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Kein § 14c Abs. 1 UStG bei B2C-Leistungen trotz un­rich­tigem Steuerausweis

Kategoriegrafik
Verwaltungs-
anweisung:
BMF, Schreiben vom 27.2.2024 III C 2 - S 7282/19/10001 :002
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 14c UStG
Streitfrage:
Kann in B2C Fällen § 14c UStG entstehen?

§ 14c UStG: Ausgewiesene Steuer wird ge­schuldet

Wird Umsatzsteuer falsch ausgewiesen, schuldet der Rechnungsaussteller nach § 14c UStG diese falsch ausgewiesene Steuer, obgleich der Rech­nungs­empfänger hieraus keinen Vorsteuerabzug beanspruchen kann. Die bloße Gefährdung des Steueraufkommens genügt1.

EuGH: Steueraufkommen muss gefährdet sein

Der EuGH hat in seiner Entscheidung festgestellt2, dass § 14c UStG jedoch nur dann anzuwenden ist, wenn auch wirklich eine Gefährdung des Steuer­aufkommens vorliegt; die reine denklogische Möglichkeit genügt nicht. Der BFH sah dies bisher anders3 und musste seine Rechtsprechung ent­sprech­end anpassen.

Verwaltung schließt sich (ein­ge­schränkt) EuGH an

Mit dem o. g. BMF-Schreiben hat sich die Verwaltung der für die Praxis deut­lich günstigeren EuGH-Rechtsprechung angeschlossen. Demnach gilt nun: Wenn ein Unternehmer eine Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) tat­säch­lich aus­geführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuer­aus­weis an einen Endverbraucher gestellt hat, entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Dies gilt entsprechend auch für einen unberechtigten Steuer­aus­weis durch Kleinunternehmer nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG.

Einschränkungen der Verwaltung

Jedoch schränkt die Verwaltung diese scheinbare Großzügigkeit ein, was die Regelung in der Praxis schwer handhabbar macht:

Die Tatsache, dass die fragliche Rechnung an einen Endverbraucher i. S. des EuGH-Urteils ausgestellt worden ist, muss durch den Unternehmer glaubhaft dargelegt bzw. plausibel begründet werden. U. E. ist diese Ein­schränkung der Verwaltung zutreffend.

Beweislast liegt beim Unternehmer

In Mischfällen, in denen die gleiche Leistung betreffende Rechnungen mit falschem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Un­ter­neh­mer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die Grund­sätze des EuGH-Urteils nur bezüglich der durch den Unternehmer be­leg­ten Rechnungserteilungen an Endverbraucher anzuwenden. Soweit nicht hin­reich­end sicher beurteilt werden kann, ob die Rechnungsempfänger als Un­ter­neh­mer oder als Endverbraucher gehandelt haben, sind die Grund­sätze des EuGH-Urteils C-378/21 nicht anzuwenden. Insbesondere kann - nach der Verwaltungsauffassung - in diesen Fällen weder eine Schät­zung des Anteils der betroffenen Umsätze oder der an End­ver­braucher aus­ge­stell­ten Rechnungen noch eine Wahr­schein­lich­keits­be­rech­nung oder Ähn­li­ches erfolgen. Dies ist u. E. fehlerhaft. Eine Schätzung nach § 162 AO muss mög­lich sein.

Keine Schätzungs­möglichkeit - lt. Verwaltung

Die Grundsätze des EuGH-Urteils sind jedoch weitestgehend nur auf § 14c Abs. 1 UStG anwendbar. Bei § 14c Abs. 2 UStG (unberechtigter Steuer­aus­weis) gilt grundsätzlich auch in B2C-Fällen weiterhin die Steuer­schuld­ner­schaft nach § 14c Abs. 2 UStG, wenn die Rechnung nicht von einem Klein­un­ter­neh­mer ausgestellt wurde. Daher liegt insbesondere bei einem un­be­rech­tig­ten Steuerausweis durch einen Unternehmer außer­halb seines un­ter­neh­me­rischen Bereichs, durch einen Nicht­unter­neh­mer oder in Fällen ohne eine Leistungserbringung immer eine Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG vor. Das BMF-Schreiben ist insoweit nicht an­zu­wen­den.

§ 14c Abs. 2 UStG weiterhin auch bei B2C

Die Nichtanwendung des § 14c UStG betrifft außerdem nur Rechnungen an Endverbraucher, also Privatpersonen. Rechnungen an einen Klein­unter­neh­mer, an pauschalierende Land- und Forstwirte o. ä. Unter­neh­mer ohne Vor­steuer­ab­zug, lösen weiterhin die Rechtsfolgen des § 14c UStG aus. Nur Rech­nun­gen an Nichtunternehmer bzw. an Un­ter­neh­mer für deren nich­tunter­neh­me­rischen Bereich sind von der Ge­fahr des § 14c UStG be­freit.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]Abschn. 14c.1 UStAE.
  2.  ]EuGH, Urteil v. 8.12.2022 C-378/21, BFH/NV 2023 S. 365; BerP 4/2023 S. 210.
  3.  ]BFH, Urteil v. 13.12.2018 V R 4/18, BFH/NV 2019 S. 369.