Neufang Akademie

nach oben

Verwaltung äußert sich zur Gestaltung bei sog. Familiengenossenschaften

Kategoriegrafik
Verwaltungs-
anweisung:
Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 2.4.2025 S 7300.2.1-228/10 St33
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 8 KStG
Streitfrage:
Kann Privataufwand über sog. Familiengenossenschaften steuerlich abgezogen werden?

Famliengenossenschaften als Steuersparmodell für privaten Aufwand?

Immer wieder werden vermeintliche Top-Gestaltung zum Steuersparen propagiert - mit gemischten Erfolgen. Seit geraumer Zeit sind vermehrt Gründungen sog. Familiengenossenschaften zu beobachten. Hierbei handelt es sich um Genossenschaften, deren Mitglieder zumindest im Kern nur aus Angehörigen einer Familie bestehen. Diese Genossenschaften fallen dadurch auf, dass sie in nicht unerheblichem Maße und in vielfältigster Weise Aufwendungen tätigen, die der privaten Lebensführung eines oder mehrerer ihrer Mitglieder zuzurechnen sind. Hierunter fallen beispielsweise Aufwendungen für Fahrzeuge, Wochenendausflüge, Thermenbesuche, Urlaubsreisen, Restaurantbesuche, maßgeschneiderte Kleidung, Haustiere (Futter, Tierarzt), Fahrschulkurse, Sportboote, Supermarkteinkäufe, bis hin zum Bau von Garagen, Saunen oder Swimming-Pools auf oder in Grundstücken/Gebäuden der Mitglieder.

Begründung der Abzugsfähigkeit

Der steuerliche Abzug solcher privaten Aufwendung wird über § 1 Abs. 1 GenG begründet. Der Abzug des Aufwands als Betriebsausgabe auf Ebene der Genossenschaft sei zulässig, weil dadurch „der Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange“ gefördert würden. Da die Aufwendungen der Förderung der Mitglieder und damit dem Unternehmen der Genossenschaft und seinem Unternehmensgegenstand dienten, sei auch die Vorsteuer in voller Höhe abzugsfähig.

Verwaltung sieht hierin vGA

Wenig überraschend hatte bereits in 2023 das Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt1 sich dahingehend klar geäußert, dass ein Aufwand auf Ebene der Genossenschaft, der letztlich ausschließlich dem privaten Zweck der Genossenschaftsmitglieder dient, steuerrechtlich eine vGA sei. Dem schließt sich die Bayrische Finanzverwaltung mit der o. g. Verfügung an. Die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung gelten demnach auch bei Genossenschaften. Es besteht keine Notwendigkeit, speziell für Genossenschaften eine eigenständige Definition der verdeckten Gewinnausschüttung zu entwickeln. Danach ist die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG regelmäßig auch bei einer Genossenschaft gerechtfertigt, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Genossenschaft den beanstandeten Vermögensvorteil dem Mitglied der Genossenschaft nicht zugewendet hätte2. Nach § 1 Abs. 1 GenG hat die Förderung der Mitglieder „durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“ zu erfolgen. Die schlichte Zuwendung von Vermögensvorteilen an Mitglieder, die bei der Genossenschaft zu Vermögensminderungen/verhinderten Vermögensmehrungen i. S. des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG führen, ist nicht Ausfluss „gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs“, selbst wenn sie der Satzung der Genossenschaft entspricht. Mit dem Aufgabenbild eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft sind derartige Zuwendungen nicht vereinbar.

Rechtsprechung bestätigt diese Verwaltungsauffassung

Ein Blick in die Rechtsprechung bestätigt u. E. die von der Verwaltung vertretene Rechtsauffassung. Hervorzuheben sind dabei folgende Entscheidungen:

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.1.2025 - 11 K 11042/24. Demnach diente im Streitfall das Unternehmen der Genossenschaft vorwiegend “der Mittelbeschaffung zur Finanzierung der privaten Aufwendungen der ordentlichen Mitglieder. Eine solche Überschussverteilung ist nach der gesetzgeberischen Konzeption der Einkommensermittlung gerade nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen […], sondern stellt einen typischen Fall einer Gewinnausschüttung, die verdeckt erfolgt, dar.“
BFH, Urteil 22.10.2024 VIII R 23/21, BStBl 2025 II S. 33. Im Streitfall vermietete eine Genossenschaft Wohnraum unter der ortsüblichen Marktmiete an die Mitglieder der Genossenschaft. Die Minderung des Nutzungsentgelts für eine Genossenschaftswohnung führt nach Auffassung des BFH zu einem geldwerte Vorteil aufgrund der Nutzungsentgeltminderung und damit zu einer vGA. In der Folge liegen bei den Mitgliedern der Genossenschaft nach Auffassung des BFH Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. mit Abs. 3 EStG vor.

Für Vorsteuer gelten allgemeine Grundsätze

Auch zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung bei einer Genossenschaft äußert sich die bayrische Verwaltung mit der o. g. Verfügung. Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Vorsteuerabzugsberechtigung sog. Familiengenossenschaften erfolgt nach den umsatzsteuerlichen Grundsätzen. Unbeachtlich ist die Definition des Gegenstands des Unternehmens laut Satzung der Genossenschaft oder auch die genossenschaftsrechtliche Definition einer wirtschaftlichen Tätigkeit.

Mangels unternehmerischen Interesse keine Vorsteuer möglich

Ein Unternehmer ist nach § 15 Abs. 1 UStG grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen i. S. des § 2 Abs. 1 UStG und damit für seine unternehmerischen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt3. Der Vorsteuerabzug ist hingegen ausgeschlossen, soweit Leistungen nicht für eine unternehmerische Tätigkeit i. S. des § 2 Abs. 1 UStG, sondern für unternehmensfremde Tätigkeiten wie private Zwecke der Gesellschafter bezogen werden4. Aufwendungen von Familiengenossenschaften, die zur privaten Förderung ihrer Mitglieder getätigt werden, sind umsatzsteuerlich dem unternehmensfremden Bereich zuzuordnen. Ein Vorsteuerabzug hieraus ist folglich ausgeschlossen. Auch diese Auffassung der Verwaltung ist u. E. zutreffend.

Praxishinweise

Gestaltungen mit Genossenschaften, um Privataufwand steuerwirksam absetzen zu können, mögen zwar in Mode gekommen sein. Rechtssicher sind sie hingegen nicht, im Gegenteil. Lt. Verwaltungsmeinung und Tendenz der Rechtsprechung drohen vGA. Das vermeintliche Steuersparmodell wird häufig zum teuren Bumerang.
Wird eine solche Gestaltung gewählt, ohne die Finanzbehörde darüber transparent in Kenntnis zu setzen, liegt zusätzlich grundsätzlich der Tatbestand der Steuerhinterziehung vor5. Spätestens mit Veröffentlichung der vorstehenden Verwaltungsanweisungen sollte klar sein, dass die Finanzbehörde solche Gestaltungen auf dem Radar haben. Es ist zu erwarten, dass entsprechende Sanktionierungen erfolgen werden.

Steuerstrafrecht nicht zu unterschätzen


Fußnoten anzeigen


  1.  ]Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt, Verfügung v. 19.10.2023 42-S 2702-3, juris.
  2.  ]BFH, Urteil v. 20.1.1993 I R 55/92, BStBl 1993 II S. 376, Rz. 11.
  3.  ]BFH, Urteil v. 27.1.2011 V R 38/09, BStBl 2012 II S. 68; Abschn. 15.2b Abs. 2 UStAE.
  4.  ]BFH, Urteile v. 3.3.2011 V R 23/10, BStBl 2012 II S. 74; v. 12.1.2011 XI R 9/08, BStBl 2012 II S. 58; Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE
  5.  ]Vgl. ausführlicher https://www.fgs.de/news-and-insights/blog/detail/die-familiengenossenschaft-steuersparmodell-oder-steuerhinterziehung (Stand: 20.5.2025).