
- Gericht / Az:
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BFH, Urteil vom 20.11.2024 VI R 21/22
- Fundstelle:
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StEd 2025 S. 38
- Gesetz:
- § 8 Abs. 1 EStG , § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG
- Streitfrage:
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Führt die schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge zu Arbeitslohn?
Arbeitslohn: Weiterer Begriff
Der Begriff des Arbeitslohns ist sehr weitgehend und umfasst grundsätzlich alles, was dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft zufließt. Arbeitslohn kann jedoch auch vorliegen, wenn die Zuwendung durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist, ohne dass eine Gegenleistung für eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegt.
Marktüblicher Preis führt nicht zu Vorteil
Ein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil aus der Übertragung von Gesellschaftsanteilen ergibt sich zumeist aus der verbilligten Überlassung1. Erfolgt dies jedoch zu einem marktüblichen Preis, kann kein geldwerter Vorteil entstehen2. Ebenfalls kein Arbeitslohn ist anzunehmen, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen oder sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis, beruhender Beziehungen zum Arbeitgeber beruht.
Auch Leistungen von Gesellschaftern führen zu Arbeitslohn
Auch Leistungen der Gesellschafter des Arbeitgebers können auf Ebene der Arbeitnehmer zu Arbeitslohn führen, wenn diese als Ertrag für die in der Vergangenheit erbrachten oder den in der Zukunft zu erbringenden Leistungen im Zusammenhang stehen. Im vorliegenden Urteilsfall wurden die Anteile nicht aufgrund von (Arbeits-)Leistungen in der Vergangenheit oder der Zukunft übertragen, sondern einzig zur Regelung der Unternehmensnachfolge.
Wichtig: Keine Verbindung zum Arbeitsverhältnis
Weil der Wert der übertragenen Anteile deutlich über dem Jahresgehalt der klagenden (leitenden) Angestellten lag, die Anteilsübertragung nicht an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse gebunden war und zudem alle Beteiligten Anteile in gleicher Höhe erhielten, obwohl sie unterschiedlich lange im Betrieb angestellt waren und unterschiedlich hohe Gehälter bezogen, war keine Verbindung zum Arbeitsverhältnis erkennbar.
Sperrminorität und Einfluss auf die Unternehmensleitung
Dies schlug sich in den Vereinbarungen wieder, in welchen der Sohn zwar 74,61 % der Anteile erhielt, aber weitere (leitende) Angestellte zusammen 25,39 % bekamen und über die Sperrminorität verfügten, was entsprechenden maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensleitung zur Folge hatte. Es erfolgte demnach eine Übertragung außerhalb der bestehenden Arbeitsverhältnisse, sodass auch der BFH zu dem Ergebnis kam, dass im Fall der unentgeltlichen Schenkung von Gesellschaftsanteilen an (leitende) Arbeitnehmer kein Arbeitslohn vorliegt.