- Gericht / Az:
- BFH, Urteile vom 12.11.2025 II R 25/24, II R 31/24, II R 3/25
- Fundstelle:
- juris
- Gesetz:
- GrStG
- Streitfrage:
-
Sind die Regelungen zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1.1.2022 (§§ 218 ff. BewG i. d. F. vom 26.11.2019 „Bundesmodell“) verfassungsgemäß?
Der BFH bestätigt inhaltlich die Auffassungen der Vorinstanzen und versagte den Revisionen in der Sache den Erfolg. Er ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der in den Streitfällen anzuwendenden Regelungen überzeugt, deswegen kommt seiner Auffassung nach eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt daher nicht in Betracht.
| 1. | Verfassungsrechtliche Prüfung |
Die formelle Verfassungsmäßigkeit wird vom BFH bejaht, da dem Bund nach Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zustand, trotz der Länderöffnungsklauseln.
In materieller Hinsicht hält der BFH die Ausgestaltung des Ertragswertverfahrens für verfassungskonform. Die Maßgeblichkeit von gesetzlich typisierten Bodenrichtwerten zur Bestimmung des Bodenwerts mit der entsprechenden gesetzlich normierten Bandbreite verstoße nicht gegen eine realitäts- und relationsgerechte Bewertung im Sinne der Anforderungen des BVerfG. Diese gesetzliche zulässige Typisierung werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Einzelfall berechtigte und gerichtlich überprüfbare Einwendungen gegen die Art und Weise der Ermittlung der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse vorgebracht werden können.
Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liege ebenfalls nicht vor. Der BFH konstatiert zwar, dass es zu Ungleichbehandlungen führen kann, weil die in der Nettokaltmiete zum Ausdruck kommende Ertragskraft von Immobilien in guten Lagen nicht vollständig erfasst werde. Diese möglichen Ungleichbehandlungen sind nach Auffassung des BFH jedoch durch das legitime Ziel eines weitgehend automatisierten Grundsteuervollzugs verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Ferner würden die unterschiedlichen Bewertungen vergleichbarer Immobilien bei Feststellung des Grundsteuerwerts auf der dritten Stufe der Grundsteuererhebung durch die jeweiligen Gemeinden in aller Regel zu betragsmäßig überschaubaren Belastungsdifferenzen führen, die verfassungsrechtlich noch hinnehmbar sind.
| 2. | Auswirkungen auf andere Ländermodelle |
Die drei aktuellen Entscheidungen sind auch für Wohnungseigentümer in den Ländern Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen von Bedeutung, da diese Länder ebenfalls das „Bundesmodell“ verwenden.
Für Wohnungseigentümer in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben die aktuellen Entscheidungen keine Konsequenzen, da diese Länder eigene Grundsteuermodelle verwenden. Der BFH plant, im April 2026 über das baden-württembergische Modell mündlich zu verhandeln.
| 3. | Wie geht es weiter? |
Die vollständig abgefassten Urteile in allen drei Verfahren werden Anfang 2026 vorliegen. Erst danach werden wir sehen, wie es weitergeht.
Praxishinweis
Der Immobilienbesitzerverband Haus und Grund hatte bereits vor dem Urteil angekündigt, er wolle im Falle einer Niederlage vor dem Bundesfinanzhof vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Sobald ein entsprechendes Aktenzeichen bekannt ist, werden wir sie informieren.