen (anstatt bei der P-GbR nunmehr bei der P-GmbH & Co. KG) darstellen.

BerP 10/2019

Eine umfassende Besprechung des Urteils erfolgt in BerP 10/2019.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 17.4.2019 IV R 12/16, juris; Prozessbevollmächtigter war Prof. Bernd Neufang.
  2.  ]Entgegen der Verwaltungsauffassung verneinend: BerP 2016 S. 749; B. Neufang/Otto, BB 2011 S. 2967; B. Neufang, StB 2012 S. 64; B. Neufang/Bohnenberger, DStR 2016 S. 578.
  3.  ]FG Baden-Württemberg, Urteil v. 10.2.2016 12 K 2840/13, EFG 2016 S. 1169.