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Arbeitgeberstellung bei Geschäftsführern, Vor­stän­den und Prokuristen

Kategoriegrafik
Verwaltungs-
anweisung:
BMF, Schreiben vom 12.12.2023 IV B 2 - S 1300/21/10024
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 38 EStG
Problemstellung:
Leitende Angestellte, Prokuristen und Geschäftsführer können aufgrund ihrer Funktion in einem Land der vollen Besteuerung unterliegen.

Die moderne Arbeitswelt ist im Wandel: Internationale Mobilität und grenz­über­schrei­ten­de Tätigkeiten gewinnen zunehmend an Bedeutung. Immer häu­fi­ger entsenden Unternehmen ihre Mitarbeiter für befristete oder dauerhafte Ein­sätze ins Ausland. Gerade im Bereich der Lohnabrechnungen entstehen da­durch neue Fragestellungen.

Praxishinweis

Zur Thematik Mitarbeiterentsendung ins Ausland bieten wir am 9.9., 11.9. und 15.9.2025 eine dreiteilige Seminarreihe an. Behandelt werden im Schwer­punkt die Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung bei Mit­ar­bei­ter­ent­sen­dun­gen, Ge­halts­auf­tei­lun­gen und Reisekostenrecht bei Mitarbei­ter­ent­sen­dun­gen und der Aspekt Sozial­ver­sicherung bei inter­na­tio­na­len Be­schäf­ti­gun­gen.

Arbeitnehmer unterliegen im internationalen Kontext und bei einer Tätigkeit in ver­schie­denen Staaten zumeist im jeweiligen Tätigkeitsstaat der dortigen Be­steue­rung. Anders kann es sich bei Geschäftsführern, Vorständen oder auch Pro­ku­risten verhalten, welche im Ausland leben und arbeiten, jedoch gleich­zeitig eine entsprechende Funktion in Deutschland ausüben.

1.
Besteuerung von Arbeitnehmern im DBA

Steuerliche Be­hand­lung des Ar­beits­lohns nach DBA

Auch Geschäftsführer, Vorstände und Prokuristen werden in den Dop­pel­be­steuerungs­ab­kommen grundsätzlich als Arbeitnehmer behandelt, sodass die einschlägigen Artikel und Verteilungsnormen Anwendung finden. Das Ein­kom­men eines Arbeitnehmers darf nach den grundlegenden Regeln in den Dop­pelbesteuerungsabkommen nur in dem Land be­steuert werden, in dem die Arbeit physisch ausgeübt wird. Alternativ verbleibt das Besteuerungsrecht beim Ansässigkeitsstaat, wenn

die Arbeit nur für eine begrenzte Dauer im anderen Land ausgeübt wird (i. d. Regel nicht mehr als 183 Tage innerhalb eines Jahres),
die Zahlungen durch einen Arbeitgeber erfolgen, der nicht in dem Land ansässig ist, in dem die Arbeit ausgeübt wird und
die Zahlungen nicht aus einer Betriebsstätte des Arbeitgebers in dem Land erfolgen, in dem die Arbeit ausgeübt wird.
2.Spezialnorm für Geschäftsführer

Verschiedene DBA ent­halten Spezial­norm für Ge­schäfts­führer

Verschiedene Doppelbesteuerungsabkommen (u. a. Art. 16 DBA-Belgien, Art. 15 Abs. 2 DBA-Niederlande, Art.16 DBA-Österreich, Art. 16 DBA-Polen und Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz) enthalten Einzelnormen für Geschäftsführer, Vorstände oder auch leitende An­ge­stellte. Die Ausführungen je DBA sind hier­bei unterschiedlich und umfassen ent­weder nur eine Personengruppe (Vor­stän­de und Aufsichtsratsmitglieder) oder auch Ge­schäfts­führer sowie mit der Geschäftsführung vertraute Personen. Im Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz sind zudem ausdrücklich leitende Angestellte bzw. Prokuristen in den An­wen­dungs­be­reich der Norm einzubeziehen.

3.
Steuerliche Auswirkung der Spezialnormen

Physischen Tätig­keits­aus­übung unbe­acht­lich

In den Fällen, in denen eine Spezialnorm für Geschäftsführer, Vorstände oder Prokuristen greift, ist der Ort der physischen Tätigkeitsausübung (physisches Tätigwerden) unbeachtlich. Sämtliche Vergütungen für solche Personen sind, unabhängig von ihrer physischen Arbeitsausübung, immer in dem Land steuer­pflich­tig, wo die Gesellschaft sitzt, mit der dieses Anstellungsverhältnis besteht. Unter Umständen droht einem nicht-wissenden Steuerausländer eine um­fang­reiche Steuerpflicht in Deutschland (z. B. nach § 1 Abs. 4 i. V. mit § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c EStG) sowie eine mögliche Doppelbe­steue­rung, welche sich allein auf seine Funktion im Unternehmen begründet.

4.
Auswirkungen auf die beratende Praxis

In grenzüberschreitenden Sachverhalten sind Mandanten auf das Risiko einer solchen Spezialnorm im DBA hinzuweisen und mögliche steuerliche Risiken darzulegen. Auch wenn im Ausland lebende und arbeitende Geschäftsführer oder Vorstände für ein deutsches Unternehmen tätig werden, können diese Kraft ihres Amtes als Geschäftsführer der vollständigen Besteuerung in Deutschland unterliegen und die GmbH oder AG zum Einbehalt von Lohn­steuer verpflichtet sein. Der Mandant hat dann die Verpflichtungen als Ar­beit­ge­ber i. S. des § 38 EStG wahrzunehmen.

Lohnsteuer-Außenprüfer können über einen Ausdruck aus dem Han­dels­re­gister sehr schnell erkennen, wer Geschäftsführer ist und wo dieser lebt. Ist er nicht Teil der deut­schen Gehaltsabrechnung, kann es zu Nach­for­schun­gen und einer entsprechend hohen Steuernachforderung kommen.  

Praxishinweis

Prüfen Sie, vor allem bei GmbH’s mit ausländischen Mutter­ge­sell­schaf­ten, die Eintragungen im Handelsregister. Diese kann mitunter auch Pro­kuristen umfassen, sodass auch hierauf ein Augenmerk gelegt werden sollte. Im Nach­gang ist zu prüfen, ob der Geschäftsführer für sein Amt eine Vergütung, ggf. durch eine ausländische Gesellschaft erhält. Eine regel­mäßige Über­prü­fung im Rahmen der Jahres­wechsel­tä­tig­keiten empfiehlt sich in die­sem Zu­sam­menhang, um Mandanten auf Risiken im internationalen Kontext hinwei­sen zu können.