
- Verwaltungs-
anweisung: - JStG 2024
- Fundstelle:
- BGBl 2024 I Nr. 387
- Gesetz:
- § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe f EStG
- Streitfrage:
-
Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht für Arbeitnehmer durch das JStG 2024.
Spätestens seit Corona ist der Begriff Homeoffice fester Teil der Arbeitswelt. Dabei kommt es auch vor, dass Arbeitnehmer vom ausländischen Homeoffice aus tätig werden. Sodann stellt sich die Frage, ob Deutschland hierfür ein Besteuerungsrecht zusteht. Die Erweiterung des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe f EStG durch das JStG 2024 ist dabei von besonderer Bedeutung.
Praxishinweis
Zur Thematik Mitarbeiterentsendung ins Ausland bieten wir am 9.9., 11.9. und 15.9.2025 eine dreiteilige Seminarreihe an. Behandelt werden dabei im Schwerpunkt die Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung bei Mitarbeiterentsendungen, Gehaltsaufteilungen und Reisekostenrecht bei Mitarbeiterentsendungen und der Aspekt Sozialversicherung bei internationalen Beschäftigungen.
Physische Arbeitsausübung in Deutschland bislang relevant
Im internationalen Steuerrecht wird die Besteuerung von Arbeitnehmer häufig am sog. Tätigkeitsortprinzip festgemacht, also dort, wo sich der Arbeitnehmer bei Ausübung seiner Tätigkeit physisch aufhält. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG sichert Deutschland ein Besteuerungsrecht für Arbeitslohn, wenn trotz eines fehlenden Wohnsitzes im Inland, die Tätigkeit des Arbeitnehmers in Deutschland ausgeübt worden ist. Folglich war das Besteuerungsrecht Deutschlands bislang an eine physisch in Deutschland ausgeübte Tätigkeit gebunden. Tätigkeiten im ausländischen Homeoffice für einen deutschen Arbeitgeber führen beispielsweise nicht zu einem inländischen Besteuerungsrecht, weil es an einer physischen Anwesenheit des Arbeitnehmers im Inland mangelt.
1. | Anpassungen des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG seit 2024 |
Mehrere Änderungen seit 2024
§ 49 Abs. 1 EStG regelt umfassend das Besteuerungsrecht für beschränkt Steuerpflichtige in Deutschland. Im speziellen erfuhr § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Bezug auf die Einkünfte von Arbeitnehmern seit 2024 einige Änderungen, wodurch sich Deutschland ein noch umfassenderes Besteuerungsrecht zusichert und auch das Risiko einer Doppelbesteuerung in Kauf nimmt. Vielmehr ist zwischenzeitlich nicht mehr nur das Tätigkeitsortprinzip von Bedeutung. Hierdurch erhöht sich der administrative Aufwand für Unternehmen, welche prüfen und bewerten müssen, ob eine Verpflichtung zum Lohnsteuereinbehalt in Deutschland besteht.
2. | Neuer Buchstabe f in § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG |
Arbeitslohn während Freistellung in Deutschland steuerverhaftet
§ 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG wurde zum 1.1.2025 um einen Buchstaben f ergänzt, welcher Arbeitslohn, der in Zeiten der widerruflichen oder unwiderruflichen Arbeitsfreistellung und im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gewährt wird, in Deutschland besteuert. Dies gilt unter der Voraussetzungen, dass der Arbeitgeber mit Beendigung der tatsächlichen Arbeit Deutschland verlassen und seinen Wohnsitz aufgegeben hat. Es wird unterstellt, dass in Zeiten der Freistellung die Arbeit ohne eine Freistellung im Inland ausgeübt worden wäre.
Durch diese fiktive Annahme einer Tätigkeit in Deutschland, wird der Arbeitslohn Deutschland zukünftig in der Phase der Freistellung zugeordnet. Ergänzung erhält mit § 50d Abs. 15 Satz 2 EStG Deutschland ein Besteuerungsrecht, welches auch etwaige Zuordnungsregelungen einschlägiger DBA überschreibt. Eine Doppelbesteuerung von Einkünften droht.
3. | Abfindungen |
Abfindungen sind rückwirkend bzgl. des Besteuerungsrechts zu bewerten
Abfindungen werden in Deutschland u. a. für den Verlust des Arbeitsplatzes und zukünftig entgehende Einnahmen gewährt. Weil sie nicht für eine geleistete Arbeit gezahlt werden, gelten diese auch nicht als Entgelt lt. SvEV. Im internationalen Kontext sieht § 50d Abs. 12 EStG jedoch vor, dass Abfindungen nicht für die Zukunft, sondern für das vergangene Arbeitsverhältnis gewährt werden und gem. der Steuerpflicht in dieser Anstellungsphase aufzuteilen sind. Verlässt der Arbeitnehmer Deutschland und gibt er seinen inländischen Wohnsitz auf, kann eine Abfindung dennoch der (vollständigen) inländischen Besteuerung unterliegen. Folglich wird hierbei auch nicht mehr auf die physische Anwesenheit in einem Land abgestellt, sondern eine fiktive Betrachtung in die Vergangenheit herangezogen. Auch hier droht eine Doppelbesteuerung von Einkommen.
4. | Homeoffice Tage am Beispiel Luxemburg |
Auch ausländische Homeoffice Arbeitstage können steuerpflichtig sein
Durch eine weitere Änderung wurde § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG zuletzt umfassend ergänzt, sodass seit dem Jahr 2024 auch Arbeitslohn der inländischen beschränkten Steuerpflicht unterliegt, wenn die Arbeit im ausländischen Homeoffice ausgeübt wird, ein Abkommen mit diesem Land aber Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist. Dies ist beispielsweise im DBA-Luxemburg der Fall, wonach bis zu 34 Tage im Homeoffice im Ansässigkeitsstaat (Luxemburg) gearbeitet werden können, ohne dass der Ansässigkeitsstaat (Luxemburg) sich ein Besteuerungsrecht einräumt. Würde man auf den Tätigkeitsort abstellen, hätte Luxemburg ein Besteuerungsrecht, Deutschland jedoch nicht, weil § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG bislang auf die Anwesenheit abstellte. Auch dies wurde geändert und Deutschland ein umfassendes Besteuerungsrecht eingeräumt.
Praxishinweis
Genaue Prüfung, wenn (ehemalige) Mitarbeiter Deutschland verlassen
Die beschränkte Steuerpflicht von Arbeitnehmern wird umfassender und ist längst nicht mehr an die physische Anwesenheit des Arbeitnehmers im Inland bei Auszahlung gebunden. Arbeitgeber müssen genau prüfen, welche Zahlungen an im Ausland lebende (ehemalige) Arbeitnehmer gezahlt werden. Aus diesem Grund räumt § 50 Abs. 2 Satz 8 EStG nun auch beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern in allen noch offenen Fällen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz, die Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staats oder der Schweiz sind, sowie Staatsangehörigen der Schweiz mit Wohnsitz in der Schweiz oder in der EU auf Antrag eine Veranlagung ein.